Linksfraktion Hessen
Plenarbericht vom 23. bis 25. Juni 2020

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde der LINKEN, 
um Euch neben der Presseberichterstattung einen Überblick über die im Plenum behandelten Themen zu geben, erhaltet ihr hier die Plenarrückschau.

Im Zentrum der Debatten stand dieses Mal vor allem die Debatte um ein neues hessisches Corona-Hilfspaket und die Frage ob und wie zur Finanzierung dieses Pakets die Schuldenbremse ausgesetzt werden soll. Daneben spielten allerdings auch eine ganze Reihe weiterer Themen eine wichtige Rolle. Der Untersuchungsausschuss im Mord an Walter Lübcke wurde einstimmig eingesetzt und wir machten Femizide und die Black—Lives-Matter-Bewegung mit eigenen Anträgen zum Thema.

 

 

Inhaltsverzeichnis

 
  1. Die Debatte um den Nachtragshaushalt und die Einrichtung eines Sondervermögens zur Bekämpfung der Schuldenbremse
  2. Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Mord an Walter Lübcke
  3. Prävention und Bekämpfung von Femiziden
  4. Debatte zur Kita-Qualität
  5. Debatte um ein Landesaufnahmeprogramm
  6. Aktuelle Stunden
 

Die Debatte um den Nachtragshaushalt und die Einrichtung eines Sondervermögens zur Bekämpfung der Schuldenbremse

 

Die schwarzgrüne Landesregierung möchte ein Sondervermögen bilden, aus dem dann ein Hilfspaket zur Abfederung der Corona-Krisen-Folgen geschnürt werden soll. Da dieses Sondervermögen kreditfinanziert werden soll, muss dazu die Schuldenbremse in Hessen ausgesetzt werden. Dafür ist nach geltendem Recht eine 2/3-Mehrheit im Parlament notwendig. Deshalb hat die schwarzgrüne Landesregierung in den vergangenen Tagen mit SPD und FDP verhandelt, um ihr zur gewünschten 2/3-Mehrheit zu verhelfen. Diese Verhandlungen scheiterten, weshalb die schwarzgrüne Landesregierung nun das Gesetz ändern möchte. Zukünftig soll die Schuldenbremse nicht mehr mit einer 2/3-Mehrheit ausgesetzt werden können, eine einfache Mehrheit soll genügen.

Wir haben die 2/3l-Regelung zur Aussetzung der Schuldenbremse immer abgelehnt. Dass nun ausgerechnet die schwarzgrüne Schuldenbremsen-Koalition ihre eigene Regelung aussetzen will, ist Ausdruck mangelnder Glaubwürdigkeit.

Wir brauchen in der Krise einen handlungsfähigen Staat. Dafür müssen wir die Schuldenbremse grundsätzlich überwinden. Wir brauchen kein schwarzgrünes ‚Weiter so‘, sondern einen sozial-ökologischen Neustart aus der Krise. Dazu sind Investitionen in Kommunen, Krankenhäuser, Wohnraum sowie eine Energie- und Verkehrswende nötig. Die soziale Sicherheit der Menschen muss gewährleistet werden. Schwarzgrün wird dieser Aufgabe nicht gerecht.


Unsere Reden

Janine Wissler - Sie wollen zwölf Milliarden Euro ausgeben, die nicht im Haushalt stehen

Jan Schaukele - Schwarzgrüner Gesetzentwurf ist ein Eingeständnis in das Scheitern der Schuldenbremse

 
 

Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Mord an Walter Lübcke

 

Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Mord an Walter Lübcke wurde am Donnerstag einstimmig im Landtag beschlossen. Das ist das richtige Signal: Die drei Oppositionsparteien SPD, FDP und DIE LINKE konnten sich auf einen gemeinsamen Einsetzungsantrag verständigen und haben dabei auch inhaltliche Anregungen der Regierungsfraktionen berücksichtigt. CDU und Grüne stimmen diesmal der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu. Die CDU bricht erstmals mit ihrem Dogma, niemals einem Antrag der LINKEN zuzustimmen - es ist der richtige Anlass.

Wir hoffen sehr, dass der Ausschuss zügig seine Arbeit aufnimmt und dass die Akten schnell, vollständig und ungeschwärzt vorgelegt werden. Die Frage ob der Mord an Dr. Walter Lübcke womöglich hätte verhindert werden können, schwingt in der Aufarbeitung der behördlichen Vorgänge stets mit.

Es muss im weiteren Sinne aber auch der Kontext des Mordes an Dr. Walter Lübcke thematisiert und untersucht werden. Dies gilt für alte, noch offene Fragen aus dem NSU-Komplex, wie die mutmaßlichen Mörder ideologisch, räumlich und durch persönlich in Verbindung zu bringen sind.

 
 

Prävention und Bekämpfung von Femiziden

 

Der gefährlichste Mann für eine Frau ist der eigene Partner oder Ex-Partner. Dies ist seit Langem das Ergebnis von Forschung zu häuslicher Gewalt. Patriarchale Machtstrukturen sind die Grundlage für männliches Besitzdenken und die Herabwürdigung von Frauen. Am Ende dieses Denkens steht der Femizid, die Ermordung einer Frau, weil sie eine Frau ist. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau Opfer eines Femizids, Täter gibt es in allen gesellschaftlichen Gruppen.

Seit 2018 gilt in Deutschland die Istanbul-Konvention, die das Land zu entschiedenem Handeln gegen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen verpflichtet. Dennoch sind nennenswerte Maßnahmen nicht erkennbar. Statt Präventionsmaßnahmen und Schutzräume deutlich auszubauen, müssen Beratungsstellen und Frauenhäuser in Hessen um kleinste Aufstockungsbeträge kämpfen.

