Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heide Scheuch-Paschkewitz - Der Bannwald muss besser geschützt werden

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzLandwirtschaft und TierschutzUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 96. Plenarsitzung am 22. Februar 2022 diskutierte der Hessische Landtag das Gesetz zur Stärkung des Schutzes des Bannwaldes in Hessen. Dazu die Rede unserer umweltpolitischen Sprecherin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, verehrte Gäste! Den Wald vor großen und klimaschädlichen Eingriffen zu schützen, das sollte mit dem Gesetz zur Stärkung des Bannwaldes geschehen. Doch genau diese verhindert das Gesetz bis heute nicht.

Mit unserem Antrag sind wir nun zum zweiten Mal gescheitert. Wie im Jahre 2015 wollen die GRÜNEN, die CDU, die SPD und die FDP den Weg für einen weiteren Flughafenausbau offen halten. Die für das Gemeinwohl unersetzlichen Wälder zu schützen, sollte die Aufgabe dieses Gesetzes sein. Aber ein Bannwaldgesetz, das den Wald nicht vor einem großen, flächenverbrauchenden Flughafen schützt, ist einfach nur Greenwashing.

In der Klimakrise darf es nicht mehr selbstverständlich sein, dass Bannwald für einen Flughafen- oder einen Autobahnausbau gerodet wird. Es ist bezeichnend, dass alle anderen Fraktionen im Landtag die Türen für Wachstum und ein ökologisch verheerendes Mobilitätsverhalten offen halten wollen. Das zeigt, dass Sie Ihr Handeln nicht an die Herausforderungen des Klimawandels anpassen wollen. Die einen leugnen, dass der Klimawandel menschengemacht ist; die anderen wollen nicht akzeptieren, dass wir die Klimakrise im Rahmen einer wachstumsorientierten Ökonomie nicht werden stoppen können.

(Beifall DIE LINKE)

Die Lärmbelastung durch den Flughafen und der ökologische Fußabdruck des Flughafens sind schon lange viel zu groß. Anstelle eines Wachstumsermöglichungsgesetzes bräuchten wir ein Schrumpfungskonzept für den Flughafen. Doch die schwarz-grüne Landesregierung kennt nur das Primat der Ökonomie.

Schon lange kämpfen wir dafür, auf Kurzstreckenflüge komplett zu verzichten, erst in Deutschland und in einem zweiten Schritt auch in die Nachbarländer. Die Landesregierung lehnte das ab und setzt auf Wasserstoff. Wir wollen, dass wenigstens die Landesbediensteten nicht mehr auf Kosten des Gemeinwohls in Deutschland fliegen. Ich erinnere an unseren Vorschlag, ein Reisekostengesetz zu verabschieden. Die Landesregierung lehnte das ab und setzt stattdessen auf eine Kompensation durch Zertifikate. Wasserstoff, den wir noch nicht haben und der die Flugzeuge nicht leiser macht, und eine Klimakompensation, von der wir nicht sagen können, ob sie auch nur 1 g CO2 zusätzlich einspart, sind keine Teile des Weges in eine klimagerechte Zukunft bis 2035.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Entscheidungen setzen weiterhin auf den Wachstumspfad und sichern Privilegien, nicht aber den Wald und unsere Zukunft. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir sind nicht gegen den Flughafen, sondern wir sind für eine Begrenzung der Anzahl der Flugbewegungen, für die Verlagerung der Nutzung von Kurzstreckenflügen auf die Nutzung des Zugverkehrs und gegen den weiteren Ausbau des Flugverkehrs.

