Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Axel Gerntke über die Privatisierung der Hessischen Staatsweingüter

Axel GerntkeWirtschaft und Arbeit

In seiner 129. Plenarsitzung am 16. Februar 2023 diskutierte der Hessische Landtag über die Privatisierung der Hessischen Staatsweingüter. Dazu die Rede unseres wirtschaftspolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Es wurde heute von der AfD gesagt, und es stand in der Pressemitteilung:

Die Landesregierung bewies mit der Gründung der Hessischen Staatsweingüter wieder einmal, dass ihr ordnungspolitischer Kompass verrückt spielt.

Ich will jetzt nicht über den ordnungspolitischen Kompass der Landesregierung philosophieren, ich mache der Landesregierung ja auch gern Vorwürfe; aber dieser Hessischen Landesregierung die Gründung der Staatsweingüter zum Vorwurf zu machen, ist in grober Weise geschichtslos. Aber das sind wir ja gewohnt.

(Beifall DIE LINKE)

Ich mache es jetzt ein bisschen kürzer; ich will jetzt nicht noch einmal die Geschichte der Staatsweingüter referieren.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Schade!)

Das ist von verschiedenen Seiten schon getan worden. Dass die Staatsweingüter unter Roland Koch 2003 als Landesbetrieb zerschlagen und aufgeteilt wurden, ist so. Dass ein Teil auf Profit getrimmt wurde und sich dann schön am Markt behaupten sollte, ist auch so. Dass in diesem Kontext die Hälfte der Beschäftigten abgebaut wurde, muss man auch festhalten. Dass die Kontrolle durch die Abgeordneten massiv erschwert war, weil nun auf einmal Geschäftsgeheimnisse das Mittel der Wahl waren, war auch so. Was hier aber noch nicht zur Sprache kam, ist, dass in diesem Zuge auch ein gewisses Spezi-System durch Herrn Koch etabliert wurde und Gelder aus Eberbach an Werbeagenturen flossen, die zufälligerweise in der gleichen Zeit in Rheinland-Pfalz Wahlkämpfe für die CDU gemacht haben. Daran wollte ich noch einmal erinnern.

Aber Roland Koch ist zum Glück Geschichte; und die Staatsweingüter erfüllen, der GmbH zum Trotz, öffentliche Aufgaben. Sie erhalten den wertvollen Weinbesitz in Deutschland nicht für den reinen Profit, sondern pflegen die Kulturlandschaft, ermöglichen Forschung für Weinbau und Umwelt und verwalten an diesem Ort das Erbe aus jahrhundertelanger Weinbaugeschichte. Insofern sage ich: Auch deswegen – es gäbe sicherlich noch viele andere Gründe – ist es gut, dass die AfD nicht regiert, um das für ein bisschen Kleingeld zu verscherbeln.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD)

Es heißt von der AfD, im Vergleich zu den anderen Rheingauweinen sei die Qualität schlecht. In der Sache ist dazu schon gegenteilig argumentiert worden. Aber ich frage mich: Was ist denn jetzt eigentlich Ihr Punkt? Auf der einen Seite sagen Sie: „Die Weine sind so schlecht im Vergleich zu den anderen Weinen“; und auf der anderen Seite sagen Sie: „Das Ganze ist eine große Gefahr für Ihre geliebte soziale Marktwirtschaft, weil sie den anderen Weinen Konkurrenz machen“.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Weil die das besser können! Das passt genau!)

Wenn sich die Bolschewisten-Plörre jetzt auf einmal gegen die am privaten Markt produzierten Betriebe durchsetzt, dann wäre es doch gar kein Problem. Aber offensichtlich fürchten Sie das eine, und gleichzeitig reden Sie das Lied von der sozialen Marktwirtschaft. Daher müssen Sie sich doch einmal entscheiden. Entweder sagen Sie: „Das Produkt ist nicht konkurrenzfähig“, oder es ist doch konkurrenzfähig; aber beides auf einmal ist ein bisschen schwierig.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD)

Wenn die 2 Millionen Flaschen Wein, die dort produziert werden, in der Lage sind, die soziale Marktwirtschaft ins Wanken zu bringen, dann mache ich mir noch größere Sorgen um das System, als sowieso schon nötig gewesen wäre.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE – Dr. Frank Grobe (AfD): Das wäre einmal etwas!)

In Deutschland werden rund 1 Milliarde Flaschen Wein produziert – rund 2 Millionen von diesem Gut. Das sind ca. 2 Promille; und ich habe den Eindruck, diese 2 Promille sind auch mit im Spiel gewesen, als Sie diesen Antrag erarbeitet haben. Das ist grober Unfug, und wir werden ihn ablehnen. – Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Zurufe AfD: Tätätä!)