Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zur Hessenkasse

"Wir brauchen eine auskömmliche Ausstattung der Kommunen, nicht durch fremdes Geld, sondern durch eine sozial gerechte Besteuerung großer Vermögen!"

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und FinanzenKommunales

Ein Jahr Hessenkasse: das Land Hessen als bundesweites Vorbild für kommunale Entschuldung (Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der CDU, Ds. 20/1258)

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Die Fraktion der CDU behauptet, der Umgang des Landes mit den Kommunen in Form der Hessenkasse sei beispielgebend.
(Demonstrativer Beifall Dirk Bamberger (CDU))
Wenn ich daran denke, wie CDU-geführte Landesregierungen in der Vergangenheit die Kommunen in Hessen drangsaliert und unterfinanziert haben, dann finde ich dieses Vorgehen nicht beispielgebend, sondern beispiellos.
(Beifall DIE LINKE)
Ich will fünf Punkte nennen, warum die Hessenkasse kein Grund zum Feiern ist. Erstens. Die Verantwortung für die Kassenkredite der Kommunen in Hessen tragen vor allem die CDU-geführten Landesregierungen. Sie stopfen mit dem Programm der Hessenkasse die Löcher, für die Sie selbst Verantwortung tragen. In den Jahren 1999 bis 2016, in denen CDU-Finanz- und -Innenminister das Amt innehatten, sind in 13 von 17 Jahren die Kassenkredite gestiegen. Sie stopfen die Löcher, die Sie selbst geschaffen haben.
(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)
Zweitens. Die Hessenkasse wird überwiegend mit kommunalem Geld bezahlt. Was Sie hier dargelegt haben, Herr Reul, ist schlicht eine Umkehr ins Gegenteil; Sie wissen es eigentlich besser. Der Anteil des Landes bei der Finanzierung der Hessenkasse liegt bei rund 20 %. Sie sollten sich schämen, wie Sie hier kommunales Geld für die Eigenverantwortung vermarkten.
(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)
Drittens. Die Kassenkredite der Kommunen sind in Phasen gestiegen, in denen die Konjunktur nicht gut gelaufen ist. Statt damals die helfende Hand zu reichen, haben CDU-geführte Landesregierungen den Kürzungsdruck direkt an die Kommunen weitergegeben. Sie haben sie zum Kürzen gezwungen, bis es quietscht. Soziale Leistungen sind eingeschränkt, Schwimmbäder und Stadtteilbibliotheken geschlossen worden. Die Einnahmen der Kommunen waren so niedrig, dass sie Kassenkredite aufnehmen mussten. Viertens. Die Hessenkasse zieht die Daumenschrauben bei den Kommunen weiter an. Es gibt ein Verbot von weiteren Kassenkrediten, und bei einer sinkenden Konjunktur drohen weitere Kürzungsrunden zu folgen. Überhaupt wollen Sie die Kommunalaufsicht weiter verschärfen. Deswegen ist auch die Hessenkasse in dieser Hinsicht keine helfende Hand gegenüber den Kommunen.
(Beifall DIE LINKE)
Fünftens. Wie sehr die Kommunen in Hessen von der Landesregierung im Stich gelassen wurden, sieht man auch an neueren Zahlen, was die kommunalen Steuern angeht. Ernst & Young, ein Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen, das unverdächtig ist, eine linke Institution zu sein, hat erst im August eine Studie vorgelegt, die zeigt, dass gerade Hessens Kommunen so sehr an der Steuerschraube drehen mussten wie Kommunen in keinem anderen Bundesland. Hessen ist nicht nur das Land, in dem sich die Kommune befindet, die 2018 den größten Grundsteuerhebesatz
in ganz Deutschland hatte, Hessen ist auch das Bundesland, in dem die durchschnittlichen Hebesätze bei der Grundsteuer B um 39 % oder 124 Punkte so stark angestiegen sind wie in keinem anderen Bundesland. Meine Damen und Herren, dafür trägt die Landesregierung die Verantwortung. So sieht die Wahrheit aus. Das ist kein helfender Umgang mit den Kommunen.
(Beifall DIE LINKE)
Wenn Sie jetzt sagen, mit der Hessenkasse hätte das Land den Kommunen einen großartigen Dienst erwiesen, dann ist das schlicht an den Haaren herbeigezogen. Nach wie vor stattet die Landesregierung die Kommunen nicht dauerhaft mit ausreichenden Mitteln aus, und bezahlen müssen das die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen. Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen, die die Grundsteuer besonders hart trifft, weil sie auf die Mieter umgelegt wird, Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Familien, Alleinerziehende – sie alle bezahlen dafür, dass
Schwarz-Grün Überschüsse im Landeshaushalt wichtiger findet als eine auskömmliche Finanzierung der kommunalen Familie.
In der „FAZ“ wurde einst in einem klugen Kommentar die Strategie des Finanzministeriums im Umgang mit den Kommunen sehr präzise beschrieben. Es wurde geschrieben, das Verhalten des Finanzministeriums gegenüber den Kommunen sei wie Zuckerbrot und Peitsche. Ich will dazu sagen: Sehr wenig Zuckerbrot und verdammt viel Peitsche, das ist die Politik der Landesregierung gegenüber den Kommunen in Hessen.
(Beifall DIE LINKE)
Statt immer neuer Programme, wo sich die Landesregierung fremden Geldes bedient, ob Bundesgeld oder kommunales Geld, brauchen wir endlich eine auskömmliche Ausstattung der Kommunen, am besten durch eine sozial gerechte Besteuerung großer Vermögen.
(Zurufe: Oh!)
Die ist leider von Ihnen nicht zu erwarten. Wir werden uns dauerhaft dafür einsetzen.
(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD – Gegenruf Jan Schalauske (DIE LINKE): Mit Kommunismus hat das nichts zu tun!)