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Rede

Axel Gerntke - Entlastung für die Beschäftigten am Uniklinikum Frankfurt!

Axel GerntkeGesundheitWirtschaft und Arbeit

In seiner 111. Plenarsitzung am 14. Juli 2022 diskutierte der Hessische Landtag unsere Aktuelle Stunde zur Situation der Beschäftigten am Uniklinikum Frankfurt. Dazu die Rede unseres wirtschaftspolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das öffentliche Gesundheitssystem ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft. Menschen mit niedrigen Einkommen, aber auch Menschen mit ganz normalen, durchschnittlichen Einkommen sind auf die Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems angewiesen. Der übergroße Teil der Bevölkerung kann es sich nicht leisten, auf private Gesundheitsdienstleistungen zurückzugreifen. Umso wichtiger ist es, dass das öffentliche Gesundheitssystem eine umfassende Versorgung der gesamten Bevölkerung garantiert. Maßstab sollte es sein, was erforderlich ist und den Menschen zügig zukommt.

(Beifall DIE LINKE)

Die Realität ist leider heute schon eine andere. Wesentliche Versorgungsleistungen können nicht allein über das öffentliche Gesundheitssystem erlangt werden, beispielsweise Brillen und Zahnersatz. Das wird auch klar, wenn man sich anschaut, wie es zugeht, wenn man als Kassenpatient oder Kassenpatientin einen Facharzttermin bekommen will. Da kann es schon sein, dass sich das Problem dadurch löst, dass der Betroffene vorher verstirbt.

Doch damit nicht genug. Auch die Versorgung der Menschen in den Krankenhäusern leidet und wird immer unzureichender. Der Grund ist, dass die gesamte Krankenversorgung und die Pflege immer stärker in ein Korsett der Profitorientierung eingezwängt werden. Es kommt nicht mehr darauf an, dass Menschen optimal versorgt werden, sondern es geht um Effizienz, d. h., mit möglichst wenig Personalaufwand sollen einigermaßen vertretbare Ergebnisse erzielt werden. Die Aktionärsrendite und nicht die Versorgung der Patientinnen und Patienten steht im Mittelpunkt. Gleichzeitig stehen die Krankenhäuser in Konkurrenz zueinander. Damit findet das Profitprinzip auch Einzug in die öffentlich betriebenen Krankenhäuser.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist das UKF eine Aktiengesellschaft?) – Nein.

(René Rock (Freie Demokraten): Das ist doch eine Rede, keine Diskussion, Mensch! – Gegenruf Elisabeth Kula (DIE LINKE): Dann hören Sie doch mal zu! – Unruhe – Glockenzeichen)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen, sich dazu irgendwann draußen auszutauschen – in der Mittagszeit, wenn es wärmer wird – und jetzt dem Kollegen Gerntke das Wort zu überlassen.

Axel Gerntke (DIE LINKE):

Ich sagte gerade: Das Konkurrenzprinzip gilt generell und trifft deswegen auch die öffentlich betriebenen Krankenhäuser.

Patientinnen und Patienten bleiben auf der Strecke, und das Personal bleibt auch auf der Strecke. Immer weniger Pflegerinnen und Pfleger müssen immer mehr Patientinnen und Patienten versorgen. Die Folge ist, dass die Patientinnen und Patienten nicht gesund werden, sondern dass die Pflegerinnen und Pfleger krank werden.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Beispiel Intensivpflege: Bundesweit fehlen auf Berechnungsbasis der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung – ein schönes Wort – rund 21.000 Pflegekräfte. Nach Berechnungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin sind es rund 50.000. Das sind Zahlen aus dem Jahr 2020. Zwischenzeitlich hat es viele Kündigungen gegeben, weil die Betroffenen die Arbeitsbedingungen einfach nicht mehr aushalten. Die vielen Berichte von Pflegerinnen und Pflegern aus der Frankfurter Uniklinik erwecken den Eindruck, dass es dort nicht grundlegend besser aussieht. Man kennt viele Menschen, die dort gekündigt haben oder noch dort arbeiten, sich aber mit dem Gedanken tragen, zu kündigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, so kann es nicht bleiben. Wir müssen diese Zustände ändern, und ich stehe heute hier an diesem Pult natürlich für die Linksfraktion, aber auch für ein Bündnis von über 40 Organisationen, das sich in Frankfurt gegründet hat: das Frankfurter Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist ein Bündnis von Organisationen aus verschiedenen Spektren mit einer großen politischen Breite. Mitglieder der CDU, der SPD und der LINKEN engagieren sich gemeinsam mit Initiativen und Vereinen für mehr Personal im Krankenhaus. Dieses Bündnis unterstützt ver.di und die vielen Beschäftigten der Uniklinik.

Ich meine, ein erster Schritt wäre der Abschluss eines Tarifvertrages. Ver.di hat eine entsprechende Forderung erhoben, nämlich mehr Personal im Krankenhaus, an der Frankfurter Uniklinik, und hat diese auch in einem Forderungskatalog für die einzelnen Stationen konkretisiert. Diese Forderungen sind eben nicht nur im Interesse der Beschäftigten, die sich zu Recht für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. Sie sind zugleich im Interesse aller Menschen, die im Rhein-Main-Gebiet leben; denn potenziell sind wir alle Patientinnen und Patienten.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Forderungen richten sich aber auch unmittelbar an die Landespolitik; denn die Uniklinik ist in Landeshand, und so steht die Hessische Landesregierung in der Verantwortung, für humane und vernünftige Arbeitsbedingungen zu sorgen. Darum fordern wir in unserem Antrag die Landesregierung auf: Stellen Sie sicher, dass ein entsprechender Tarifvertrag abgeschlossen wird, der die Forderungen von ver.di erfüllt. Stellen Sie dafür auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereit.

Wahrscheinlich kommt jetzt gleich wieder, wie immer, die FDP.

Vizepräsident Frank Lortz:

Kollege Gerntke, jetzt kommt von mir der Hinweis, die Rede so langsam zu beenden.

(Axel Gerntke (DIE LINKE): Na ja!)

– Nicht „Na ja“. Mit dem Präsidenten wird nicht diskutiert, sondern ihm wird entweder gehuldigt, oder es wird so gemacht, wie er es sagt. Ich darf Sie bitten, langsam zum Schluss zu kommen.

(Heiterkeit und Beifall)

Axel Gerntke (DIE LINKE):

Hiermit huldige ich noch einmal offiziell dem Präsidenten und bitte gleichwohl die Landesregierung, diesen Tarifvertrag abzuschließen. Das ist kein Verstoß gegen Tarifautonomie oder Ähnliches; denn die Landesregierung ist Tarifvertragspartei, und es ist unser Job, dafür zu sorgen, dass die Landesregierung hier im Interesse der Menschen handelt.

(Beifall DIE LINKE)

Vizepräsident Frank Lortz:

Kollege Gerntke, ich muss Sie noch einmal ganz herzlich bitten, zum Schluss zu kommen.

Axel Gerntke (DIE LINKE):

Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)