"Deshalb fordert „Fridays for Future“ kein Verständnis, keinen Zuspruch und keinen Respekt. Es fordert sofortiges Handeln auf allen Ebenen!"

Torsten Felstehausen
Torsten FelstehausenUmwelt- und Klimaschutz

Hessen bleibt engagiert im Klimaschutz (Dringlicher Antrag Fraktion der CDU, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ds. 20/454)

 

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste!

Der Klimaschutz ist eine ökologische und soziale Herausforderung. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit scheint in der Politik etwas in Bewegung geraten zu sein. Junge Menschen stehen auf, um für ihre Zukunft zu
protestieren. Sie tun es laut, sie tun es energiegeladen, und sie tun es mit großer Ernsthaftigkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt gibt es ausgerechnet von denen Zuspruch, gegen die diese jungen Menschen aus vielen guten Gründen protestieren. Die junge Generation will keine warmen Worte von Vertreterinnen und Vertretern einer Politik und von einer Generation, die so egoistisch wie keine andere mit unseren Ressourcen umgegangen ist. Liebe „Fridays for Future“-Bewegung, dieser Zuspruch ist nicht ernst gemeint. Die Komplimente sind vergiftet. Das Verständnis ist geheuchelt. Noch ist niemand aufgestanden, um etwas grundlegend zu verändern. Die Bereitschaft, etwas zu verändern, würde einfordern, endlich anzuerkennen, dass ihr recht habt. Es ist Zeit für sofortiges Handeln.

(Beifall DIE LINKE)

Alle namhaften Wissenschaftler kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass wir jetzt noch ca. 380 Gt CO2-Äquivalente von den sogenannten Kipppunkten entfernt sind. Das sind die Punkte, an denen wir Prozesse angestoßen haben werden, die dann nicht mehr umkehrbar sind. Es gibt zahlreiche dieser Kipppunkte. Alle sind wissenschaftlich belegt und erforscht. Alle stehen in Verbindung mit dieser Grenze an CO2-Äquivalenten, die wir noch in die Atmosphäre entlassen können. Deshalb fordert „Fridays for Future“ kein Verständnis, keinen Zuspruch und keinen Respekt. Es fordert sofortiges Handeln auf allen Ebenen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn die globale Freisetzung von 40 Gt CO2 pro Jahr so weitergeht, bleiben uns noch ziemlich genau zehn Jahre,
bis wir den CO2-Ausstoß auf null gesenkt haben müssen. Je früher wir anfangen und je konsequenter wir handeln,
desto mehr Zeit bleibt uns. Sie bleibt uns und natürlich auch den nachfolgenden Generationen. Gleichzeitig gilt: Je
später wir anfangen, den CO2-Ausstoß zu beenden, desto teurer wird es, und umso einschneidender werden die Maßnahmen sein müssen. Der Integrierte Klimaschutzplan Hessen 2025 verliert sich im Klein-Klein, ohne die Ursachen wirklich zu bekämpfen. Von daher wird er den weltweiten Anforderungen für den Klimaschutz nicht gerecht. Das ist keine neue Erkenntnis. Bereits bei der Vorstellung im Jahr 2017 war klar, dass mit diesem Plan auf der Grundlage einer sehr fragwürdigen Treibhausgasbilanz – es gibt sehr viele unverbindliche Maßnahmen ohne eine konkrete Relation zu den Zielen – weder das 2-Grad-Ziel und erst recht nicht das 1,5-Grad- Ziel des Pariser Abkommens aus dem Jahr 2015 einzuhalten sein wird. Aber der Hessischen Landesregierung ging es nie um einen Plan, mit dessen Umsetzung ein wirkungsvoller Beitrag zu den Klimaschutzzielen hätte geleistet werden können. Das konnten die GRÜNEN in der Koalition nicht durchsetzen. Die erforderlichen Maßnahmen, die jetzt anstehen würden und die die „Fridays for Future“-Bewegung fordert, waren den Mitgliedern beider Fraktionen zu unpopulär. Es ging ihnen darum, in der Öffentlichkeit irgendeinen Plan vorweisen zu können. Er sollte so unverbindlich und so werbewirksam wie eben möglich sein. Es geht beim Klimaschutz nicht um Popularität. Es geht
darum, Beiträge zur Verhinderung ökologischer Katastrophen wie Überschwemmungen, Trockenheit, Ernteausfälle oder der millionenfachen Flucht als Folge des Klimawandels zu leisten. Bei der Maßeinheit für den Erfolg eines solchen Plans geht es nicht um die Frage, wie viele Maßnahmen in ihm stehen. Bei Ihnen sind es 140 Maßnahmen. Vielmehr ist die Kennzahl die Anzahl der eingesparten Tonnen an CO2.

(Beifall DIE LINKE)

Genau das ist die Krux: Die Hessische Landesregierung kann oder will eben nicht sagen, wie die aktuelle CO2-Bilanz für das Land Hessen aussieht. Wir haben dazu überhaupt keine Auskünfte bekommen. In ihrem eigenen Klimaschutzplan führt die Landesregierung als prioritäre Maßnahme für 2019 an, den Kohleausstieg so schnell wie möglich voranzubringen. Ich frage Sie, ob Sie unter diesem schnellen Kohleausstieg auch 2035 oder 2038 verstehen, wie es die sogenannte Kohlekommission vorgesehen hat. Das ist nämlich deutlich zu spät, und die Klimaschutzwirkung dieses Ausstiegsplans der Kohlekommission geht bis 2022, also in den nächsten drei Jahren, gegen null.

Vizepräsidentin Karin Müller: Herr Kollege Felstehausen, Sie müssten zum Schluss kommen.

Torsten Felstehausen (DIE LINKE):
Okay, dann komme ich zum Schluss. – „Fridays for Future“, Umweltverbände und Klimaaktivisten wollen sich
eben nicht länger mit unverbindlichen Plänen, unkonkreten Versprechungen oder großzügiger Lobbypolitik für Flug-, Automobil- und Energiekonzerne hinhalten lassen, sie wollen, dass endlich gehandelt wird. Daher werden wir uns heute entscheiden müssen, was wir retten wollen: entweder das Klima oder den Kapitalismus. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe CDU und AfD)