Jan Schalauske - Schwarzgrün blockiert ein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung

"Schwarzgrün blockiert ein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung"

Jan Schalauske
Jan SchalauskeWohnen

In seiner 25. Plenarwoche am 31. Oktober 2019 diskutierte der Hessische Landtag bereits zum dritten Mal über unser Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum. Dazu die Rede unseres wohnungspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Die Anhörung zu den Gesetzentwürfen der LINKEN und der SPD hat gezeigt: Leerstand und Zweckentfremdung sind im Ballungsraum Rhein-Main ein gravierendes Problem. So sahen es die Mieterinitiativen, die Frankfurter Ortsbeiräte sowie die Wohnungsämter in Frankfurt und in Wiesbaden. Andere Auffassungen vertraten vor allem die Vertreter der Immobilienwirtschaft. Letzteres kann ich mir gut erklären.

Obwohl die hessischen GRÜNEN die Forderung nach einem Zweckentfremdungsverbot in ihrem Landtagswahlprogramm stehen haben, die Frankfurter Basis der GRÜNEN ein solches Gesetz fordert, stellen sich der grüne Minister und seine Landtagsfraktion an die Seite der Immobilienlobby und lehnen dieses Gesetz ab. Diese Haltung der GRÜNEN ist nicht nur bedauerlich, sondern sie schadet den hessischen Mieterinnen und Mietern. Ändern Sie Ihre Haltung, hören Sie auf Ihre Basis, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf und dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zu.

(Beifall DIE LINKE)

In der Anhörung wurde die Argumentation der Regierung, die immer wiederholt, Leerstand sei zahlenmäßig nicht relevant, eindeutig widerlegt. Eine sachgemäße Definition des Begriffs „Leerstand“, die Sockelleerstand, strukturellen Leerstand und Schrottimmobilien beinhaltet, würde die Diskussion im Parlament endlich auf eine angemessenere Grundlage stellen.

In der Anhörung wurde auch auf die Notwendigkeit der Bestandssicherung hingewiesen, weil Neubau eben Zeit braucht. Da es viele Diskussionen und Probleme gibt, müssen wir auch die Mieterinnen und Mieter in Bestandswohnungen schützen. Anders als in Bayern, Berlin und Hamburg fehlt den hessischen Kommunen seit der Aufhebung des entsprechenden Gesetzes vor über zehn Jahren ein geeignetes Instrument, um gegen mitunter auch spekulativen Leerstand vorzugehen. Das muss sich ändern.

(Beifall DIE LINKE)

Unser Gesetzentwurf ermöglicht es, Sanktionen anzudrohen und Bußgelder zu verhängen, wenn Eigentümer nicht ihrer Pflicht nachkommen; denn Eigentum verpflichtet. Frei werdenden Wohnraum nicht möglichst schnell wieder zu vermieten, sondern ihn zu Spekulationszwecken unbewohnt zu lassen, in einen Gewerberaum umzuwandeln oder gar abzureißen – diese Zweckentfremdung wollen wir nicht. Deswegen brauchen wir Maßnahmen, um dagegen vorzugehen.

(Beifall DIE LINKE)

Geschieht trotz Sanktionen oder Bußgeldern nichts, müssen Kommunen im letzten Schritt auch die Möglichkeit haben, das Gebäude oder die Wohnung zu beschlagnahmen und einen Treuhänder einzusetzen, der die freie Wohnung anstelle des Eigentümers bewirtschaftet, zum Wohle der Mieterinnen und Mieter.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben über einzelne Positionen – die Definition von Leerstand, positive Erfahrungen der Stadt München mit dem bayerischen Gesetz – in der vergangenen Plenarsitzung und in der vergangenen Ausschusssitzung bereits ausführlich diskutiert. Leider hat sich Schwarz-Grün als ein bisschen – wie soll ich es sagen? – faktenresistent erwiesen. Es hat die Anregungen aus der Anhörung nicht so richtig aufgenommen. Wir allerdings haben ein paar Hinweise in unseren Gesetzentwurf aufgenommen; deswegen haben wir auch die dritte Lesung beantragt.

Wir wollen in erster Linie die Regelungen zur Bereitstellung von Ersatzwohnraum verschärfen. Wenn günstiger Wohnraum zweckentfremdet wird, soll durch den Eigentümer nicht nur quantitativ mehr Wohnraum neu geschaffen werden, als durch die Zweckentfremdung verloren ging, sondern dieser muss dann auch die gleiche Miethöhe haben und im selben Stadtgebiet geschaffen werden wie der, der zweckentfremdet wurde. Sonst ist nämlich der Verdrängung der aktuellen Mieter Tür und Tor geöffnet, und es kommt genau zu dem Problem, das wir bekämpfen wollen. Deswegen sind wir für diese Änderungen und für diese Verschärfungen. Vielen Dank auch für diese Anregungen.

(Beifall DIE LINKE)

Ein Gesetz gegen Wohnraumzweckentfremdung und Leerstand wird auch in München schon seit den Siebzigerjahren erfolgreich angewandt. Die Änderungen, die wir vorschlagen, beruhen auch auf den Erfahrungen, die mit diesem Gesetz gemacht wurden.

Leider hat die bisherige Debatte über das Gesetz veranschaulicht: Die Wohnungspolitik von Schwarz-Grün bedeutet, sich eben nicht intensiv mit den Realitäten und Bedürfnissen der von Wohnungsnot betroffenen Bevölkerung auseinanderzusetzen. Schwarz-Grün setzt da eher auf Wohnungsmarktpolitik und auf das Reden mit den sogenannten Playern auf dem Markt.

Dafür spricht leider auch, dass sich der Staatsminister auf der Immobilienmesse Expo Real bei Vertretern von Banken über ein mögliches Platzen der Immobilienblase informierte. Er denkt anscheinend, wenn die Banken und die Immobilienwirtschaft erklären, es sei alles in Ordnung, dann läuft auch wohnungspolitisch alles rund. Mir wäre ein Wohnungsminister lieber, der das Gespräch mit den Mieterinnen und Mietern, mit Mieterschutzanwälten und mit den Betroffenen suchte, statt sich auf der Messe bei den Vertretern von Banken zu informieren.

(Beifall DIE LINKE)

Präsident Boris Rhein: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist um.

Jan Schalauske (DIE LINKE): Deswegen komme ich zum letzten Satz. – Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, schützen Sie die Mieter vor Leerstand und vor Verdrängung, und schaffen Sie im Sinne der Mieter ein geeignetes Instrument für die Kommunen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)