Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Die katastrophale Finanzsituation der Kommunen wurde politisch verursacht und durch die Wirtschaftkrise verschärft"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde "Hessens Landesregierung ruiniert die kommunalen Finanzen"

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Am 2. Juni demonstrierten rund 200 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Hessen auf dem Hessentag in Stadtallendorf gegen die von der Landesregierung geplante Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs. Wir als LINKE begrüßen diesen Protest ausdrücklich und stellen fest, dass, wenn es um die Kommunalfinanzen in Hessen geht, offensichtlich zwei Drittel der Abgeordneten dieses Hauses von CDU und FDP nicht interessiert, weil nicht im Raum sind.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister trugen Schilder mit Aufschriften wie: "Heute Bürgermeister – morgen Insolvenzverwalter" oder "Kommunen sind systemrelevant". Doch anders als im letzten Jahr bei den Banken wird hier kein Rettungsschirm aufgespannt. In Gegenteil, die drastische Finanzlage der Kommunen wird durch weitere Maßnahmen dieser Landesregierung zusätzlich verschärft.

Die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs ab 2011 um 400 Millionen € jährlich und weitere Auftragsübertragungen ohne ausreichende Kostendeckung, wie z.B. die Beteiligung an den Kosten des Zensus 2011, drängen die Kommunen immer weiter in den finanziellen Ruin.

Die katastrophale Finanzausstattung der Kommunen ist nicht hausgemacht. So hat die Gewerkschaft ver.di jüngst in einer Studie festgestellt, dass die Steuerpolitik seit 1998, also zuzeiten der rot-grünen und der rot-schwarzen Bundesregierung, zu Steuerausfällen von jährlich 50 Milliarden € geführt hat. Für das Land Hessen bedeutet dies jährliche Mindereinnahmen von 2 Milliarden € und für die hessischen Kommunen nochmals zusätzliche Einnahmeverluste von 800 Millionen € – Geld, das überall fehlt und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedroht.

Sämtlichen Statistiken zufolge liegt die kommunale Staatsquote der hessischen Gemeinden seit Jahren konstant bei 7%. Von einer Ausgabenexplosion kann hier also keine Rede sein. Schon heute sprechen Bürgermeister offen davon, dass sie mit den vorhandenen Finanzmitteln zukünftig nur noch die Pflichtaufgaben erfüllen können. Was dies für Vereine, soziale Einrichtungen, Kindertagesstätten, Schulen, Bibliotheken, Schwimmbäder, Sportstätten usw., schlicht für das Leben, ich sage: für das soziale Zusammenleben in der Kommune bedeutet, dürfte allen klar sein. Wir hoffen, dass sich zumindest bei der SPD, jetzt in der Opposition, die Erkenntnis durchsetzt, dass der Weg der Steuersenkungen und Kürzungen der falsche Weg war und ist. Bei der Landesregierung lässt sich eine solche Erkenntnis leider nicht feststellen.

Seit Jahren drängen Sie die klammen Kommunen zu weiteren Kürzungsmaßnahmen, Privatisierungen und Einsparungen bei Personal und Dienstleistungen.

Die Schließung und den Ausverkauf von öffentlichen Einrichtungen bis hin zur Einschränkung der Daseinsvorsorge nehmen Sie dabei billigend in Kauf. Wer aber an einer wirklichen Lösung des kommunalen Finanzdesasters interessiert ist, ist gezwungen, sich sowohl der Entschuldung der Kommunen durch den Bund als auch der Verbesserung der Steuereinnahmen zuzuwenden.

Zahlreiche konkrete Vorschläge liegen dazu seit Jahren vor und müssen endlich umgesetzt werden. Dies sind der Umbau der kommunalen Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer, komplette Kostenerstattung bei Aufgabenverlagerungen durch die Kommunen, die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine gerechte Erbschaftsteuer sowie die progressive Besteuerung von Kapitalerträgen endlich umzusetzen.

Die katastrophale Finanzsituation der Kommunen wurde politisch verursacht und durch die Wirtschaftskrise noch verschärft. Jetzt dürfen wir es nicht zulassen, dass die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger diese Krise bezahlen müssen, während Banker, Manager und Spekulanten weiterhin verschont bleiben.