Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Elisabeth Kula - Landesregierung darf Mitbestimmung von Jugendlichen nicht als Feigenblatt verwenden

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und JugendpolitkRegierung und Hessischer Landtag

In seiner 129. Plenarsitzung am 16. Februar 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Absenkung des Wahlalters auf 16. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Herr Heinz, wenn man sich Ihre Rede jetzt anhört, merkt man schon: Ihnen gehen wirklich langsam die Argumente aus. Ihnen gehen schlicht und ergreifend die Argumente aus.

(Beifall DIE LINKE, SPD und Freie Demokraten)

Deswegen zählen Sie jetzt die Abgeordneten, die beim Jugendkongress waren, oder die Monate bis zur Landtagswahl, aber es gibt keine Argumente in der Sache.

(Günter Rudolph (SPD): Genau!)

Das ist auch klar; denn mittlerweile wird es um Hessen immer dünner, weil immer mehr andere Bundesländer das Wahlalter absenken, sowohl bei Kommunal- als auch bei Landtagswahlen.

Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern haben im letzten Jahr das aktive Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre abgesenkt. Das Landtagswahlrecht ab 16 Jahren gilt jetzt in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Auch bei der nächsten Europawahl 2024 werden erstmals 16- und 17-Jährige mitwählen dürfen. Es lässt sich nicht rechtfertigen, dass sie bei der diesjährigen Landtagswahl nicht stimmberechtigt sind, bei der nächsten Europawahl dann aber schon. Ich finde, es ist höchste Zeit, den Flickenteppich Wahlalter auf 16 Jahre zu vereinheitlichen. Das war ja immer Ihr Argument.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Andere Länder können es auch: Österreich hat bereits 2007 das Wahlalter für die verschiedenen Regierungsebenen auf 16 Jahre abgesenkt. Das zeigt: Hessen ist hintendran, was das Wahlrecht und die Beteiligung von Jugendlichen angeht, und wird von den Entwicklungen eingeholt und kommt nicht mehr hinterher. Ich darf Herrn Prof. Dr. Theo Schiller von der Phillips-Universität Marburg zitieren:

Die Senkung des Wahlalters durch den Bundesgesetzgeber für die überregionale Wahlebene der Europawahl 2024 verändert die Diskussionslage auch für die Landesebene grundsätzlich, denn ein Festhalten an Wahlalter 18 auf Landesebene lässt sich kaum noch plausibel begründen.

Mehr ist dem eigentlich nicht hinzuzufügen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Um auch die üblichen Pappkameraden noch einmal abzuräumen, immer wieder das Argument mit der Volljährigkeit: Nein, das Wahlalter ist nicht an die Volljährigkeit geknüpft. Das Wahlalter bei der hessischen Landtagswahl und der Bundestagswahl im Jahr 1970 wurde von 21 auf 18 Jahre heruntergesetzt, während die Volljährigkeit erst 1975, also fünf Jahre später, abgesenkt wurde.

Auch das Strafrecht ist kein Argument. Das Strafrecht findet in Deutschland bereits ab 14 Jahren in Form des Jugendstrafrechts Anwendung und wird bis 21 Jahre genutzt. Hier können jugendliche Straftäter zu zehn Jahren Haft verurteilt werden, dürfen aber nicht mitwählen.

Auch die entwicklungspsychologischen Argumente, die immer wieder kommen, können doch mittlerweile wirklich kein Argument mehr sein; denn Sie wollen doch nicht wirklich behaupten, dass unsere Jugendlichen in Hessen nicht so weit wären wie Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall DIE LINKE)