Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Der Staatshaushalt soll einmal mehr auf Kosten der Beamtinnen und Beamten saniert werden"

Hermann Schaus

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP zur Modernisierung des Dienstrechts in Hessen (DRModG)

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP zur Modernisierung des Dienstrechts in Hessen (DRModG)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Schon seit Monaten werden wir bei allen Anträge und Gesetzesinitiativen, die wir zu Fragen betreffend die hessischen Beamtinnen und Beamten einbringen, vonseiten der Koalitionsfraktionen und der Regierung immer wieder auf die sogenannte große Dienstrechtsreform vertröstet. Meine Vorredner haben es schon gesagt: Heute legen die Koalitionsfraktionen eiligst, kurz vor Fristende, einen dürftigen ersten Gesetzentwurf vor – und sofort ist klar: Der Kahlschlag geht weiter, der "Operation düstere Zukunft" folgt die "Operation keine Zukunft".

Nach den angekündigten Sparmaßnahmen für Kommunen, Kitas, Schulen und Hochschulen sind nämlich jetzt wieder einmal die Beamtinnen und Beamten dran – wie schon im Jahr 2004. Das erste Gesetz zur sogenannten Modernisierung des Dienstrechts in Hessen sieht eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr vor. Es soll künftig sogar erlaubt sein, freiwillig bis zum 70. Lebensjahr weiterzuarbeiten. Wir sind, ebenso wie die Gewerkschaften, gegen die Erhöhung des Rentenalters auf 67. Schon deshalb werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

Er ist umso mehr abzulehnen, als die hessischen Beamtinnen und Beamten mit einer 42-Stunden-Woche die längste Arbeitszeit in Deutschland zu erbringen haben. Natürlich macht der Gesetzentwurf auch vor schwerbehinderten Beschäftigten nicht halt. Auch ihre Lebensarbeitszeit soll um zwei Jahre erhöht werden. Gleiches soll für alle Beamtinnen und Beamten der Polizei und der Berufsfeuerwehr – obwohl das im Innenausschuss seitens der Regierung noch vor einigen Monaten vehement verneint wurde – sowie für den Vollzugsdienst gelten. Lediglich diejenigen, die mindestens 20 Jahre lang in Wechselschicht und im Schichtdienst gearbeitet haben, sollen ausgenommen werden.

Da tröstet auch die Anpassung der Dienstjubiläumsgabe bei 40 Dienstjahren von – sage und schreibe – 410 € auf das Tarifniveau von 500 € nicht wirklich, Herr Minister, obwohl sicherlich mehr Ausgaben zu erwarten sind. Diese langen Dienstzeiten werden nun sicherlich mehr Beamtinnen und Beamte erreichen, weshalb Sie konsequenterweise zugleich vorsehen, die Dienstjubiläumsgabe für 50 Dienstjahre auf exorbitante 750 € zu erhöhen.

Eiligst und in letzter Minute wurde dieser Gesetzentwurf, obwohl vom Innenministerium geschrieben – auch das haben meine Vorredner schon gesagt –, über die Fraktionen der CDU und der FDP eingebracht – nur deshalb, um die nach § 110 des Hessischen Beamtengesetzes vorgeschriebene Anhörung der Gewerkschaften und der Kommunalen Spitzenverbände zu umgehen. Warum eigentlich? Hat die Landesregierung etwa Angst vor der Diskussion, Herr Innenminister? Genauso eilig hat man es offenbar mit der parlamentarischen Beratung, denn bereits für heute Abend ist auf Antrag der CDU-Fraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses zu diesem Punkt vorgesehen.

Warum denn nur? Will die CDU/FDP-Landesregierung nun auch die öffentliche Anhörung der Gewerkschaften und der Kommunalen Spitzenverbände im Eiltempo durchziehen, oder will sie sie gar gänzlich verhindern?

Dabei ist die Eile überhaupt nicht notwendig; denn die wesentlichen Regelungen dieses Gesetzes sollen erst zu Beginn des Jahres 2012 in Kraft treten, worauf Herr  Bellino schon hingewiesen hat. Wir haben also genug Zeit für eine intensive Beratung, und die wollen wir auch nutzen.

Weitere Fragen drängen sich uns auf. Hier wird ein Entwurf für ein Erstes Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts in Hessen vorgelegt. Ihm folgen also ein zweites und möglicherweise auch noch ein drittes, ein viertes oder ein fünftes Gesetz. Herr Innenminister, wir werden es nicht zulassen, dass Sie die längst überfällige Reform des Dienstrechts in Hessen aus taktischen Gründen in kleine Teile aufzuspalten versuchen.

Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 mahnen die Gewerkschaften die dringend notwendige Reform des Dienstrechts in Hessen an. Im September 2009 hat der DGB Hessen umfangreiche Grundsatzpositionen zur Reform des Dienstrechts vorgelegt, die aber von der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen im Landtag bisher offensichtlich ignoriert wurden.

Die Erhöhung des Regelalters für den Pensionseintritt der Beamtinnen und Beamten auf 67 Jahre ist falsch. Statt mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen, soll der Staatshaushalt einmal mehr auf Kosten der Beamtinnen und Beamten saniert werden. Das steht sogar in der Begründung des Gesetzentwurfs. An Zynismus ist das kaum zu überbieten.

Wir fordern die Landtagsabgeordneten auf, den Gesetzentwurf abzulehnen und Verhandlungen mit den Gewerkschaften über eine tatsächliche und überfällige Modernisierung des Dienstrechts vorzunehmen.
Das fordert Stefan Körzell, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds Bezirk Hessen-Thüringen, in Bezug auf den Gesetzentwurfentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP. Diesen klaren Aussagen ist nichts mehr hinzuzufügen.