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Rede

Christiane Böhm zur Corona-Pandemie

Christiane Böhm zur Corona-Pandemie

Christiane BöhmGesundheit

In der 100. Plenarsitzung am 30. März 2022 berichtete die Landesregierung über ihren aktuellen Kurs in der Corona-Pandemie. Unsere gesundheitspolitische Sprecherin Christiane Böhm antwortete darauf.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns mitten in der Pandemie, und dann kommt vom Bund, vom Bundestag diese unsinnige, nicht anwendbare Regelung.

Das Infektionsschutzgesetz ist uneindeutig und nicht rechtssicher. Ich glaube, da sind wir uns einig, Herr Klose – bis zu diesem Punkt. Aber warum hat die Landesregierung im Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt?

(Holger Bellino (CDU): Das hat er doch erläutert!)

Warum haben die GRÜNEN – es sind schon eine Menge Personen mit grünen Parteibüchern genannt worden – nicht ihr Veto zu diesem Gesetz eingelegt? Warum wurde nicht der Vermittlungsausschuss angerufen? Wenn das alles so klar ist, dass dieses Gesetz so schrecklich, nicht anwendbar und nicht rechtssicher ist, dann müsste man doch hier eine klare Kante zeigen. Aber das haben Sie nicht gemacht.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Holger Bellino (CDU)

– Unruhe)

Präsident Boris Rhein:

Es müsste ein bisschen ruhiger werden. Bitte hören Sie Frau Böhm zu.

Christiane Böhm (DIE LINKE):

Ich meine, es wäre etwas weniger Weinerlichkeit und etwas mehr Engagement angebracht vonseiten der Regierungsfraktionen, die sich hier darüber beschwert haben.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn ich ein paar Beispiele nennen darf: die Regelung zur Maskenpflicht. Da sollen jetzt vulnerable Gruppen an bestimmten Orten geschützt werden: in Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Ja, super. Dürfen die sich jetzt nicht mehr woanders aufhalten? Was heißt das für die vulnerablen Gruppen? Ist das ein neuerlicher Hausarrest für diese Personen, weil alle anderen sich nicht an diese tolle Empfehlung halten, eine Maske zu tragen?

Das ist Freiheit, die die Freien Demokraten meinen. Das ist Eigenverantwortung. Ja, super. Das bedeutet, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen und ältere Menschen gar nicht mehr vor die Tür, nicht mehr ins Geschäft gehen können, weil sie befürchten müssen, dass sie sich mit Corona infizieren.

Ich erwarte vonseiten dieser Landesregierung mehr Unterstützung für die Menschen mit Behinderungen, mit Beeinträchtigungen, mehr Unterstützung für ältere Menschen und auch mehr Unterstützung von Kindern, die davon auch schwer betroffen sind.

(Beifall DIE LINKE)

Ich weiß, Sie heulen gerade auf den Bänken der Landesregierung. Aber vielleicht können Sie leiser heulen. Denn mit Heulen allein werden wir dieses Problem nicht lösen – weniger Weinerlichkeit, mehr Engagement.

(Beifall DIE LINKE – Unruhe – Glockenzeichen)

Ein weiteres Beispiel ist die Hotspot-Regelung, die Krankenhäuser nicht überlasten soll. Wie ist das nachweisbar? Wird man nicht irgendwo ein Krankenhaus finden, das vielleicht noch ein Bett frei hat? Die Überlastung des Pflegepersonals ist schon lange erreicht. Sie ist schon mehr als erreicht. Logische Konsequenz wäre, dass in den Krankenhäusern Betten geschlossen werden, weil die Belastungsgrenze der Beschäftigten übererfüllt ist. Hier erwarte ich vonseiten der Landesregierung mehr Schutz für die Beschäftigten gerade in der Pflege.

(Beifall DIE LINKE)

Die Hotspot-Regelung ist eine ganz besonders perfide Sache. Die Frage ist: Wann ist eine „hohe Anzahl von Neuinfektionen“ überhaupt erreicht? Wann ist eine Virusvariante mit einer „signifikant höheren Pathogenität“ vorhanden?

(Stephan Grüger (SPD): Das kann man definieren!)

Wie will man das wissen? Wenn weniger getestet wird und wenn weniger sequenziert wird, dann ist überhaupt nicht bekannt, ob diese Tatsachen eintreffen.

(Stephan Grüger (SPD): RKI!)

Das ist weder handfest noch anwendungssicher – und so etwas beschließen SPD, GRÜNE und FDP im Bundestag.

Heute haben wir in Hessen 18.192 Fälle. Die Inzidenz liegt bei 1.542. Bei der Impfquote liegen wir in Hessen höchstens im Mittelfeld. Das ist wirklich eine bittere Bilanz.

Wie will die Landesregierung einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen verhindern? Wie will sie die Zahl schwerer Erkrankungen und Todesfälle minimieren? Wie will sie das Gesundheitswesen vor Überlastung schützen und die Langzeitfolgen vermeiden?

Präsident Boris Rhein:

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Christiane Böhm (DIE LINKE):

Ja. – Es wäre einfacher. Die Landesregierung könnte auch, ohne auf das Infektionsschutzgesetz zurückzugreifen, handeln. Sie könnte FFP2-Masken massenhaft kostenfrei zur Verfügung stellen, flächendeckend Luftfilter in die Kitas und Schulen einbauen, die Kapazitäten bei PCR-Tests öffentlich ausbauen und die Impfkampagne niedrigschwellig weiterführen. Das wäre eine Sache, worum sich die Landesregierung tatsächlich ernsthaft kümmern müsste. – Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)