Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Elisabeth Kula - Lehrkräftebildungsgesetz ist und bleibt ungenügend!

Elisabeth KulaBildung

In seiner 101. Plenarsitzung am 31. März 2022 diskutierte der Hessische Landtag aufgrund der 2. Lesung über das novellierten hessische Lehrkräftebildungsgesetz. Dazu die Rede von Elisabeth Kula, Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister! Das Lehrkräftebildungsgesetz ist eines der wichtigsten Gesetze, wenn es darum geht, die Qualität an unseren Schulen zu sichern und zu erhöhen. Es geht um nicht weniger als die Ausbildung unserer Lehrerinnen und Lehrer, die die zukünftigen Herausforderungen an unseren Schulen meistern und den Schülerinnen und Schülern einen möglichst guten Start in ihre Bildungsbiografie ermöglichen sollen. Es ist also eine Weichenstellung, wohin es mit der hessischen Schulbildung in den nächsten Jahren gehen wird.

Herr Falk, ich weiß nicht: Entweder Sie waren in einer anderen Anhörung, oder Sie haben einen anderen Gesetzentwurf als ich vorliegen.

(Günter Rudolph (SPD): Beides!)

Ich kann auf jeden Fall Ihren Ausführungen nicht folgen. In der Anhörung gab es wirklich sehr breite Kritik.

Nach der Anhörung, die wir im Kulturpolitischen Ausschuss durchgeführt haben, kann man eigentlich schon mit Fug und Recht behaupten, dass die Gesetzesnovelle diesen Anforderungen überhaupt nicht gerecht wird. Es ist ja das übliche parlamentarische Prozedere, dass die Opposition die Landesregierung kritisiert. Aber in diesem Fall war die Anhörung so verheerend für die Landesregierung, dass ich mich an Ihrer Stelle für diese Vorlage schon in Grund und Boden schämen würde.

(Beifall DIE LINKE)

Von Lehramtsstudis über Elternverbände bis zu Hochschulen und Lehrkräften – das Urteil zu diesem Gesetzentwurf war wirklich vernichtend. Die Anzuhörenden haben die gravierenden Mängel in dem Entwurf offengelegt, aber die Landesregierung hält weiterhin daran fest.

Immerhin sehen sich die regierungstragenden Fraktionen nach einer solchen Klatsche wahrscheinlich schon genötigt, noch ein paar Änderungen am Gesetzentwurf vorzunehmen. Es wurde angekündigt; bislang liegt noch nichts vor. Wir sind gespannt auf die dritte Lesung, die ich hiermit auch beantrage. Wir werden dann auch selbst Änderungsanträge vorlegen. Herr Lorz, eigentlich müssten Sie diesen Gesetzentwurf zurückziehen.

(Beifall DIE LINKE)

Die grundlegenden Entscheidungen, die Sie für diesen Gesetzentwurf getroffen haben, werden uns vor Riesenprobleme stellen. Der Kollege Degen hat es gerade eben schon bemerkt: Die Unis haben eigentlich gesagt, dass sie das so nicht umsetzen können.

Der größte Knackpunkt ist die Regelstudiendauer. Mit immer mehr Aufgaben wurden die Schulen in den letzten Jahren konfrontiert: Inklusion, Mehrsprachigkeit, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung usw. Aber für diese zusätzlichen Aufgaben gab es kaum oder zumindest zu wenig Entlastung an den Schulen, und auch in der Lehrkräfteausbildung spielten diese Themen bisher quasi gar keine Rolle.

Sie erkennen jetzt zum Glück an, dass diese Querschnittsthemen im Lehramtsstudium mehr Raum bekommen sollen. Gleichzeitig muss dieser Raum aber auch irgendwoher kommen. Wenn man das in das Lehramtsstudium reinpackt, dann muss die Regelstudienzeit eben auch angepasst werden. Stattdessen wird einfach immer mehr reingepackt und damit die Lerndichte auch erhöht.

Das Praxissemester soll jetzt verpflichtend werden. Das heißt, dass Studierende im Semester eine Praxisphase haben und nicht nebenbei arbeiten können und auch somit diese Zeit im Semester für das Lernen entfällt.

Im Grundschullehramt soll jetzt ein Langfach dazukommen. Ja, das ist eine KMK-Empfehlung, das stimmt, im Grundschullehramt ein Langfach zu studieren. Was Sie aber gerne unter den Tisch fallen lassen, ist, dass Hessen immer noch eine unterdurchschnittliche Studiendauer im Grundschullehramt von sieben Semestern hat. Wie sollen da jetzt noch Praxissemester und Langfach und die Querschnittsthemen dazukommen, ohne dass die Qualität des Studiums leidet? Das konnten Sie uns leider noch nicht erklären.

(Beifall DIE LINKE)

Durch die Bank weg haben das die Anzuhörenden scharf kritisiert, weil gerade das Grundschullehramt aufgewertet werden muss. Dem eklatanten Lehrkräftemangel in diesem Bereich muss endlich angemessen begegnet werden. Stattdessen werden die Kolleginnen und Kollegen immer noch mit schlechterer Bezahlung abgespeist als die Lehrkräfte der anderen Schulformen, haben eine höhere Pflichtstundenanzahl, und jetzt soll auch noch die Qualität des Studiums weiter abgesenkt werden. Ich finde, das ist eine absolute Frechheit, und das entspricht nicht den Empfehlungen der KMK. Herr Lorz, das Signal wird an den Unis und an den Grundschulen ankommen, da können Sie sich ganz sicher sein.

Für uns steht fest: Wir brauchen ein Lehramtsstudium von zehn Semestern für alle Lehrämter. Darunter kann es den Anforderungen an ein modernes Lehramt gar nicht gerecht werden.

Weitere Kritikpunkte waren die ohne Not vereinheitlichte Examensprüfung und der Wegfall der Zwischenprüfung, der insbesondere Studierende, die Punkte dafür bekommen, vor große Probleme stellt.

Insgesamt war diese Anhörung eine echte Ohrfeige für den

Kultusminister. Wir haben danach noch ein eigenes kleines Fachgespräch geführt, um einige Änderungsanträge zu erarbeiten. Wir werden sie zur dritten Lesung einbringen.

Eigentlich hat es dieser rückwärtsgewandte Gesetzentwurf nicht verdient. Man kann aus einem Esel kein Rennpferd machen, und man kann aus einem CDU-Kultusminister keinen Vorreiter für moderne Bildungspolitik machen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)