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Reden

Jan Schalauske - Schwarzgrün muss zeigen, wie das Land ohne Kürzungsprogramme durch die Krise kommt

Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 88. Plenarsitzung am 11. November 2021 diskutierte der Hessische Landtag erneut über das als verfassungswidrig erklärte Sondervermögen zur Finanzierung der Corona-Krise. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion fordert heute die Entlassung des hessischen Finanzministers. Das ist ihr gutes Recht. Als Opposition ist es die Pflicht, die Regierung zu kontrollieren. Die Aufforderung zur Entlassung gehört selbstverständlich zu diesem Recht. Ich finde, dass es in Hessen auch immer wieder gute Gründe gegeben hat, Minister zu entlassen. An Skandalen ist insbesondere die Geschichte CDU-geführter Regierungen hier in Hessen überhaupt nicht arm. Wir haben auch kein Problem damit, den Rücktritt von CDU-Ministerinnen und -Ministern zu fordern, wenn diese sich heftig etwas zuschulden haben kommen lassen. Dazu hat es genügend Anlässe in der Geschichte Hessens gegeben. Es ist nicht allzu lange her – nehmen wir den aktuellen Innenminister Peter Beuth –, da haben wir hier, die demokratischen Oppositionsfraktionen, seinen Rücktritt gefordert. Die Liste seiner Skandale ist eigentlich zu lang für die Redezeit einer Aktuellen Stunde. Ich erinnere aber an das Problem des Rechtsextremismus, von rechten Chat-Gruppen, rechten Netzwerken in der hessischen Polizei. Ich nenne das Stichwort NSU 2.0, überhaupt eine fehlende Aufklärung des NSU-Komplexes. Deswegen: Dieser CDU-Innenminister Peter Beuth hat im Kampf gegen rechts total versagt und müsste eigentlich zurücktreten. (Beifall DIE LINKE) Aber das ist nur die Spitze des aktuellen Eisbergs. Wenn man in der Geschichte der CDU in Hessen zurückgeht, würde man noch ganz andere Punkte finden. Erinnern wir uns an zwangspsychiatrisierte Steuerfahnder, einen Finanzminister Weimar, der das alles gar nicht so dramatisch fand. Denken wir an einen ehemaligen Ministerpräsidenten, an eine Spendenaffäre und sein Ehrenwort, oder denken wir an den Verkauf landeseigener Immobilien oder einen Verkehrsflughafen ohne Flugverkehr. Es gäbe eine Menge Dinge, über die man reden kann. Ja, es stimmt auch. 20 Jahre CDU-geführte Landesregierungen sind 20 Jahre voller Skandale von CDU-Ministern. Nicht ein einziges Mal ist einer dafür zurückgetreten. Da muss man wirklich sagen, liebe CDU, das ist eine reife Leistung, wie Sie das alles durchgestanden haben. Ja, wir sehen keinen Grund, CDU-geführte Landesregierungen von Kritik zu verschonen. Wo sie notwendig ist, muss sie auch erfolgen. Jetzt komme ich zum Sondervermögen. Es ist völlig richtig, der Staatsgerichtshof hat das Sondervermögen für verfassungswidrig erklärt. Wir haben immer wieder gesagt, wir fanden und finden das Sondervermögen nicht den besten, aber einen möglichen, vor allem aber nicht einen ausreichenden Weg, um auf die Herausforderungen der Pandemie und der Krise zu reagieren. Wir haben CDU und GRÜNE immer dafür kritisiert, dass sie die Möglichkeiten aus dem Sondervermögen vor allem dafür nutzen, ihre eigenen Projekte über die Legislaturperiode zu retten, statt den wirklichen sozialen und ökologischen Neustart aus der Krise zu organisieren, der eigentlich dringend nötig gewesen wäre. Zur Wahrheit gehört aber auch: Vielen der Einzelmaßnahmen aus dem Sondervermögen haben letztlich alle demokratischen Fraktionen im Hause zugestimmt, auch SPD und FDP. Von 116 dieser Maßnahmen haben sie nur 13 oder 19 abgelehnt. Zur Wahrheit gehört auch: Die Verfassungswidrigkeit des Sondervermögens ist im Wesentlichen mit der Schuldenbremse begründet worden. Damit sind CDU und GRÜNEN exakt die Regeln auf die Füße gefallen, die sie sich gemeinsam mit SPD und FDP gegeben hatten. Das ist das eigentliche Problem in dieser Debatte. (Beifall DIE LINKE) Frau Claus und Herr Wagner, Sie müssen sich dann schon einmal fragen, warum es in Ihren Reden nicht den kleinsten Hinweis darauf gegeben hat, wie Sie denn jetzt bei Einhaltung der von Ihnen so gepriesenen Schuldenbremse Ihre Projekte durchsetzen wollen, vor allem, wie Sie Hessen durch die Krise bekommen wollen und wie Sie die Maßnahmen, die eigentlich notwendig wären, ergreifen wollen. Deswegen gilt: Wenn wir wirklich eine Konsequenz aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs wie auch aus der Corona-Krise ziehen sollten, dann diejenige, dass die sogenannte Schuldenbremse, die in Wirklichkeit eine Investitionsbremse ist, ein ernstes Hemmnis für entschlossenes Handeln in der Krise ist und dass sie die Entscheidungsmöglichkeiten des Parlaments einschränkt. Das müssen wir endlich ändern. (Beifall DIE LINKE) Es ist auch völlig richtig: Viele Menschen machen sich jetzt Sorgen, ob die Hilfen weiterfließen und ob das Land nach diesem Urteil überhaupt noch handlungsfähig ist. Ja, die Landesregierung muss Wege aufzeigen, wie das Land ohne massive Kürzungsprogramme zum Schaden der Menschen durch die Krise kommen kann. Die Schuldenbremse darf der Krisenbewältigung nicht länger im Wege stehen. Scheitert die Krisenbewältigung, dann scheitert auch dieser Finanzminister. (Beifall DIE LINKE)