Christiane Böhm zum Hessischen Krebsregistergesetz

Christiane Böhm zum Hessischen Krebsregistergesetz

Christiane Böhm
Christiane BöhmGesundheit

In seiner 27. Plenarsitzung am 11.12.2019 diskutierte der Hessische Landtag über eine Reform des hessischen Krebsregistergesetz. Dazu die Rede unserer gesundheitspolitischen Sprecherin Christiane Böhm:

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

24.000 Neuerkrankungen und 15.000 Todesfälle aufgrund von Krebs gab es in Hessen zumindest im Jahr 2013, entsprechend dem letzten vorliegenden Krebsbericht aus dem Jahr 2017. Es dauert immer eine lange Zeit, bis die Berichte vorliegen.

Es gibt sehr viele Gründe, diesem Thema eine besondere Sorgfalt zukommen zu lassen. Das Krebsregister hat die Aufgabe, Erkenntnisse für eine gute und effektive Behandlung zur Verfügung zu stellen. Aber auch mit dem Krebsregistergesetz war bei uns trotz aller Skepsis die Hoffnung verbunden, dass wir mit der Zeit mehr über die Häufung von Krebserkrankungen erfahren können. Unser Interesse ist es, zu wissen, in welchen Regionen und in welchen Lebensverhältnissen welche Krebserkrankungen in höherem oder geringerem Maße entstehen. Auch über die Erkenntnisse für eine bessere Behandlung hinaus ist das epidemiologische Register hilfreich.

Aber wir bleiben weiter skeptisch, dass das Krebsregister irgendwann Hilfestellung bei der Erkennung von Risiken, die zu Krebserkrankungen führen, gibt. Beispielsweise spielt bei der Erfassung der Daten der Arbeitskontext keine Rolle. Das sehen wir als Mangel an. Es gibt nicht wenige Arbeitsstoffe, die im Verdacht stehen, Krebserkrankungen hervorzurufen, beispielsweise Asbest und Produkte der Pharmaindustrie, bei denen Zusammenhänge mit Lungenbzw. Harnblasenkrebs erkannt wurden. Die Daten könnten eigentlich gut mit einer zentralen Datenbank verbunden werden, in die die Arbeitgeber Meldungen wegen des Umgangs mit Gefahrstoffen eingeben. Aber leider sehen wir da noch kein großes Erkenntnisinteresse.

Bei der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2014 haben wir die Dinge angemahnt – genau die drei Dinge, die Herr Dr. Bartelt gesagt hat –, die jetzt mit dieser minimalen Anpassung geändert werden. Allerdings war damals unsere Kritik umfassender. Auch jetzt hat die Anhörung gezeigt, dass der vorliegende Entwurf nicht den notwendigen Erfordernissen entspricht.

Ich will nur auf die wichtigsten Argumente der Anzuhörenden eingehen, die von der Landesregierung nicht berücksichtigt wurden. Ein Problem ist das der Vollständigkeit: Ein Krebsregister ist nur dann wirksam, wenn mindestens 90 % der Krebserkrankungen erfasst werden. Da macht es uns besonders hellhörig, von den Krankenkassen zu erfahren, dass sie schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen haben, dass der Aufbau des Krebsregisters in Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr schleppend vorangeht.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Hört, hört!)

– Genau. – In der Anhörung wurde deutlich, dass die Förderkriterien für Hessen bisher nicht erfüllt sind und dass es hier Nachbesserungsbedarf gibt. Dies hat unter anderem mit fehlendem Personal beim Krebsregister zu tun. Es hat aber auch – hört, hört – mit der schleppenden Digitalisierung zu tun. Das wäre doch noch ein Thema: Digitalisierung im Krebsregister.

(Zurufe SPD und DIE LINKE)

Ein weiteres Problem sind die fehlenden Meldungen von den Ärzten und den Krankenkassen. Hier werden Sanktionsandrohungen von einigen als ein probates Mittel genannt. Das wird auch in anderen Bundesländern so praktiziert. Gerade die Menschen, die in der Anhörung dabei waren, die selbst an Krebs erkrankt sind, fordern dies deutlich, um mit einer vollständigen Erfassung mehr und klarere Ergebnisse zu erreichen.

Deutlich haben uns die Krankenhausträger gemacht, dass nur ein Teil ihrer Kosten für die Meldung erstattet wird. Es ist typisch, dass Krankenhausträger ständig diese Anmerkung machen, dass ihre Kosten nicht erstattet werden. In dem Fall deckt die Vergütung nur etwa ein Drittel der Kosten ab, die sie tatsächlich haben. Das ist zwar auf Bundesebene festgelegt, allerdings richtet sich die Landesregierung bei den Meldungen an das Kinderkrebsregister an den niedrigen Beträgen aus. Hier hätte man ein Zeichen setzen und sich zusätzlich auf der Bundesebene für eine bessere Finanzierung einsetzen sollen. Das ist leider nicht passiert, und somit wird die Wirksamkeit des Registers riskiert.

Es gab weitere Kritikpunkte an dem Gesetz. Moniert wurde die Fach- und Rechtsaufsicht in einer Hand. Moniert wurden die fehlenden Aufklärungen der Erkrankten darüber, was mit ihren Daten passiert und warum die Datenerfassung erfolgt. Hier gibt es Nachbesserungsbedarf. Auch sollte im Gesetz eine Bedenkzeit beim Widerspruch eingeräumt werden.

Diese Bedenken und Vorschläge wurden von den Regierungsfraktionen nicht ernst genommen und auch nicht übernommen. Deshalb werden wir uns – wie bei der Verabschiedung des Gesetzes – auch bei der aktuellen Änderung nur enthalten können.

(Beifall DIE LINKE)