Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Elisabeth Kula - Landesregierung muss Forderungen des Jugendkongresses umsetzen

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 126. Plenarsitzung am 26. Januar 2023 diskutierte der Hessische Landtag zum Thema Jugendbeteiligung. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Vom 12. bis 14. Dezember fand der erste Landesjugendkongress im Landtag statt. 2019 gab es schon ein ähnliches Format in Frankfurt. Bei dem Kongress diskutierten 120 Jugendliche über 16 verschiedene Themen und tauschten ihre Bedürfnisse und Interessen dazu aus. Sie hatten aber auch gesamtgesellschaftliche Probleme im Blick, die vielleicht gar nicht unmittelbar etwas mit ihrem Alltag zu tun haben.

Anschließend wurden die Forderungen den teilnehmenden Abgeordneten vorgestellt und mit ihnen diskutiert. Dabei gab es strenge Redezeiten für die Abgeordneten, schließlich ging es darum, dass wir den Jugendlichen zuhören. Auch wenn das für uns manchmal ein etwas außergewöhnliches Format ist, war es umso beeindruckender, zu bemerken, mit wie viel Selbstbewusstsein die jungen Menschen ihre Anliegen geäußert haben und mit welchem politischen Bewusstsein die Forderungen formuliert wurden.

Selbst als teilnehmende Abgeordnete hat man die Selbstwirksamkeit der Jugendlichen gespürt. Das war gerade nach der Vereinzelung von Corona für alle Beteiligten eine sehr schöne Erfahrung.

Herr Martin, es ist schön, dass die GRÜNEN mit so vielen Abgeordneten vor Ort waren. Die Frage ist aber: Haben alle Abgeordneten von Ihnen den Jugendlichen auch zugehört, und setzen Sie das auch wirklich in Politik um? Meine Damen und Herren, das ist doch die spannende Frage.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD – Zuruf Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die tolle Erfahrung dieses Jugendkongresses darf auf keinen Fall dadurch getrübt werden, dass die aufgestellten Forderungen im Landtag unter den Tisch fallen. So war es leider mit dem letzten Jugendkongress, der allein durch den Hessischen Jugendring umgesetzt wurde. Da es jetzt aber ein gemeinsames Projekt des Landtags und des Jugendrings ist, das vom Sozialministerium finanziell unterstützt wird, gibt es nun eine deutlich höhere Erwartungshaltung, dass die Forderungen ernst genommen werden und etwas umgesetzt wird.

Deswegen ist es richtig, dass die Abgeordneten, die teilgenommen haben, jetzt Patenschaften für einzelne Themenbereiche übernehmen sollen und sich damit verpflichten, die Forderungen der Jugendlichen in den Landtag zu bringen. Außerdem wird es Mitte Juni noch eine Follow-upVeranstaltung geben, bei der geschaut werden soll, was aus den Forderungen geworden ist. Ergo: Es muss sich jetzt auch etwas in den Themenbereichen bewegen, die den Jugendlichen wichtig waren:

(Beifall DIE LINKE)

besser ausgebauter ÖPNV, kostenfreie Tickets für alle Azubis, durchgängiger PoWi-Unterricht in allen Schulformen, mehr niedrigschwellige Therapieplätze und Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche, kostenfreie Menstruationsprodukte in allen öffentlichen Einrichtungen oder die Barrierefreiheit an allen hessischen Bahnhöfen – um nur ein paar Forderungen aufzugreifen.

Statt sich jetzt im eigenen Licht dieses Kongresses zu sonnen, ist es die Aufgabe der regierungstragenden Fraktionen, diese Forderungen aufzugreifen und Umsetzungsvorschläge zu machen. Das erwarten die Jugendlichen, und nicht die Selbstbeweihräucherung von Schwarz-Grün.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Danke an dieser Stelle noch einmal an den Hessischen Jugendring und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags, die diese Veranstaltung organisiert und umgesetzt haben.

Aber auch über den Jugendkongress hinaus gibt es keinen Grund für Eigenlob in Sachen Jugendbeteiligung in Hessen. Immer noch können Jugendliche ab 16 Jahren hier nicht wählen, nicht einmal auf kommunaler Ebene. Da sind viele andere Bundesländer schon deutlich weiter.

Auch sind die Kommunen in Hessen nicht verpflichtet, Beteiligungsorgane für Kinder und Jugendliche aufzubauen. Die Hessische Gemeindeordnung sieht an dieser Stelle immer noch eine Soll- und keine Mussregelung vor. Wir müssen einfach feststellen, dass die meisten Kommunen noch keine Kinder- und Jugendparlamente haben – und wenn es sie gibt, dann haben sie oft wenige politische Rechte. Meine Damen und Herren, auch da muss sich endlich mehr tun.

Auch die Beteiligungsrechte von Schüler-, Auszubildenden- und Studierendenvertretungen in Hessen könnten besser sein. Stattdessen werden die Interessenvertreter der jungen Menschen – das müssen wir im Landtag immer wieder erleben – im Zweifel von der Landesregierung zwar angehört, aber bei der Umsetzung von Gesetzesvorhaben letztlich doch ignoriert. Bestes Beispiel war die Schulpolitik während der Hochphase von Corona.

Natürlich ist es gut und begrüßenswert, dass wir in Hessen eine hauptamtliche Beauftragte für Kinder- und Jugendrechte haben. Aber warum haben wir sie denn? Wir haben sie, weil DIE LINKE jahrelang Druck gemacht hat, dass die Stelle endlich hauptamtlich sein sollte, weil man das ehrenamtlich einfach nicht leisten kann.

(Beifall DIE LINKE)

Was ich mich auch frage: Sie haben gerade von Kinderund Jugendrechte-Monitoring gesprochen. Das ist eine super Sache. Aber wo ist es? Es liegt nicht vor. Wann kommt das denn? Es ist also ein Fragezeichen, was mit dem Kinder- und Jugendrechte-Monitoring ist, das versprochen wurde. Ich kenne es nicht.

Insgesamt gibt es keinen Anlass für Eigenlob, sondern für politische Initiative. Hessen kann noch viel mehr zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention tun, bei der Jugendbeteiligung, aber vor allem auch – das haben wir heute wieder der Presse entnehmen müssen – bei der Bekämpfung von Kinderarmut. Die ist im reichen Hessen beschämend hoch. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)