Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken zum Medienänderungsstaatsvertrag

In seiner 128. Plenarsitzung am 15. Februar 2023 diskutierte der Hessische Landtag zum Medienänderungsstaatsvertrag. Dazu die Rede unseres rechtspolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

 Ich kann nahtlos da anschließen, wo Frau Löber gerade aufgehört hat. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss bleiben, weil er wichtig ist, nicht zuletzt im Kampf gegen Fake News und Verschwörungsmythen. Damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk bleiben kann, muss er sich ändern – müssen wir ihn verändern. Seien wir doch einmal ehrlich: Wenn es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht gäbe, würden wir ihn erfinden.

(Volker Richter (AfD): Nein!)

– Bis auf Ausnahmen. Ich habe schon etwas zu Fake News und Verschwörungsmythen gesagt.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir ihn heute erfänden, würden wir ihn anders strukturieren, als er es heute ist. Das Problem ist jetzt, diese Veränderung im laufenden Betrieb zu organisieren und hinzubekommen.

2016 haben die Länder eine Arbeitsgruppe zum Auftrag und zur Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten eingesetzt. Die Sender sollten Reformen ausarbeiten. Nun liegt ein erster Schritt vor. Das haben sowohl der Staatssekretär als auch Frau Löber betont, und ich betone es noch einmal: Das ist nur ein erster Schritt, aber ein wichtiger.

Wir müssen uns das immer vor Augen halten: Wir beauftragen die Rundfunkanstalten, sich zu optimieren. „Optimieren“ heißt auf Neudeutsch „sparen“. Dann finden neun Rundfunkanstalten eine Idee gut, aber die zehnte, die es betrifft, findet das nicht so. In diesem Konzert einen Strukturoptimierungsauftrag zu entwickeln, den alle mittragen – es müssen ihn alle mittragen –, ist die Quadratur des Kreises.

Das, was uns jetzt vorliegt – das ist das zweite Problem –, ist in Verhandlungen, die nicht öffentlich stattgefunden haben, beraten und entschieden worden. Die Landtage – wir als Hessischer Landtag –, die jetzt die Öffentlichkeit zu diesem Prozess herstellen, haben andererseits keine Möglichkeit mehr, an dem vorliegenden Dritten Medienänderungsstaatsvertrag etwas zu ändern. Trotzdem ist diese öffentliche Debatte über das, was uns jetzt vorliegt, enorm wichtig, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht nur verstehen, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk so bedeutsam ist, sondern auch, auf welchen Weg er sich begeben hat, um aus diesen Skandalschlagzeilen herauszukommen.

(Beifall DIE LINKE)

Angedacht ist jetzt vor allen Dingen eine Flexibilisierung bei den linearen Angeboten, und das ist gut und richtig so; denn es gibt dort nicht nur mehr Nutzer, sondern bei einem modernen Medienangebot sind neben linearen auch – ich sage es jetzt einfach einmal so – Angebote im Internet vorzusehen.

Außerdem ist vorgesehen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf ein Gesamtangebot für alle zu verpflichten. Auch das finden wir im Grundsatz völlig richtig und gut, ebenso wie die Verpflichtung zu Objektivität und Unparteilichkeit in der Berichterstattung. Ich sehe nämlich – auch das betone ich – bei einem Gesamtangebot für alle durchaus ein Einfallstor für verschwörungstheoretische Minderheitspositionen.

Der zweite Problempunkt, den ich in der ersten Lesung zumindest kurz streifen will, ist: Die Unterhaltung gehört zwar weiterhin zum Programm, und die Stärkung der Kultur im Angebot der Öffentlich-Rechtlichen finden wir ausdrücklich gut; aber wir müssen aufpassen, dass der kohlsche Fehler bei der Zulassung des Privatfernsehens nicht noch eins draufgesetzt bekommt und wir das Unterhaltungsangebot im öffentlich-rechtlichen Rundfunk schwächen. Dazu darf es nicht kommen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir werden im Hauptausschuss weiter darüber beraten. Wir werden die Anhörungsunterlagen, die bereits angekündigt worden sind, sicherlich studieren, und wir werden prüfen, ob wir in diesem Haus eine weitere öffentliche Debatte, auch in Form einer Anhörung, führen müssen. Auf diese Beratungen bereiten wir uns vor. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)