Heidemarie Scheuch-Paschkewitz - 30 Euro Weidetierprämie für Weidetierhalterinnen und -hal

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz
Heidemarie Scheuch-PaschkewitzBiodiversitätLandwirtschaft und Tierschutz

In seiner 34. Plenarsitzung am 19. Februar 2020 diskutierte der Hessische Landtag über die Einführung einer Prämie für Weidetiere. Dazu die Rede unserer landwirtschaftspolitischen Sprecherin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste!

Der Protest der Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter hat gewirkt.

(Beifall DIE LINKE)

Auch wir als LINKE streiten seit Jahren für mehr Unterstützung für die Schaf- und Ziegenhalterinnen und -halter. Sie gehören zu den Verlierern einer verfehlten EU-Agrarpolitik, die auf Massenproduktion und -export ausgerichtet ist. Die finanzielle Notlage ist eine echte Bedrohung. Wir brauchen endlich eine existenzsichernde Bezahlung für die wichtige Gemeinwohlarbeit der Weidetierhalterinnen und

‑halter.

(Beifall DIE LINKE)

Die Folge davon sind prekäre Arbeits- und Einkommensbedingungen – und das ausgerechnet für den Teil der Nutztierhaltung, der die meisten Gemeinwohlleistungen erbringt, und das nahezu unbezahlt. Die Tierhalterinnen und -halter pflegen die Kulturlandschaft und tragen damit maßgeblich zu einer spezifischen Biodiversität bei. Dafür werden sie aber durch den Markt nicht entlohnt: Viele Schäferinnen und Schäfer erwirtschaften trotz Agrarförderung nicht einmal den Mindestlohn. Das ist inakzeptabel und führt entweder zur Selbstausbeutung oder zur Aufgabe. Beides dürfen wir als Gesellschaft aber nicht hinnehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Gemeinsam mit der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat DIE LINKE Ende letzten Jahres auf Bundesebene zum wiederholten Male eine Weidetierprämie gefordert. Die gibt es in 22 EU-Mitgliedstaaten. Auch die Mehrheit der Länder im Bundesrat setzt sich für eine Weidetierprämie ein. Aber wie auch schon in der letzten Legislaturperiode steht auch nun die CDU im Bund, diesmal in Person von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, auf der Bremse. Mit Verweis auf andere Förderprogramme wurde die Weidetierprämie auch diesmal mehrheitlich abgelehnt. Dabei ist längst klar, dass die Programme oft nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind und für die Betroffenen auch nur eine Aufwandsentschädigung bieten. Sie sind wenig einkommenswirksam und lösen damit das Problem unbezahlter Arbeit nicht. Wenn die CDU in Hessen das Loblied auf eine bäuerliche Landwirtschaft mit extensiver Weidetierhaltung mitsingen will, muss sie auf Bundesebene auch für den entsprechenden Rahmen sorgen.

(Beifall DIE LINKE)

Verpflichten Sie endlich Ihre Landwirtschaftsministerin Klöckner auf einen gemeinwohlorientierten Kurs. Wochenmarkt statt Weltmarkt, und öffentliche Gelder nur für soziale und ökologische Leistungen müssen die Grundsätze sein.

Es ist gut, dass Hessen die Weidetierprämie jetzt selbst in die Hand nehmen will. Aber ich frage mich, wie hoch die Prämie sein soll. Dazu steht in Ihrem Antrag nichts; denn selbstverständlich müssen die Weidetierhalter praktisch und finanziell so gut ausgestattet werden, dass sie den Herausforderungen begegnen können. Es muss also Geld in die Hand genommen werden. Sie haben hier einen Betrag von 1 Million € in den Raum gestellt. Wie Sie diese 1 Million € verteilen wollen, dazu lese ich in dem Antrag leider nichts. Wir fordern eine Weidetierprämie von 30 € pro Tier und Jahr, und das nicht nur für Muttertiere. Das ist das Mindeste.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn ich von den Zahlen von 2018 ausgehe, als wir bereits nach der prekären Situation der Weidetierhalterinnen und -halter gefragt hatten, da gab es gut 165.000 Schafe und rund 22.000 Ziegen in Hessen. Multipliziert man diese Zahlen mit 30 €, kommt man auf notwendige 5,6 Millionen €. Wie weit wollen Sie da mit 1 Million € kommen?

Zusätzlich brauchen wir einen Rechtsanspruch auf vollumfängliche Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen, der Anschaffungs-, Installations- und Instandhaltungskosten von Herdenschutzzäunen inklusive der Arbeitskosten

(Beifall DIE LINKE)

und außerdem für die Anschaffungs-, Ausbildungs- sowie Unterhaltskosten für Herdenschutztiere. Wir wollen, dass bei Übergriffen auf Nutztiere in Wolfssiedlungsgebieten für die Auszahlungen der Entschädigungszahlung eine Beweislastumkehr greift. Ergebnis des heutigen Beschlusses muss sein, dass die Weidetierhalterinnen und -halter endlich ohne existenzielle Not ihre wichtige Arbeit tun können.

Weil der Antrag der Regierungsfraktionen im Prinzip in die richtige Richtung geht, lehnen wir ihn deshalb nicht ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Martina Feldmayer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)