Jan Schalauske zum Haushalt 2020 im Bereich der Finanzen

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 31. Plenarsitzung am 29. Januar 2020 diskutierte der Hessische Landtag ausführlich den Landeshaushalt für das Jahr 2020. Hier die Rede unseres haushaltspolitischen Sprechers Jan Schalauske für den Teilbereich der Finanzpolitik.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Auch die Einzelpläne 06, 17 und 18 bestätigen das, was ich gestern hier bereits gesagt habe: Das Zahlenwerk, welches SchwarzGrün uns hier vorgelegt hat, ist vor allem eines, nämlich schwarz.

(Robert Lambrou (AfD): Nein, das ist grün!)

Sie verteidigen die schwarze Null. Sie freuen sich über symbolische Schuldentilgung. Das Stichwort „400 Jahre“ ist von der FDP schon genannt worden. Auch wenn die Ausführungen der Kollegin Dahlke als eine erste vorsichtige Absetzbewegung von diesen unsinnigen Mantras interpretiert werden können, finden sich die bisher eher in den Worten und weniger im Papier. Während Sie hier trotz allem fröhlich die schwarze Null verteidigen, gehört bekanntlich die Bundestagsfraktion der GRÜNEN zu den größten Kritikern dieser Politik.

(Torsten Warnecke (SPD): Was?)

Wir bleiben dabei: Es wäre wirklich schön, wenn die hessischen GRÜNEN an dieser Stelle mehr auf die Freunde in Berlin hören würden. Dann wären wir hier in der Haushalts- und Finanzpolitik schon einmal weiter.

(Beifall DIE LINKE)

Das Land hat – ich glaube, darauf haben nahezu alle Rednerinnen und Redner in der Debatte hingewiesen – eine weiterhin enorm günstige Einnahmeentwicklung, ja, auch Rekordsteuereinnahmen. Trotz dieser guten finanziellen Lage schafft es Schwarz-Grün, mit dem Landeshaushalt unter den Möglichkeiten des Landes Hessen zu bleiben. Sie lösen nicht die Investitionsbremse, Sie stellen nicht die nötigen Mittel für die Energie- und Verkehrswende bereit, und Sie schaffen auch nicht den so dringend notwendigen bezahlbaren Wohnraum. Im Gegenteil, und auch darauf sind Sie schon hingewiesen worden: Sie fahren die Infrastruktur im Lande Hessen weiter auf Verschleiß.

Schauen wir uns das einmal an. Das fängt schon bei den Einnahmen an. Sie planen tatsächlich mit weniger Steuereinnahmen, als Ihnen die Steuerschätzung zugestehen würde. Das kann man natürlich so machen. Aber die finanziellen Potenziale, die im Lande Hessen vorhanden sind, werden mit einer solchen Politik nicht genutzt.

Wenn wir uns die Steuerverwaltung anschauen, dann müssen wir sagen, die Kolleginnen und Kollegen – das sind diejenigen, die dazu beitragen, dass das Land Hessen überhaupt Steuern einnehmen kann – leisten eine hervorragende Arbeit; da sind wir sicherlich alle einer Meinung. Es ist schön und richtig, wenn Sie mit diesem Haushalt den Kolleginnen und Kollegen in der Steuerverwaltung wohnortnahes Arbeiten ermöglichen. Es ist auch bemerkenswert, dass Sie endlich so viele Steuerbeamtinnen und -beamte ausbilden, wie es überhaupt mit den jetzigen Kapazitäten möglich ist. Es stellt sich aber dann die Frage, wann Sie diese so dringend benötigten Ausbildungskapazitäten endlich dauerhaft ausbauen. Ich habe nämlich nicht den Eindruck, dass wir zukünftig bald mit weniger Personal in der Steuerverwaltung auskommen müssen. Dieser Aufwuchs muss also wirklich verstetigt werden.

(Beifall DIE LINKE und Torsten Warnecke (SPD))

Ein anderes Thema, das wir schon diskutiert haben, ist die Frage der Investitionen. Ich bin, offen gesagt, ziemlich gespannt, wenn wir den Haushaltsabschluss für 2019 haben, wie es dann um die Investitionen bestellt ist. Natürlich habe auch ich keine Glaskugel. Ich gehe aber einmal davon aus, dass auch in den vergangenen Jahren die geplanten Investitionen bei Weitem nicht erreicht wurden.

(Zuruf René Rock (Freie Demokraten))

Genauso ist es in den letzten Jahren immer so gewesen, dass die Investitionsquote seit Jahren sinkt. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist – sicherlich spielt auch die Baukonjunktur eine Rolle, keine Frage –, dass die öffentlichen Verwaltungen über Jahre Personal in diesen Bereichen abgebaut haben. Jetzt haben wir den Salat. Finanzielle Mittel wären durchaus vorhanden, aber es fehlt an qualifiziertem Personal, um die dringenden Investitionen zu tätigen. Das ist letztendlich auch das Ergebnis einer verfehlten Sparpolitik, die vor allem die CDU zu verantworten hat.

(Beifall DIE LINKE)

Es mag für den hessischen Finanzminister schön sein, wenn es jedes Jahr einen weiteren Fototermin gibt, bei dem er aufgrund nicht getätigter Investitionen zusätzliche Schuldentilgung und eine wachsende Rücklage verkünden kann.

(Robert Lambrou (AfD): Der spart doch gar nicht!)

