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Rede

Torsten Felstehausen zur Änderung der Bauordnung

Torsten FelstehausenEnergieUmwelt- und KlimaschutzWohnen

In seiner 80. Plenarsitzung am 7. Juli 2021 diskutierte der Hessische Landtag auf Antrag der AfD über eine Änderung der Bauordnung. Mit ihrem Änderungsvorschlag wollte die AfD den Neubau von Windkraftanlagen verhindern. Unser umweltpolitischer Sprecher Torsten Felstehausen kontert hier.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die AfD versucht, in Sachen Windgegnerschaft der FDP an dieser Stelle den Rang abzulaufen. Mit zwei Gesetzesänderungen sollen Windkraftanlagen über dem Wald verboten und auf dem Rest der Landesfläche durch große Abstände zur Wohnbebauung unmöglich gemacht werden.

Was wirklich dahinter steht, hat die AfD in ihrem Bundestagswahlprogramm geschrieben. Dort heißt es, der Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung solle mindestens 2,5 km betragen. Das ist das, worauf Sie eigentlich hinauswollen.

Meine Damen und Herren, das ist das Ziel, wenn es darum geht, die Windkraft zu verhindern, die Energiewende zu torpedieren, weil es aus Sicht der AfD überhaupt keinen Klimawandel gibt. Aber an lauten Straßen oder an Flugplätzen, wo die Menschen wegen des Verkehrs nachts nicht schlafen können und wo die Luft mit gesundheitsschädlichen Schadstoffen angereichert ist – da sollen Menschen weiterhin leben.

Meine Damen und Herren, liebe AfD, Sie messen dort mit zweierlei Maß. Wenn ich mir einmal anschaue, wie die bisherigen Abstandsregeln sind, dann frage ich mich schon: Warum verteufeln Sie an dieser Stelle die Windenergie so massiv? Ich hätte dann erwartet, dass Sie auf die anderen drängenden Fragen in Ihrem Gesetzentwurf eingegangen wären.

300 m beträgt nach geltendem Recht der Mindestabstand zu Braunkohletagebaugebieten, 500 m darf man von einer Mülldeponie entfernt wohnen – mehr werden Bürgerinnen und Bürger nicht geschützt. 700 m beträgt der Mindestabstand zu einem Kohlekraftwerk.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

Das alles ist von Ihnen völlig unkommentiert geblieben. Im Gegenteil: Sie sagen, die Windenergie sei die Mutter aller Schäden. Die soll mindestens 1.000 m, die Sie jetzt beantragen – eigentlich aber 2,5 km –, von allem entfernt sein.

Mit der FDP teilt die AfD die Prioritätensetzung, dass im Wald durchaus gerodet werden darf, aber nur für Projekte, die Ihnen wichtig sind: Für Autobahnen ist das gut – die A 49 hat das gezeigt –, weil Straßenbau aus Ihrer Sicht per se mehr Fortschritt bedeutet.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Felstehausen, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Lichert an Sie.

Torsten Felstehausen (DIE LINKE):

Daran habe ich wenig Interesse. – Wenn aber Bäume gefällt werden sollen, wenn auch deutlich weniger, für Windkraftanlagen – so ist Ihre Aufforderung –, dann zerstöre das die Natur und bedrohe unsere Heimat nachhaltig. Was wirklich unsere Heimat nachhaltig bedroht, ist der Klimawandel. Natürlich werden wir alles daransetzen und alle Projekte unterstützen, dort ursächlich etwas zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Auch in Thüringen, Niedersachsen und Sachsen zieht die AfD gegen die Windkraft zu Felde. In Sachsen und im Bundestag präsentiert sie stattdessen die Kernkraft. Das ist also Ihr Modell der Zukunft. Ein Blick nach Thüringen zeigt, um was es bei dieser Debatte eigentlich geht. Dort hat sich als Gegnerschaft zur Windkraft eine Koalition der Klimaleugner, der Besitzstandswahrer und der Strukturwandelverhinderer aus AfD, FDP und CDU gefunden. Neofaschisten, Neoliberale und Neokonservative betreiben in populistischer Manier eine Lagerbildung gegen LINKE, GRÜNE und SPD.

Den Rechtspopulisten geht es dabei nicht um sozial- oder umweltverträgliche Wege aus der ökologischen oder der kapitalistischen Mehrfachkrise. Es geht ums Polarisieren, es geht ums Stimmungmachen, es geht darum, Aufmerksamkeit zu erregen und möglichst viele Menschen hinter einer irgendwie gearteten Antihaltung zu versammeln. Die vermeintlichen Alternativen, die vorgeschlagen werden, stammen aus einer Welt ohne Tschernobyl und ohne Fukushima, ohne CO2-Anstieg durch Kohleverbrennung, ohne schmelzende Eismassen, ohne tote Wälder, ohne Überschwemmungen, Schlammlawinen und Hitzewellen mit zahlreichen Toten.

Aber diese Welt hat es so nie gegeben, meine Damen und Herren. Sie war schon immer eine Erzählung derjenigen, die glauben machen wollten, dass mit einem unaufhörlichen Wirtschaftswachstum und immer neuen technischen Erfindungen alle Probleme zu lösen seien.

Dabei geht es im Kern um die Sicherung des Einflusses, ihrer Macht und ihrer Profite. Was die hessischen Wälder wirklich bedroht, das leugnet die AfD allerdings beharrlich. Es ist der durch unseren exzessiven Gebrauch fossiler Brennstoffe verursachte Klimawandel. 26.000 ha Wald sind in den vergangenen drei Jahren durch Hitze und durch Wassermangel in Hessen abgestorben.

Meine Damen und Herren, wer den Wald erhalten will, muss den Klimawandel stoppen. Das muss die zentrale Botschaft sein.

(Beifall DIE LINKE und Kaya Kinkel (BÜNDNIS

90/DIE GRÜNEN))

Ich will damit zum Ende kommen.

(Andreas Lichert (AfD): Das ist eine gute Idee!)

Ja, ich werde zum Ende kommen, und ich werde Sie andieser Stelle noch einmal erwähnen. – Die Energiewende mit Windkrafträdern ist ein Teil der Lösung, die AfD ist und bleibt ein Teil des Problems. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)