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Rede

Elisabeth Kula zum Hessischen Lehrerbildungsgesetz

Elisabeth KulaBildung

In seiner 103. Plenarsitzung am 11. Mai 2022 debattierte der Hessische Landtag zum Hessischen Lehrerbildungsgesetz. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde in der dritten Lesung des Gesetzentwurfs nicht mehr die vollumfängliche Kritik an dem Gesetzentwurf darstellen können. Das habe ich schon in der ersten und zweiten Lesung zu Genüge getan. Aber ein paar zentrale Punkte will ich auch heute noch einmal herausstellen.

Schon in der Regierungsanhörung sind die zentralen Mängel an diesem Gesetzentwurf herausgearbeitet worden. Diese Kritik hat sich dann in der Landtagsanhörung wiederholt und wurde von den meisten Expertinnen und Experten umfänglich geteilt. Daher haben wir erwartet, dass nach der Anhörung umfassendere Änderungsanträge von Schwarz-Grün kommen würden; denn dies war auch ein bisschen angekündigt worden. Allerdings sind die Änderungen mehr oder weniger kosmetischer Art. Während die Studierenden eine verlängerte Regelstudienzeit einforderten, wird ihnen nun aufgetragen, ihr Portfolio digital zu führen. Während sie eine gerechte Entlohnung für ihre Praktika fordern, wird ihnen lediglich gesetzlich ermöglicht, diese auch in Teilzeit zu absolvieren. An den realen Bedürfnissen und Lebenssituationen geht dieser Gesetzentwurf wirklich noch immer komplett vorbei.

Deswegen haben wir einen Änderungsantrag mit den aus unserer Sicht notwendigsten Änderungen eingebracht. Es sind sicherlich nicht alle, die sinnvoll wären, aber zumindest enthalten sie zwei zentrale Änderungen. Unter anderem geht es darum, die Vereinheitlichung der Staatsexamensprüfung zurückzunehmen. Dazu hat Kollege Degen gerade etwas gesagt. Dies ist totaler Unsinn; denn es schränkt die Freiheit von Forschung und Lehre ein. Es überrascht uns, dass Sie genau an dieser unsinnigen Stelle auf Einheitlichkeit setzen und gleichzeitig, wann immer möglich, gegen die Einheitsschule wettern, also gegen eine Schule, auf die alle gehen. Es ist gut und wertvoll, dass die Hochschulen ihre besonderen und individuellen Stärken und Schwerpunkte haben. Deswegen können wir nicht einsehen, warum an dieser Stelle Einheitlichkeit auf einmal so wichtig sein soll.

(Beifall DIE LINKE)

Vielmehr hätte das Gesetz z. B. regeln können, dass der Zugang zu Seminaren und Vorlesungen für Gasthörerinnen und -hörer sowie der Quereinstieg in das Lehramt erleichtert werden.

Unser umfangreichster Änderungsvorschlag bezieht sich aber sicherlich auf die Erhöhung der Regelstudiendauer auf zehn Semester für alle Lehramtsstudiengänge. Diese Zeit braucht es einfach, um den Anforderungen dieses Berufs nach dem Studium wirklich gerecht werden zu können. Darin waren sich die allermeisten Anzuhörenden einig. Aktuell fühlen sich viele Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst ins kalte Wasser geworfen. Nicht wenige schmeißen auch wieder hin. Das können wir uns angesichts des eklatanten Lehrkräftemangels – gerade im Grundschulbereich – einfach nicht leisten.

Alles in allem finden sich hier wenige Verbesserungen; und es ist nicht an die Lebenswirklichkeit der Betroffenen angepasst. Vielmehr ist zu befürchten, dass durch die Einführung eines Langfachs im Grundschullehramt im Endeffekt die Qualität im Studium sogar noch sinken könnte, weil mehr Inhalte in einer sowieso schon viel zu knapp bemessenen Studienzeit platziert werden müssen.

Neben unseren Änderungsvorschlägen gibt es in dem Gesetzentwurf noch viele weitere Punkte, die mich nicht überzeugt haben. Auf der Höhe der Zeit wäre aus unserer Perspektive ein Lehrkräftebildungsgesetz, welches Themen wie Digitalisierung, Inklusion und den Ganztag nicht nur als sogenannte Querschnitts- und Randthemen behandelt und nicht nach Schulformen unterscheidet – Herr Dr. Falk, da sind wir weit auseinander –, sondern wo es Lehrämter für Grund-, weiterführende Schulen und Berufsschulen gibt, die in jeder Schulform unterrichtet werden können. So würde ein modernes Lehrkräftebildungsgesetz tatsächlich aussehen.

Davon abgesehen, bleibt der Lehrkräftemangel bestehen.

Mit diesem Gesetzentwurf wird die Attraktivität des Grundschullehramts sicherlich nicht gestärkt, eher im Gegenteil. Dabei hätten die kleinsten Schülerinnen und Schüler eigentlich die bestausgebildeten Lehrkräfte verdient, die genauso gut besoldet werden wie ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Schulformen. Auch hätten sie bessere Arbeitsbedingungen verdient. Leider ist das Grundschullehramt für die Landesregierung scheinbar weiterhin ein Lehramt zweiter Klasse. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf daher weiterhin ab und werben für Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall DIE LINKE)