Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken zum Medienänderungsstaatsvertrag

In seiner 103. Plenarsitzung am 11. Mai 2022 diskutierte der Hessische Landtag über den Medienänderungsstaatsvertrag. Dazu die Rede unseres medienpolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin schon überrascht, mit welcher Nonchalance die anderen Fraktionen mit der doch erheblichen Kritik der betroffenen Fachverbände an diesem Medienänderungsstaatsvertrag umgehen bzw. diese ignorieren. Kern der Kritik ist, dass das Versprechen in der Protokollerklärung 2020 bei der Neuschaffung des Medienstaatsvertrags, die europäische Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste durch Aktionspläne zur verstärkten Barrierefreiheit vollständig umzusetzen, gebrochen wird. Der nun vorgelegte Medienänderungsstaatsvertrag sieht nur vor, dass die Anbieter verpflichtet sind, alle drei Jahre über ihre Fortschritte zu berichten. Das Ziel einer deutlich besseren Barrierefreiheit wird im Medienänderungsstaatsvertrag geschmälert, da er die stetige und schrittweise Verbesserung nur „im Rahmen der technischen und … finanziellen Möglichkeiten“ des Medienanbieters verlangt. Meine Damen und Herren, Barrierefreiheit darf nie eine Frage des Geldes sein.

(Beifall DIE LINKE)

Die großen privaten Fernsehsender machen immer noch hohe Gewinne. Sie könnten beim Ausbau der Barrierefreiheit schon viel weiter sein. Wollen wir denn ernsthaft diesen Anbietern eine Mindestrendite garantieren? Wenn diese Sender der Meinung sind, aus finanziellen Gründen auf Nutzerinnen und Nutzer verzichten zu können, diese also bewusst von ihren Angeboten ausschließen, sollten wir ihnen dann nicht das Senderecht streitig machen? Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet dazu, einen barrierefreien Zugang zu Massenmedien umzusetzen – Punkt.

Ich will hier gar nicht erneut auf die Details eingehen, diese hat meine Kollegin Sönmez anlässlich der ersten Lesung detailliert zu Protokoll gegeben. Ich fasse nur zusammen: Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten konnten sich nicht auf einen ernsthaften Zugang zur Barrierefreiheit einigen. Dieser Staatsvertrag ist zu zaghaft. Dieser Staatsvertrag greift zu kurz. Nicht die Betroffenen stehen im Mittelpunkt, sondern die Unternehmen. Wir sind für die Barrierefreiheit aller medialen Angebote. Uns ist auch klar, dass das nicht von heute auf morgen geht. Deshalb brauchen wir aber verbindliche Ziele, doch diese sind im Staatsvertrag nicht festgeschrieben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)