Der Kampf gegen häusliche Gewalt und Femizide muss ein Schwerpunkt des politischen Handelns werden. Solange Frauen Angst haben müssen, dass Männer ihnen Gewalt antun können, ist keine Gleichstellung der Geschlechter möglich.

 
 

Debatte zur Kita-Qualität

 

DIE LINKE begrüßt, dass die hessischen Kitas mit Bundes- und umgewidmeten kommunalen Mitteln mehr Geld erhalten werden. Es ist jedoch ein massiver Fehler der schwarzgrünen Koalition, dass ihr als Antwort auf den Fachkräftemangel bei Erzieherinnen und Erziehern vor allem eine Dequalifizierung und die Zulassung fachfremden Personals einfällt. DIE LINKE hat mit einem eigenen Gesetzentwurf für die Einführung einer fachgerechten Praxisanleitung einen anderen Weg aufgezeigt: Bessere Arbeitsbedingungen, ein fachkundiger Wissenstransfer im Alltag, Aufstiegschancen für die Beschäftigten in den Kitas – nur so können wir Fachkräfte gewinnen und vor allem in den Kitas halten.

Das Problem ist: Viele junge Menschen sind aufgrund der hohen Arbeitsbelastungen und der oft geringen gesellschaftlichen Anerkennung schnell ernüchtert und hängen ihren Wunschberuf Erzieherin/Erzieher wieder an den Nagel. Diesem Problem wird der Gesetzentwurf von Schwarzgrün überhaupt nicht gerecht. Wer komplett fachfremdes Personal mit gerade einmal 160 Stunden berufsbegleitender Qualifizierung den Menschen mit einer vollen dreijährigen Ausbildung gleichstellt, wird weitere Fachkräfte aus dem Beruf treiben. Am meisten leiden Kinder unter diesem falschen politischen Ansatz, deren Entwicklungschancen gehemmt werden. Leider schafft es Schwarzgrün - trotz zusätzlicher Millionen Euro - die Situation in den Kitas so weiter zuzuspitzen.

 
 

Debatte um ein Landesaufnahmeprogramm

 

Die Situation in den Flüchtlingslagern an europäische Außengrenzen hat sich durch die Pandemie extrem zugespitzt. Zehntausende Menschen hängen unter gesundheitsschädigenden Lebensbedingungen in den Lagern fest. Trotz zahlreicher zivilgesellschaftlicher Appelle verweigert die Landesregierung ihre Arbeit und setzt das versprochene Landesaufnahmeprogramm zur Aufnahme besonders vulnerabler Schutzsuchender nicht um.

Sich immer dahinter zu verstecken, dass Europa und der Bund blockieren, zeigt eines ganz deutlich: Statt eigene hessische Handlungsspielräume zu nutzen, sucht die schwarzgrüne Landesregierung lieber billige Ausreden für das eigene Nichtstun.

Zeitgleich zur Debatte fand vor dem Landtag eine Mahnwache des hessischen Flüchtlingsrats und von der ‚Seebrücke‘ statt, auf der eine menschenwürdige, dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge und ein Landesaufnahmeprogramm in Hessen gefordert wurden. Die LINKE teilt diese Forderungen - Abgeordnete der LINKEN-Landtagsfraktion nahmen an der Mahnwache teil

 
 
 

Aktuelle Stunden

 

DIE LINKE: Black Lives Matter!

 

Nach dem Mord an George Floyd gehen seit Wochen auf der ganzen Welt Menschen auf die Straße um gegen rassistische Polizeigewalt und rassistische Strukturen in der Gesellschaft zu protestieren. Wir haben heute mit einer Aktuellen Stunde im Landtag klargestellt: Black Lives Matter!

Um Rassismus wirksam zu bekämpfen, reicht es nicht, bekennende Neonazis oder Anhänger rechter Parteien zu bekämpfen. Man muss auch in der sogenannten ‚Mitte der Gesellschaft‘ genau hinschauen, rassistische Äußerungen zurückweisen und die Augen vor Rassismus in der Polizei nicht verschließen. Notwendig ist auch, Beschwerdestellen für Betroffene von Diskriminierung und Rassismus einzurichten und für wirksamen Diskriminierungsschutz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt zu sorgen.

 
 

Grüne: Diskriminierung bei der Blutspende beenden.

 

Die Bundesregierung hat in den letzten Monaten leider Politik gegen queere Menschen gemacht. Erst die weitere Diskriminierung von lesbischen Ehepaaren durch das Adoptionshilfegesetz, jetzt soll das Transfusionsgesetz geändert werden, ohne die Diskriminierung beim Blut-Spenden zu beenden. Schwule und bisexuelle Männer sowie Trans* sind praktisch weiterhin vom Spenden ausgeschlossen, schließlich dürfen sie vorher zwölf Monate lang keinen Geschlechtsverkehr gehabt haben. Diese Diskriminierung muss schnellstmöglich beendet werden.

Die schwarzgrüne Landesregierung darf nicht nur mit dem Finger nach Berlin zeigen, sondern muss sich im Bundesrat für die Beendigung dieser und anderer Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* einsetzen. Erst recht in einer akuten Pandemie-Situation, in der es an Blut-Spenden mangelt, muss der Ausschluss tausender potenzieller Spender, der keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhält, schnellstmöglich beendet werden.

 
 

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