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Rede

Christiane Böhm zum Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB)

Christiane BöhmFamilien-, Kinder- und JugendpolitkSoziales

In seiner 111. Plenarsitzung am 14. Juli 2022 diskutierte der Hessische Landtag zum Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB). Dazu die Rede unserer familienpolitischen Sprecherin Christiane Böhm.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind wirklich sehr gespannt. Aber seit fünf Jahren eine Spannung aufrechtzuerhalten setzt einen unter einen solchen Druck, dass es kaum noch auszuhalten ist.

(Beifall DIE LINKE – Stephan Grüger (SPD): Das nennt sich Cliffhanger! – Zurufe: Oh! – Unruhe)

Ich finde es wirklich eine Unverschämtheit und, ich würde sogar sagen, eine Verhohnepipelung der Eltern, die sich seit fünf Jahren dafür engagieren, dass es einen Landeselternbeirat für die Kitas gibt. Sie bringen es nicht einmal fertig, den versprochenen Gesetzentwurf vor der Sommerpause einzubringen; dabei haben Sie es denen in die Hand versprochen. Das ist wirklich eine Unverschämtheit.

(Beifall DIE LINKE)

Die haben alles vorgelegt: Sie haben eine LAG gegründet; sie haben ein Eckpunktepapier verfasst, das im Jugendhilfeausschuss mit dem Auftrag an das Land, es einzuführen, beschlossen worden ist; sie haben ganz viele Gespräche mit Abgeordneten und Staatssekretären geführt; und sie wollten unbedingt, dass Anfang 2023 der Kita-Elternbeirat gewählt wird. Das steht jetzt wieder infrage. Das ist wirklich unmöglich, weil Sie sagen, der Konsens im Landtag sei klar, und alle seien dafür, dass es eine landesweite Vertretung gibt. Ich bin da wirklich skeptisch, nicht nur, was die Verzögerung betrifft.

Ich habe es auch bei uns im Kreistag in Groß-Gerau erlebt. Dort hatte sich die Koalition von SPD, GRÜNEN und LINKEN auf den Weg gemacht. Sie haben es selbst gefordert. Das Land – die Regierungsfraktionen – hat ja gesagt: Dieser Landeselternbeirat muss mit kommunalen Gremien entsprechend unterfüttert werden. – Und was haben wir gemacht? Wir haben uns gesagt: Gut, das scheint nicht voranzugehen, also beantragen wir im Kreistag, dass ein Kreiselternbeirat geschaffen wird, um den Unterbau zu schaffen und die Vertretung der Eltern auf Kreisebene zu organisieren. Wir haben auch gesagt, dass darin die Kindertagespflege mit aufgenommen wird; denn auch für diese Eltern und die Eltern, die noch unversorgt sind, muss eine Vertretung geschaffen werden.

Aber was ist passiert? Die CDU hat den Antrag abgelehnt. Weiß sie denn nicht, dass die Landesregierung genau das gefordert hat, nämlich, dass, bevor ein Gremium auf Landesebene gegründet wird, auch auf regionaler Ebene Elternvertretungen geschaffen werden? Das muss die Kreistagsfraktion der CDU wissen, immerhin ist ein Mitglied der Landesregierung in der Kreistagsfraktion, und ein Mitglied des Landtags ist Abgeordnete im Kreistag. Selbst als wir sie auf diesen offensichtlichen Widerspruch hingewiesen haben, sah die CDU diesen Kreiselternbeirat als nicht sinnvoll an.

Da frage ich mich wirklich: Haben Sie überhaupt verstanden, welche Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung gerade bestehen? Ich vermute, nicht. Wir hatten in der Corona-Pandemie die Situation, dass der Kontakt zwischen Erzieherinnen und Eltern schwer eingeschränkt war, nicht nur durch die Öffnungszeiten, sondern auch durch die Kontaktbeschränkungen. Die Arbeitsbelastung ist für drei Viertel der Erzieherinnen massiv gestiegen. In ganz vielen Kommunen fehlen Kita-Plätze. Der Fachkräftemangel verhindert bundes- und hessenweit die bedarfsgerechte Teilhabe.

Ich könnte dazu noch viel mehr ausführen,

(Zuruf CDU: Nein, nein!)

sodass man sagen muss: Die frühkindliche Bildung in Hessen wird den Bedürfnissen der Kinder heute nicht mehr gerecht. Das ist eine große Problematik. Da ist natürlich die Stimme der Eltern total wichtig. Auch wenn Sie sie nicht hören wollen: Sie müssen sie hören, weil man dieses Problem natürlich nicht ohne Eltern und Erzieherinnen lösen kann. Genau das ist notwendig.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, die FDP hat mit dem Gesetzentwurf einige Bedenken aus dem letzten Gesetzentwurf aufgenommen, und ich finde es gut, dass er auf den Weg gebracht wird. Ich hoffe, dass wir schnell zu einer vernünftigen Lösung kommen. – Danke sehr.

(Beifall DIE LINKE)