Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024
Rede
Elisabeth Kula - Grüne begraben das 1,5-Grad-Ziel
In seiner 126. Plenarsitzung am 26. Januar 2023 verabschiedete die schwarzgrüne Landesregierung das völlig unzureichende Klimaschutzgesetz für Hessen. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden Elisabeth Kula.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Im Herbst letzten Jahres hat Schwarz-Grün das vorliegende Klimaschutzgesetz eingebracht. Es gab eine verheerende Anhörung dazu, und jetzt soll in dieser Plenarwoche das
Gesetz schnell in zweiter und dritter Lesung durch den Landtag gejagt werden, damit es ja schnell vom Tisch ist. Das kann ich aus Ihrer Perspektive auch gut nachvollziehen. Ein so grottiges und vollkommen unverfängliches Klimaschutzgesetz würde ich an Ihrer Stelle auch lieber schnell aus der öffentlichen Debatte haben wollen.
(Beifall DIE LINKE)
Vom BUND über den Paritätischen Wohlfahrtsverband, die Deutsche Umwelthilfe bis Attac waren sich die Anzuhörenden einig, dass dieses vorliegende Gesetz in keiner Weise geeignet ist, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.
(Zuruf DIE LINKE: Verfassungswidrig!)
Um eine Debatte von heute Morgen aufzugreifen: Eine Forderung aus dem Landesjugendkongress ist die Überarbeitung dieses Gesetzentwurfs. Sie haben heute Morgen doch noch versprochen, die Forderungen aufzugreifen. Jetzt haben Sie die erste Chance dazu. Nehmen Sie die Jugendlichen ernst, und überarbeiten Sie dieses grottige Gesetz. Ansonsten sind Ihre Versprechen nichts wert.
(Beifall DIE LINKE)
Leider haben die Anzuhörenden und die Jugendlichen recht: Die schwarz-grüne Landesregierung beerdigt mit diesem Gesetz relativ still und heimlich das 1,5-Grad-Ziel. Das Klimaschutzgesetz einer grün mitgetragenen Landesregierung sieht die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nicht vor. Das ist ein neues Niveau der Rückgratlosigkeit – selbst für die hessischen GRÜNEN.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern, dass wir das 1,5-Grad-Ziel wirklich erreichen müssen. Bei einer Erderwärmung von 2 Grad werden gravierende Folgen für die Menschheit erwartet. Bis zu 10 Millionen Menschen mehr würden vom Meeresspiegelanstieg betroffen sein, und Klimakipppunkte, die irreversibel sind, würden erreicht. Das 1,5-Grad-Ziel muss politische Richtschnur sein. Dass die GRÜNEN dieses Ziel beerdigt haben, ist wirklich ein Skandal.
(Beifall DIE LINKE)
Schon der schmutzige Deal mit RWE durch den grünen Bundeswirtschaftsminister Habeck und die grüne nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Neubauer, durch den Lützerath und die Kohle darunter abgebaggert werden konnten, hat die Glaubwürdigkeit der GRÜNEN stark angegriffen. Denn unter Klimaexperten ist längst unumstritten, dass die mit der Ausweitung des Tagesbaus Garzweiler II verbundene Abbaggerung Lützeraths einen deutschen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels unmöglich mache. Nun wird das 1,5-Grad-Ziel also auch in Hessen ad acta gelegt.
Dabei sind auch die selbst gesteckten Ziele der CO2-Minderungsrate im Gesetzentwurf viel zu gering. Sie wollen 3 Prozentpunkte im Jahr einsparen, nötig wären aber 5. Selbst wenn die Ziele des hessischen Klimaschutzgesetzes eingehalten würden, überschreitet die rechnerisch 2045 freigesetzte Menge der Klimagase das CO2-Budget, das mit dem Pariser Klimaabkommen festgelegt wurde.
Das vorgelegte Klimaschutzgesetz legt keine konkreten Klimaschutzmaßnahmen und Sektorenziele fest und verstößt deswegen wahrscheinlich gegen die Verfassung – genauso wie das Gesetz des Bundes, das nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überarbeitet und konkretisiert werden musste.
Nicht zuletzt ist Schwarz-Grün auch bei diesem Gesetzentwurf blind für die soziale Frage. Dass der Klimaschutz immer mit sozialen Maßnahmen begleitet werden muss, damit er nicht auf dem Rücken der Mehrheit der Menschen umgesetzt wird, das haben Sie immer noch nicht verstanden.
(Beifall DIE LINKE)
Ein sozialer Ausgleich oder Finanzierungsvorschläge für den nötigen Strukturwandel kommen in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht vor. Auch in Hessen wird unter Schwarz-Grün in der Klimapolitik eine rote Linie nach der anderen überschritten: erst die Rodung des Danni für den Weiterbau der A 49, dann die Rodung des Fechenheimer Waldes für den Lückenschluss der Autobahn in Frankfurt, und heute werden Sie dieses Gesetz, das das Scheitern grüner Klimapolitik in dieser schwarz-grünen Koalition gut zusammenfasst, beschließen.
Meine Damen und Herren, das Gesetz ist kein Klimaschutzgesetz, das ist ein Klimaschutzverhinderungsgesetz.
(Zuruf DIE LINKE)
Deswegen werden wir heute nicht nur selbstverständlich dagegen stimmen, sondern auch immer wieder öffentlich klarmachen, dass unter dem Beifall der GRÜNEN in Hessen das 1,5-Grad-Ziel zu Grabe getragen wurde.
(Beifall DIE LINKE)