Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heide Scheuch-Paschkewitz: Landesregierung ist nicht in der Lage, die Umweltgesetzgebung umzusetzen

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzLandwirtschaft und Tierschutz

In seiner 84. Plenarsitzung am 30. September 2021 diskutierte der Hessische Landtag zum Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Naturschutz. Dazu die Rede unsere landwirtschaftspolitischen Sprecherin Jan Schalauske.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Von mir dann etwas Wasser in den Wein der Lobpreisung der Hessischen Landesregierung. Es ist richtig, dass der Biodiversitätsverlust nur mit Mitteln des Naturschutzes gestoppt werden kann. Ohne eine grundlegende Änderung der Produktion von Nahrungsmitteln und Gebrauchsgütern und ohne eine Veränderung des Konsum- und Mobilitätsverhaltens werden wir weder das Artensterben noch den Klimawandel stoppen können.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb ist die angestrebte Kooperation sinnvoll, um die landwirtschaftlichen Produzenten stärker als bisher für eine Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft zu gewinnen. Sie ist aber schon lange überfällig.

Ein großes Defizit ist, dass die Kooperation auf Landwirtschafts- und Umweltverbände sowie die Landesregierung beschränkt ist. Vor allem der Handel, die Nahrungsmittelindustrie und die chemische Industrie fehlen. Sie setzen aber nicht zuletzt über ihre Gewinninteressen die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Produktion. Sie sind es, die einem sozial-ökologischen Umbau der Landwirtschaft in Brüssel, in Berlin und auch in Wiesbaden mit ihrem Lobbyismus entgegenstehen.

(Beifall DIE LINKE)

Darüber könnte und sollte die Landesregierung einmal Auskunft geben. Die angestrebte Kooperation kann aber nicht über die großen Versäumnisse der Landesregierung der vergangenen Jahre hinwegtäuschen. In der Vereinbarung bekennt man sich dazu, die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Da kann man nun wirklich nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. Die Umsetzung ist nämlich bereits seit 21 Jahren Aufgabe und sollte eigentlich 2015 erledigt sein. 2018 aber befanden sich gerade einmal 15 % der hessischen Fließgewässer in einem guten ökologischen Zustand.

Weiterhin leistet sich die Hessische Landesregierung die größte Flussversalzung in ganz Europa. Ohne absehbares Ende sollen Salzmengen auf dem Niveau des Zweiten Weltkriegs in die Werra eingeleitet werden. Ginge es nach dem Willen von K+S, wären es ab Anfang Januar kommenden Jahres noch mehr.

Gleiches trifft auf die Umsetzung der Hessischen Biodiversitätsstrategie zu, wie unsere Große Anfrage zutage förderte. Das lange geforderte Insekten-Monitoring soll nun endlich konkret werden. Der hessische Pestizidreduktionsplan existiert noch immer nur im Koalitionsvertrag, wird dafür aber schon jetzt zum zweiten Mal als Maßnahme angekündigt.

Wir haben allerdings keinen Mangel an angekündigten Strategien und Maßnahmen. Die zahlreichen Vertragsverletzungsverfahren der EU zeigen, dass die Landesregierung nicht in der Lage ist, die aktuelle Umweltgesetzgebung in Hessen durchzusetzen.

Wie beim Klimaschutz haben wir ein Umsetzungsproblem. Da hilft es wenig, wenn Maßnahmen immer wieder angekündigt werden, aber eben unverbindlich bleiben. Das A und O für den Naturschutz, den Erhalt der Biodiversität und unsere Nahrungsmittelproduktion auf den Äckern ist der Erhalt dieser. Die Flächenversiegelung muss endlich gestoppt werden.

Jetzt gibt es ein Datum, ab dem keine Flächen mehr versiegelt werden dürfen, nämlich 2040. Ihre aktuelle Vorgabe, maximal 2,5 ha pro Tag, hält die Landesregierung aber nicht ein. Trotz der Nachhaltigkeitsstrategie – an Strategien mangelt es nicht – verlieren wir unter grüner Führung jährlich viele Hundert Hektar bester Ackerböden für Logistikund Verkehrsflächen. Eine Fläche von durchschnittlich 2,28 ha verschwindet täglich unter Beton und Asphalt. Diese Zahlen stammen aus dem Jahr 2019. Unter der Aufsicht von Tarek Al-Wazir wurde die Hessische Landgesellschaft zu einer Versiegelungs-GmbH für die Logistikbranche. Das muss endlich aufhören.

(Beifall DIE LINKE)

Die Regierung hat mehr als ein Umsetzungsproblem. Schwarz-Grün redet über eine Wende, über den ökologischen Umbau, bekommt dies aber nicht umgesetzt, weil der Richtungsstreit in der Koalition die notwendigen Entscheidungen blockiert. Es reicht aber nicht, wenn nur die Ankündigungen noch grün sind und sich die Realpolitik nach Jahren kaum von der einer schwarz-gelben Regierung unterscheidet.

(Beifall DIE LINKE)