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Rede

Axel Gerntke - Finanzierung der Fluglärmkommission über Dritte schadet der Unabhängigkeit

Axel GerntkeVerkehr

In seiner 131. Plenarsitzung am 22. März 2023 diskutierte der Hessische Landtag über die Finanzierung der Fluglärmkommission. Dazu die Rede unseres verkehrspolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Die Finanzierung der Fluglärmkommission ist eine Pflichtaufgabe des Landes. Dass das Land bereit ist, eine hauptamtliche Geschäftsstelle und eine Geschäftsführerin zu finanzieren, das begrüßen wir durchaus. Das ist der Bedeutung des Flughafens und auch der Bedeutung des Lärmproblems durchaus angemessen.

Es sei noch einmal daran erinnert: Die Aufgabe der Fluglärmkommission ist es, die Genehmigungsbehörden bei allen Fragen zum Schutz der Menschen vor Fluglärm zu beraten. Das ist die Aufgabe. Sie soll die Interessen der anliegenden Gemeinden einbringen und von den Behörden, die für den Flughafen zuständig sind, unabhängig sein. Wir meinen, dass die Unabhängigkeit nicht dadurch gefördert wird, dass die Bestellung der Geschäftsführerin der Zustimmung der Genehmigungsbehörde bedarf, wie es in § 4 heißt. Wir sind der Meinung, dass es Sache der Fluglärmkommission sein sollte, wen sie zur Geschäftsführerin oder zum Geschäftsführer macht, und nicht des Wirtschaftsministers. Das letzte Wort sollte nicht das Ministerium haben, das für den Ausbau des Flughafens und damit letztlich für mehr Lärm verantwortlich ist. Wir finden, das faktische Vetorecht sollte gestrichen werden.

Dass die Geschäftsführerin beim Trägerverein angestellt werden soll, lehnen wir ebenfalls ab. Da der Entwurf eine Geschäftsführerin vorsieht, könnte diese auch direkt aus dem Haushalt des Verkehrsministeriums und nicht über diesen Umweg bezahlt werden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten): Die soll doch unabhängig sein!)

– Ja eben. Aber dann sollte sie tatsächlich unabhängig sein. Dazu komme ich gleich noch.

Dass die Mittelzuweisung jetzt – auch nach dem zu Recht beklagten zu frühen Tod des ehemaligen Raunheimer Bürgermeisters Jühe – noch immer über einen Trägerverein erfolgen soll, das finde ich bemerkenswert, insbesondere vor dem Hintergrund, dass als Träger wohl der Fluglärmschutzverein Rhein-Main e. V., dem die grüne Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig vorsitzt, vorgesehen ist. So kann man sich auch den nötigen Einfluss organisieren und das Ganze dann als unabhängig erklären.

Allein der Titel des Gesetzentwurfs macht mich schon etwas misstrauisch. Genau wie das Versammlungsfreiheitsgesetz nicht die Freiheit von Versammlungen garantiert, schafft das Gesetz zu der Transparenz, Arbeitsfähigkeit und Finanzierung der Frankfurter Fluglärmkommission nicht wirklich Transparenz. Ich kann dazu nur sagen: Hört auf mit dem Quatsch, eure Gesetze immer nach dem zu benennen, was sie genau nicht leisten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sind der Auffassung, die Finanzierung über den Trägerverein ist eher eine verschleierte Einflussnahme. Das ist eher das Gegenteil von Transparenz. Warum kann die Geschäftsstelle der Fluglärmkommission nicht selbst mit den entsprechenden Sach- und Personalmitteln ausgestattet werden? Warum kann die Geschäftsführerin nicht direkt vom Vorstand gewählt werden? Darüber hinaus sollte im Gesetzentwurf stehen, dass jedes Mitglied für den Vorstand kandidieren kann. Dafür, dass der Verkehrsminister die Geschäftsordnung der Fluglärmkommission formal genehmigen muss, kann er nichts. Das steht leider noch so in dem aus schwarzen Zeiten stammenden Luftverkehrsgesetz. Aber sich selbst aus den Belangen der Fluglärmkommission raushalten, das kann er schon. Das ist Fakt.

Die Arbeit in der Kommission ist eigentlich eine ehrenamtliche. Aber wenn wir die Vergütungen in den Sitzungen – die belaufen sich im Moment auf 26 € Sitzungsgeld – nicht deutlich erhöhen, bleiben am Ende hauptamtliche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Vertreterinnen und Vertreter von Fraport, Lufthansa und Co. übrig. Wir brauchen aber eine Fluglärmkommission, die vor allem die von Lärm Betroffenen und nicht die Lärmverursacher repräsentiert.

(Beifall DIE LINKE)

Für die sollte das bezahlte Arbeit sein. Das ist umso wichtiger, weil der Wirtschaftsminister nicht für weniger Lärm gesorgt hat, sondern lediglich für die bessere Umverteilung des Lärms auf unterschiedliche Flächen.

Weil das hier so üblich zu sein scheint, wollte ich noch einmal sagen: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir am Frankfurter Flughafen ein echtes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr brauchen, einen Deckel der Flugbewegungen auf maximal 380.000 und eine Verlagerung der Kurzstreckenflüge auf die Schiene; denn Wachstum am Flughafen ist kein Selbstzweck, sondern muss am Ende den Menschen dafür dienen, dass sie mobil sind.

(Marius Weiß (SPD): Das sagen Sie auch den Beschäftigten da?)

– Das sagen wir auch den Beschäftigten da, dass man Arbeitsplätze auch noch in anderen Bereichen als in diesen wunderbaren Bereichen des Flughafens schaffen könnte.

(Zurufe J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU) und Jan Schalauske (DIE LINKE))

Das sagen wir auch den Beschäftigten. Aber wir reden nachher noch über den Transformationsfonds, bei dem wir auch nicht sagen: Sagt das einmal den Beschäftigten, dass ihr möglicherweise Teile der Industrie anders formieren wollt, als das im Moment der Fall ist.

(Beifall DIE LINKE)

Manchmal habt ihr ganz gute Gedanken. Eure eigenen Ideen könnt ihr dann vielleicht am Flughafen zur Anwendung bringen, liebe Genossinnen und Genossen von der SPD. – Ansonsten: herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)