Ich komme zu Ihrem Änderungsantrag zur eigenen Gesetzesvorlage. Den Kiesabbau im Bannwald zukünftig auszuschließen, ist absolut notwendig. Dies wird aber von der schwarz-grünen Gesetzesänderung nicht garantiert. Darüber hinaus müssen auch die aktuellen Rodungen für den Kiesabbau auf den Prüfstand gestellt werden. Wie sich gezeigt hat, handelt es sich beim Kiesabbau nicht nur um eine Zwischennutzung, wie das Regierungspräsidium Darmstadt und das Gericht es darstellen. Auf Nachfrage musste die hessische Umweltministerin eingestehen, dass nicht sicher ist, dass auf den ausgekiesten Flächen jemals wieder richtiger Wald wachsen wird. Die Wiederaufforstung der Flächen ist aber ein Teil der Genehmigung. Kann sie nicht garantiert werden, darf kein weiterer Wald für den Kiesabbau fallen.

(Beifall DIE LINKE)

Zum wiederholten Male fordern wir daher ein Rodungsmoratorium, bis diese Frage geklärt ist.

Hinter den vorgeblich besseren Schutz des Bannwaldes haben die Regierungsfraktionen nochmals ein Fragezeichen gesetzt. Mit einem Änderungsantrag zu Ihrem eigenen Gesetzentwurf wurde der zentrale Passus, dass zukünftig Vorranggebiete für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten nicht in gesetzlich geschützten Bannwäldern festgelegt werden dürfen, aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Jetzt wird nur noch auf den Landesentwicklungsplan verwiesen, in dem ein Text gleichen Inhalts steht. Das ist frech, weil das Parlament den Landesentwicklungsplan ja nur abnickt. An seinem Zustandekommen ist dieses Haus nicht wirklich beteiligt. Stünde die genannte Formulierung im Gesetz, wäre eine Änderung nur durch einen Antrag auf Gesetzesänderung möglich. So aber, wie die GRÜNEN und die CDU es eingetütet haben, genügt zur Änderung dieser zentralen Bestimmung eine Rechtsverordnung der Landesregierung. Ein guter Schutz für den Wald ist das nicht.

(Beifall DIE LINKE)

So oder so müssen wir den Umfang des Kiesabbaus reduzieren. Was ist zu tun, um die fehlenden Baumaterialien zu ersetzen? Erstens. Alte Gebäude müssen in ihrer Substanz erhalten und, wann immer möglich, umgenutzt werden. Das ist zwar nicht immer perfekt – heute würde man vermutlich eine andere Architektur bevorzugen –, aber wir müssen damit aufhören, immer alles neu bauen zu wollen. Das ist eine reine Ressourcenverschwendung, die wir uns nicht mehr lange leisten können.

Zweitens. Wir müssen mehr Baumaterial als bisher recyceln.

Drittens. Wir müssen deutlich mehr mit nachwachsenden

Rohstoffen bauen. Der Einsatz von Beton und Mauerwerk muss auf das Äußerste reduziert werden. Das sollte die Landesregierung aber nicht erst in zehn Jahren umsetzen, sondern das muss jetzt zum Standard für alle öffentlich geförderten und genutzten Gebäude gemacht, d. h. noch in dieser Legislaturperiode allgemein verbindlich umgesetzt werden. Die Schweiz könnte hier als Vorbild dienen.

Einige mögen jetzt denken, dass ich das Thema verfehlt habe, weil ich über den Flughafenausbau und über nachhaltiges Bauen gesprochen habe, wo es doch um den Schutz des Bannwaldes gehen soll. Wir sind der Meinung, wenn wir die Wälder und deren ökologische Leistung ernsthaft schützen wollen, weil wir sie für überlebenswichtig halten, dann muss die Art unseres Wirtschaftens deutlich ökologischer und sozialer werden. Die Geschichte des Bannwaldes im Rhein-Main-Gebiet zeigt doch exemplarisch: Solange die Regierung immer nur dem Wachstumszwang unseres Wirtschaftssystems nachgibt, wird kein Gesetz der Welt die Umwelt und die Natur schützen können.

(Beifall DIE LINKE)

Es gilt die alte hessische Weisheit: Erst wenn der letzte Baum gefallen ist, werden die GRÜNEN und die Leute von der CDU merken, dass man auch in Hessen vom Flughafen allein nicht leben kann.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE)