Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz - LINKES Petitionsgesetz stärkt die Rechte der Petent:innen

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzRegierung und Hessischer Landtag

In seiner 74. Plenarsitzung am 19. mai diskutierte der hessische Landtag über die geplanten Änderungen im Petitionsrecht. Auch wir haben einen eigenen Entwurf für ein neues Petitionsgesetz vorgelegt. Unsere Obfrau im Petitionsausschuss, Heidemarie Scheuch-Paschkewitz stellt ihn vor.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Mitgliedern des Petitionsausschusses für die in den meisten Fällen kollegiale und konsensuale Zusammenarbeit bedanken. Gewährleistet wird dies unter anderem auch durch die überaus kompetente und engagierte Mit- und Zuarbeit des gesamten Referates. Vielen herzlichen Dank auch hierfür.

(Allgemeiner Beifall)

Petitionen sind ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Demokratie – und ein überaus wichtiges Mittel der Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger.

Bis jetzt gibt es hierzu jedoch nur vereinzelte Regelungen in der Geschäftsordnung des Hessischen Landtages. Der gemeinsame Entwurf der die Regierung tragenden Fraktionen sowie der SPD- und der FDP-Fraktion macht deutlich, dass es gestiegene Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger an ein modernes Petitionsrecht gibt. Er zeigt auch die besondere Bedeutung der Möglichkeit, eine Petition einzureichen.

Der Status quo wird dem nicht mehr gerecht. Zu diesem Problem zeigt der Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen sowie der SPD- und der FDP-Fraktion aber keine weitreichenden, zukunftsfähigen Lösungen auf.

Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass der Versuch, einen gemeinsamen, mit allen Fraktionen abgestimmten Entwurf einzubringen, am Veto der regierungstragenden Fraktionen gescheitert ist, gemeinsame Anträge unter anderem mit unserer Fraktion einzubringen, so wie etwa beim Untersuchungsausschussgesetz. Nun bringen wir somit einen eigenen Entwurf ein.

Im Sinne einer inklusiven Gesellschaft sieht unser Vorschlag bei der Form der Petition auch eine Einreichung in Brailleschrift sowie in Gebärdensprache mit Blick auf die Barrierefreiheit vor. Auch die Möglichkeit der Einreichung gemeinsamer Petitionen durch Straf- oder Untersuchungshaftgefangene wird im Vorschlag der regierungstragenden Fraktionen sowie der SPD- und der FDP-Fraktion unnötig stark beschränkt. Die Möglichkeiten der Einschränkung einer gemeinsamen Petition sind unseres Erachtens viel zu offen formuliert, und das könnte einer willkürlichen Behandlung seitens der Justizverwaltung Tür und Tor öffnen. Eine Untersagung ist schon dann möglich – ich zitiere –, „wenn dies zur Verhinderung der Kontaktaufnahme mit Mitgefangenen oder der Außenwelt erforderlich ist“. „Erforderlich“ ist hierbei wenig konkret.

Wir sehen allerdings in Art. 16 der Verfassung des Landes Hessen, dem zufolge Petitionen einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen eingereicht werden können, ein sehr starkes Recht.

(Beifall DIE LINKE)

In unserem Gesetzentwurf können gemeinsame Petitionen in Justizvollzugsanstalten z. B. nur dann untersagt werden, wenn die gemeinschaftliche Arbeit an dem Dokument die Sicherheit und Ordnung der Anstalt oder der verwahrenden Einrichtung erheblich gefährden würde.

Wir sehen in der Schaffung eines hessischen Petitionsgesetzes nicht nur die Möglichkeit, den bisherigen Umgang mit Petitionen in ein Gesetz zu gießen, sondern wir möchten die Rechte der Petentinnen und Petenten stärken.

Dem Petitionsausschuss soll die Möglichkeit zustehen, im

Rahmen seiner Zuständigkeit die Beteiligten sowie Zeugen und Sachverständige anzuhören. Bei der Erreichung des Quorums von mindestens 1.500 Mitzeichnern und Mitzeichnerinnen soll die Vertrauensperson der Petentinnen und Petenten öffentlich angehört werden.

