Janine Wissler zur Hochschulzulassung für Medizinstudierende

Janine Wissler zur Hochschulzulassung für Medizinstudierende

Janine Wissler
Janine WisslerWissenschaft

In seiner 24. Plenarsitzung am 30. Oktober 2019 diskutierte der Hessische Landtag über eine Vereinfachung der Hochschulzulassung für angehende Medizinstudierende. Dazu die Rede unserer Fraktionsvorsitzende und wissenschaftspolitische Sprecherin Janine Wissler.

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Es ist bereits gesagt worden: Es gibt Regelungsbedarf in diesem Bereich, weil die Studienplatzvergabe teilweise verfassungswidrig ist. Der Staatsvertrag regelt die Vergabe von bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen. Es ist bereits richtig gesagt worden: Es ist natürlich ein Eingriff in das Recht auf freie Berufswahl. Man muss auch sagen, dass es ein Eingriff unter dem Vorzeichen eines Mangels an Studienplätzen ist, da es mehr Menschen gibt, die an dem Studium interessiert sind, als es ausfinanzierte Studienplätze gibt. Es ist richtig darauf hingewiesen worden, dass wir eine Anhörung hatten, in der eine ganze Reihe von kritischen Punkten genannt worden ist. Ich will das in aller Kürze ansprechen; das meiste ist schon gesagt worden. Ich will darauf hinweisen, dass die Hochschulen gesagt haben, dass ein zusätzliches Auswahlverfahren unabhängig von der Abiturnote mit einem höheren Aufwand verbunden ist,

(Unruhe – Glockenzeichen)

der den Hochschulen in dieser Form nicht finanziert wird. Wir haben ohnehin schon die Situation, dass wir ein sich verschlechterndes Betreuungsverhältnis haben, dass wir auch im administrativen Bereich Personalengpässe haben. Es ist natürlich eine Schwierigkeit, dass für die Hochschulen Auswahlgespräche ein enormer Aufwand sind. Ich will auch darauf hinweisen, dass es große Bedenken gibt, ob die Auswahlgespräche ein Mittel sind, die soziale Selektivität dieses Bildungssystems zu verringern, oder ob die Auswahlgespräche im Gegenteil hochgradig sozial selektiv wirken. Ich will auch darauf hinweisen – in der Anhörung waren auch die ASten –, dass Bewerbungen an mehreren Hochschulen und das persönliche Vorsprechen bei den Auswahlgesprächen einen ganz enormen Aufwand für Studieninteressierte bedeuten, sprich: Schülerinnen und Schüler, die vielleicht durch die halbe Republik fahren müssen, was mit Zeit, mit Aufwand und mit Geld verbunden ist. Ich will darauf hinweisen: Das war ein Kritikpunkt in der Anhörung. Viel diskutiert wurde auch die Landarztquote. Auch hier gab es große Kritik. Ich kann meinen Vorrednern im Wesentlichen zustimmen. Es war der strittige Punkt. Wir halten die Landarztquote auch nicht für den richtigen Weg. Wir glauben nicht, dass man junge Menschen einfach verpflichten kann – mit Strafzahlungsdrohungen –, dass sie Landärzte werden. Wir glauben, dass man im ländlichen Raum viel mehr tun muss, um attraktive Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Wir bräuchten Medizinische Versorgungszentren und all das. Ich glaube, eine Landarztquote wird am Ende beim Symptom stehen bleiben, aber nicht die tieferen Ursachen, die wir für den Arztmangel im ländlichen Raum haben, bekämpfen.

(Beifall DIE LINKE)

Als Letztes möchte ich dem Versuch der AfD widersprechen, Frau Prof. Krause, die Präsidentin der Uni Marburg, für ihre kruden Ausführungen in irgendeiner Form zu vereinnahmen.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Geiselhaft! – Unruhe – Glockenzeichen)

Frau Prof. Krause hat deutlich gemacht, wie wichtig eine international vernetzte Wissenschaft ist. Deswegen will ich an der Stelle noch einmal deutlich sagen: Eine erfolgreiche Wissenschaft muss nationale und geistige Begrenzungen überwinden und nicht die Grenzen hochziehen, wie das von hier gefordert wird.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

In diesem Sinne: Ja, es gibt Regelungsbedarf. Ja, es gibt ein paar Verbesserungen, es gibt aber auch viele Kritikpunkte. Ich habe sie zum Teil aufgezählt. Deswegen werden wir uns bei dem Staatsvertrag zur Hochschulzulassung der Stimme enthalten, weil wir ihn nicht ablehnen wollen, aber zu viele Kritikpunkte bestehen, um ihm zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)