Die andere Seite aber ist: Den Investitionsstau bekommt man auf diesen Fotos nicht zu sehen. – Herr Finanzminister, wie wäre es denn einmal mit Fotos von Ihnen vor kaputten Brücken oder baufälligen Schulen? Das wäre doch einmal angebracht; das ist nämlich die andere Seite Ihrer Politik.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Thema Schulbauten haben wir gestern schon diskutiert. Da verweigern Sie sogar die Erhebung eines Sanierungsstaus und verweisen leichtfertig auf die Kommunen. Was Sie aber in der Debatte nicht dazusagen, ist, wie sehr CDU-geführte Landesregierungen jahrelang die Kommunen in Hessen mit Schutzschirmen und Erlassen drangsaliert und letztlich zum Kürzen und zu Steuererhöhungen gezwungen haben.

Wenn Sie einmal Mittel verteilt haben, dann waren das im Wesentlichen Bundesmittel oder die Mittel, die eigentlich den Kommunen zustanden. Ich nenne nur noch einmal das Stichwort „Starke Heimat“. Die schwarz-grüne Landesregierung nimmt das Geld, das unzweifelhaft den Kommunen zusteht, steckt es in den Landeshaushalt, in dem es jedes Jahr wieder neu verteilt werden soll, weil wir, der Landtag, dann darüber entscheiden. Das ist das, was „Starke Heimat“ im Kern ausmacht.

Sie haben sich in diesem Haushalt entschieden, den Kommunen das Geld zurückzugeben nach Ihren Vorstellungen – man könnte auch sagen: nach Gutsherrenart. Es ist aber absehbar, dass mit der sogenannten Heimat-Umlage letztlich nur wieder das gemacht wird, was die hessische CDU schon immer macht: Finanzausstattung der Kommunen nach Kassenlage.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie den Kommunen das Geld dauerhaft zur Verfügung stellen wollen, dann stecken Sie es bitte nicht in den Landeshaushalt und nehmen vor allen Dingen eigene Mittel und nicht die der Kommunen.

Ein weiteres Problem, das damit zusammenhängt, ist Ihr angeblich so gerechter Kommunaler Finanzausgleich. Er scheint immer wieder neue Ungerechtigkeiten zu schaffen; sonst brauchte es nicht diese Sonderprogramme, die Sie immer wieder anstoßen. Eigentlich müssten Sie eine ordentliche Vorlage für eine Neuregelung des KFA vorlegen, um die von Ihnen geschaffenen Probleme zu lösen.

Worüber wir mit dieser Landesregierung weiterhin energisch streiten wollen, ist, dass Sie die schwarze Null immer wieder in den Vordergrund stellen. Ich bin dem Kollegen Boddenberg, der jetzt leider nicht da ist, sehr dankbar, dass er gestern noch einmal deutlich gemacht hat, dass CDU und LINKE grundsätzlich andere Auffassungen vertreten. Ich denke, dass es auch notwendig ist, in der Haushaltsdebatte diese zu diskutieren und auszutragen.

Aus unserer Sicht steht das Land Hessen vor enormen Aufgaben. Es fehlt an Wohnungen. Die Schulen sind baulich in teilweise desolatem Zustand. Bei der Kinderbetreuung fehlt es an Personal. Brücken verfallen, die Verkehrswende hat nicht die Dimension, die sie haben müsste. Uns fehlen klimafreundliche Verkehrsmittel in Stadt und Land. Gleichzeitig sind wir in einer historischen Niedrigzinsphase. Die Zinsen sind so niedrig wie nie. Dann sagen Sie, das sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um Schulden zu tilgen?

(Zuruf: Ja!)

Ich habe mir einmal angeschaut, was der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, dazu gesagt hat und wie er diese Frage beantwortet. Ich erlaube es mir, zu zitieren. Marcel Fratzscher sagt – ich hoffe, die CDU hört zu –:

Der populistische Slogan, man müsse dringend die Staatsschulden abbauen, auch um die Generationengerechtigkeit zu wahren, klingt auf den ersten Blick überzeugend. Er ist jedoch irreführend und falsch.

Vizepräsidentin Heike Hofmann: Herr Schalauske, ich darf Sie darauf hinweisen: Die von Ihrer Fraktion eingeplante Redezeit ist abgelaufen.

Jan Schalauske (DIE LINKE): Ich komme jetzt langsam zum Schluss. Wir hatten uns einen ganz guten Puffer gelassen. – Für uns jedenfalls steht fest: Marcel Fratzscher hat recht. Die schwarze Null schadet kommenden Generationen, weil sie ihnen eine marode Infrastruktur hinterlässt.

Was wir stattdessen wirklich brauchen, ist ein gerechtes Steuersystem, in dem auch Milliarden-Erbschaften anständig besteuert werden, sowie eine moderate Vermögensteuer, die dann den Ländern zugutekäme. Wie wir uns das im Einzelnen vorstellen – weil einige schon sehnsüchtig auf unsere Änderungsanträge zum Haushalt warten –, werden wir Ihnen in der dritten Lesung zeigen.

Abschließend will ich Ihnen noch sagen: Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Privatisierung von öffentlichem Eigentum ein Irrweg zulasten der Steuerzahler ist und ein Irrweg, der letztlich zugunsten von Investoren läuft, dann ist das die bittere Bilanz der Leo-Geschäfte. Für uns bleibt klar: Privatisierung, egal in welcher Form, ob Privatisierung für den Klimaschutz, Privatisierung in Form von ÖPP oder auch in Form der desaströsen Leo-Geschäfte, lehnen wir ab. Das ist Ausverkauf öffentlichen Eigentums. Das wird auch weiterhin auf unsere scharfe Kritik stoßen.

(Beifall DIE LINKE)