Der von den anderen Fraktionen vorgelegte Vorschlag sieht nur die wenig weitreichende Möglichkeit der Abhaltung eines Ortstermins oder eines runden Tisches vor. Zum einen steht die Entscheidung hierüber alleine dem Berichterstatter bzw. der Berichterstatterin zu. Zum anderen sollen an diesen Terminen dann auch nur Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung sowie beteiligter Behörden teilnehmen. Ein weiter gehender Kreis von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, etwa erweitert um Zeugen oder die Petenten selbst, ist nicht vorgesehen.

Auch finden sich in dem Vorschlag der anderen Fraktionen weitreichende Verweigerungsmöglichkeiten: So dürfen Auskunft sowie Zugang zu Einrichtungen nicht nur verweigert werden, wenn aufgrund anderer Gesetze eine Geheimhaltung vorgesehen ist, sondern auch dann, wenn – ich zitiere – „sonstige zwingende Sicherheits- oder Geheimhaltungsgründe bestehen.“ Was genau solche zwingenden Gründe – neben den gesetzlich ohnehin vorgesehenen – sind, bleibt offen.

Laut dem Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen sowie der SPD und der FDP soll von der sachlichen Behandlung einer Petition dann abgesehen werden, wenn es um ein rechtskräftig abgeschlossenes Gerichtsverfahren geht, dessen Wiederaufnahme oder Abänderung bezweckt werden soll. Unser Vorschlag geht hier weiter und berücksichtigt die Möglichkeit besonders gelagerter Fälle. In diesen Fällen kann die Zweckmäßigkeit der Maßnahme überprüft und eine Abänderung empfohlen werden.

Zum Schutz der Petentinnen und Petenten sowie weiterer beteiligter Personen sieht unser Entwurf vor, dass den Mitgliedern des Petitionsausschusses sowie den beteiligten Mitarbeitern ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Außerdem ist in diesem Zusammenhang auch eine Beschlagnahme von Schriftstücken und Datenträgern ausgeschlossen. Eine solche Regelung fehlt in dem Gesetzentwurf von Schwarz-Grün, Gelb und Rot gänzlich. Eine Weiterleitung personenbezogener Daten an die Landesregierung und andere öffentliche Stellen durch den Petitionsausschuss in Wahrnehmung seiner Rechte wäre uneingeschränkt möglich. Laut dem Gesetzentwurf der Linksfraktion muss das Einverständnis der Petentin bzw. des Petenten vorausgesetzt werden.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzend, und in dem Wunsch, die Petenten bei der Verbreitung ihrer Petition zu unterstützen, möchten wir nicht nur, dass die Petition auf der Seite des Landtages veröffentlicht wird, sondern es soll in einem solchen Fall auch die Option der Mitzeichnung der Petition durch weitere Petenten geben.

Der Gesetzentwurf unserer Fraktion sieht vor, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen zurückgestellt werden, sofern sich die Petition gegen diese Maßnahmen richtet.

(Beifall DIE LINKE)

Solange der Landtag die Petition prüft, darf keine Abschiebung stattfinden. Für die Durchführung des Petitionsverfahrens ist eine Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich; deshalb wird klargestellt, dass ein laufendes Verfahren einen Grund für eine Duldung darstellt. Hiermit wird das Recht jeder Person, sich mit einer Petition an den Hessischen Landtag zu wenden, durchgesetzt. Außerdem ist eine solche Vorgehensweise in Hessen schon lange Praxis. Dies sollte dann auch gesetzlich geregelt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz (DIE LINKE):

Letzter Satz: Was die Formulierung, dass Petitionen einfach und zweckmäßig zu behandeln seien, zu bedeuten hat, bedarf noch einer weiteren Aufklärung. Jede Petition ist ein sogenannter Einzelfall und bedarf der sorgfältigen Prüfung. Hier darf es nicht um Schnelligkeit vor Genauigkeit gehen – auch und gerade mit Blick auf weitere Legislaturperioden. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)