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Rede

Axel Gerntke zum Gesetzentwurf zur Änderung vermessungs- und planungsrechtlicher Vorschriften

Axel GerntkeWirtschaft und ArbeitWohnen

In seiner 139. Plenarsitzung am 18. Juli 2023 diskutierte der Hessische Landtag über einen Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Lesung zur Änderung vermessungs- und planungsrechtlicher Vorschriften. Dazu die Rede unseres parlamentarischen Geschäftsführers und verkehrspolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

– Herr Dr. Naas von der FDP hat gerade nach dem sozialistischen Vermessungswesen gefragt. Das ist so, dass wir z. B. mit dem Zollstock messen. Ich weiß, Sie finden das zu sehr regulierend. Ich wollte Ihnen das ein bisschen frei floatend machen. Aber da sind die Geister halt unterschiedlich.

Wir sprechen hier über einen Gesetzentwurf, der das Berufsrecht der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure neu regeln soll. Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure sind ein rechtlich sehr eigentümlicher Zwitter zwischen Freiberuflern und hoheitlich tätigen Beamten. Sie sind vielleicht am ehesten mit Notaren vergleichbar. Aber da geht es nicht nur um Stempeln, sondern auch um Messen mit dem Zollstock.

Es gibt auch nicht viele davon. In Hessen ist es eine zweistellige Zahl. Das macht es zu einem ziemlichen Spezialthema. Dennoch ist es natürlich sehr berechtigt, eine ordentliche gesetzliche Regelung haben zu wollen. Das wurde hier schon mehrfach betont. Denn die Tätigkeit der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure ist natürlich für das gesamte öffentliche Bauordnungswesen und für viele Bauprojekte im ganzen Land wichtig.

Es gibt nicht nur wenige von ihnen, sondern es werden noch weniger. Ob das in dieser komplexen Gemengelage ein echter Fachkräftemangel ist, würde ich dahinstehen lassen. Aber um das zu ändern, hat die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Damit soll das Berufsrecht in diesem Bereich neu geregelt werden. Der Zugang soll vereinfacht werden.

In der ersten Lesung, also bevor wir die Anhörung hatten, erschien das erst einmal vergleichsweise unkontrovers. Aber dann ist durch die Anhörung doch deutlich geworden, dass es ziemlich viele und ziemlich umfassende Bedenken gegen diese Neuregelung gibt. Die Bedenken der Berufsverbände wurden schon genannt. Einzelne Vermessungsingenieure, aber auch die Bauträgerseite in Form der Architektenkammer trugen ihre Bedenken vor. Eigentlich hilfreich für die Lösung der Probleme fand das niemand. Man muss sagen, die Methode „Wir senken die Standards und versuchen darüber, das Problem zu lösen“, ist eine notorische, die bei dieser Landesregierung nicht nur da Anwendung findet.

Wir haben vor einigen Tagen noch einmal einen Brandbrief der beiden betroffenen Berufsverbände und der Ingenieurkammer Hessen erhalten. Die Sorgen betreffen nach wie vor die Qualitätsabsenkung. Sie verweisen auf laufende Bemühungen, die Zulassungsvoraussetzungen auf Bundesebene gemeinsam zu harmonisieren – auch das ist hier schon erörtert worden –, und haben deswegen vorgeschlagen, die Geltungsdauer des Gesetzes einfach zu verlängern, das Ganze um zwei bis drei Jahre aufzuschieben und dann eben zu einer gemeinsamen Verabredung zu kommen. Ich denke, das wäre auch der richtige Weg.

Wir werden jedenfalls die Zustimmung für ein Berufsrecht, das gegen den ausdrücklichen Willen wirklich aller Betroffenen auf der einen Seite und auch gegen das Votum so ziemlich aller befragten Sachverständigen auf der anderen Seite beschlossen werden soll, nicht geben. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall DIE LINKE)