Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Elisabeth Kula zum Hessischen Archivgesetz

Elisabeth KulaBildungKultur

In seiner 109. Plenarsitzung am 12. Juli 2022 debattierte der Hessische Landtag zum Archivgesetz. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und kulturpolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute diskutieren wir über die Novelle des Hessischen Archivgesetzes, die doch relativ unspektakulär und unkritisch ausgefallen ist. Ich glaube, da sind sich die meisten Fraktionen hier einig, wie es auch schon anklang. Vor allem geht es um die Anpassung des Gesetzes an die Datenschutz-Grundverordnung. Außerdem werden Anpassungen aufgrund der Neustrukturierung des Landesarchivs und der Umbenennung des Hessischen Landesamts für geschichtliche Landeskunde in Hessisches Institut für Landesgeschichte vorgenommen.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich kurz auf die Rechte aller Hessinnen und Hessen legen, die das Archivgut des Landes und aller öffentlichen Einrichtungen sichten und nutzen wollen. In dieser Frage stellt der Gesetzentwurf eine kleine Verbesserung für die Nutzerinnen und Nutzer von Archivgut dar. Jetzt gibt es ein grundsätzliches Recht auf die Nutzung des hessischen Archivguts, und das ist grundsätzlich zu begrüßen. Jetzt müssen im Streitfall die Archive darlegen, warum eine Nutzung von Archivgut, auch solchem, das einer Schutzfrist unterliegt, verboten sein soll. Vorher war es so, dass die Nutzerinnen und Nutzer beweisen mussten, dass die Nutzung des Archivguts aus einem berechtigten Interesse erfolgt. Außerdem sollen Schutzfristen künftig verkürzt werden können. Das sind Verbesserungen, und die begrüßen wir natürlich.

(Beifall DIE LINKE)

Davon bleiben leider weiterhin die Bestimmungen der Verschlusssachenanweisung für das Land Hessen unberührt. Dort sind weiterhin Sperrfristen von unsäglichen 120 Jahren möglich, wie sie bei allen Akten mit Bezug zu V‑Leuten des Verfassungsschutzes, z. B. bei Teilen der NSU-Akten, aufgesetzt waren, nach massivem öffentlichen Protest und einer Petition zur Freigabe der Akten, die von über 94.000 Menschen unterzeichnet wurde, aber auf 30 Jahre zurückgestuft wurden. Wir sind davon überzeugt, dass Akten, deren Offenlegung in öffentlichem Interesse ist, unter Berücksichtigung des Schutzes von handelnden Einzelpersonen öffentlich zugänglich sein sollten, auch für Wissenschaft und Forschung. Gerade im Fall der NSU-Akten sind wir das den Hinterbliebenen der Ermordeten eindeutig und dringend schuldig.

(Beifall DIE LINKE)

Darüber hinaus sind wir mit dem Gesetzentwurf durchaus einverstanden und freuen uns auf die weiteren Beratungen.

(Beifall DIE LINKE)