Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz: Sofortige Abschaffung der Straßenbeiträge ist möglich

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzKommunalesVerkehr

In seiner 129. Plenarsitzung am 16. Februar 2023 diskutierte der Hessische Landtag zu den Straßenausbaubeiträgen. Dazu die Rede von Heidemarie Scheuch-Paschkewitz.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste!

„Und täglich grüßt das Murmeltier“ hat Kollegin Goldbach von den GRÜNEN gesagt, als wir hier genau vor drei Wochen das letzte Mal über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge diskutiert haben. Der Anlass war ein Gesetzentwurf unserer Fraktion.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Murmeltier kommt wieder!)

Ab jetzt werde ich aber der Einfachheit halber nur das Wort „Straßenbeiträge“ benutzen.

Heute nimmt die SPD einen weiteren Anlauf, ja. Es hat tatsächlich etwas von „Und täglich grüßt das Murmeltier“, aber eben nicht nur für uns hier im Landtag, sondern auch und vor allem für die Bürgerinnen und Bürger da draußen in Hessen, insbesondere im ländlichen Raum.

(Zuruf Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD))

Sie sind es, die weiterhin und immer wieder die unsozialen, ungerechten und unsinnigen Straßenbeiträge zahlen müssen. Das ist doch das eigentliche Problem.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Solange es die Straßenbeiträge gibt, werden wir weiter für ihre Abschaffung kämpfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Grün, wenn das Thema Sie nervt und Ihnen zum Hals raushängt, dann räumen Sie es doch ab. Nehmen Sie sich ein Beispiel an NRW und an vielen anderen Bundesländern. Beenden Sie den hessischen Sonderweg. Schaffen Sie die Straßenausbaubeiträge endlich ab.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Danach – das verspreche ich Ihnen – lassen wir Sie mit diesem Thema auch in Ruhe.

(Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD): Versprochen!)

Leider sind Sie zu so einem Schritt nicht bereit. Das hat die zweite Lesung unseres Gesetzentwurfs noch einmal eindrucksvoll gezeigt. Da haben Sie, Frau Goldbach – und auch Herr Bauer von der CDU –, wieder einmal den Fünf-Punkte-Maßnahmenplan rauf- und runterdekliniert. Mit keinem Wort sind Sie aber darauf eingegangen, dass die Wirksamkeit dieser Maßnahmen von den Bürgerinitiativen Punkt für Punkt widerlegt werden kann. Die spürbaren Verbesserungen, von denen Sie hier gesprochen haben, sind vor Ort noch überhaupt nicht angekommen.

Das ist das Problem, meine Damen und Herren. Schauen Sie sich doch einmal die schriftliche Stellungnahme der AG Straßenbeitragsfreies Hessen an. Dort können Sie Schritt für Schritt nachvollziehen, warum die vermeintlichen Lösungen – Stichworte: kommunale Wahlfreiheit, wiederkehrende Beiträge, Ratenzahlung usw. usf. – eben gar keine Lösungen sind, sondern nur neue Probleme schaffen.

(Beifall DIE LINKE)

Unter anderem wird die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse weiter untergraben. Die finanziellen Belastungen für die Betroffenen bleiben hoch. Die Möglichkeit der Ratenzahlungen wird vor Ort nicht umgesetzt, und die rechtlichen Auseinandersetzungen dauern an, usw. usf. Diese Probleme sind real. Daher können Sie doch nicht einfach so tun, als ob es das alles nicht gäbe. Das ist doch Augenwischerei. Entsprechend waren auch die Rückmeldungen der Betroffenen und der Bürgerinitiativen, die die Debatte zum Teil auch im Landtag verfolgt haben und dies heute wieder tun.

Es gab große Wut, Enttäuschung und Unverständnis über die Haltung der Regierungsfraktionen. Da war von – ich zitiere – „Bürgerferne“, „Inkompetenz“ und „Arroganz der Macht“ die Rede. Einzelne Redebeiträge wurden gar – ich zitiere wieder – als „beschämend“ und „jämmerlich“ beschrieben. Diese Wortwahl mag Ihnen nicht gefallen, aber es sollte Ihnen doch zu denken geben, wie die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wahrnehmen, was hier im Landtag passiert. Statt uns also Populismus vorzuwerfen, sollten Sie die Sorgen und Nöte der Menschen lieber ernst nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und der CDU.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Angesichts der schwarz-grünen Blockadehaltung ist es gut und wichtig, dass die SPD die Abschaffung der Straßenbeiträge mit einem eigenen Gesetzentwurf noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt hat.

(Beifall Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD))

Der Entwurf unterscheidet sich in der Herangehensweise etwas von unserem Gesetzentwurf. Es findet sich darin weder eine rückwirkende Regelung noch ein Härtefallfonds für die Betroffenen. Wir sind überzeugt, dass der von uns vorgelegte Gesetzentwurf an diesen Punkten eine bessere Lösung enthält. Als LINKE vertreten wir jedoch den Grundsatz, dass an uns nichts scheitern soll, was Betroffenen unmittelbar hilft und grundsätzlich in die richtige Richtung weist.

(Beifall DIE LINKE und Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD))

In diesem Sinne werden wir dem vorliegenden Gesetzentwurf der SPD zustimmen. Zugleich möchten wir Sie aber daran erinnern, welches Versprechen Sie hier beim letzten Mal gegeben haben. Die SPD werde die Straßenbeiträge in Regierungsverantwortung abschaffen, hat Günther Rudolph gesagt.

(Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD): Genau!)

Bis zur Landtagswahl ist es ja noch ein bisschen hin. Bis dahin könnten Sie zumindest dafür sorgen, dass die SPD auch in den Kommunen geschlossen für die Abschaffung der Straßenbeiträge eintritt.

(Tobias Eckert (SPD): Auf Landesebene für alle! Das ist der Unterschied!)

Da ist bisher nämlich durchaus noch Luft nach oben. Das müssen Sie ehrlicherweise zugeben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

(Beifall DIE LINKE)

Ein uns beiden – Herr Rudolph ist jetzt leider nicht im Raum –, Herrn Rudolph und mir, bestens bekanntes Beispiel dafür ist meine eigene Kommune. Dort wurden die Straßenbeiträge mithilfe der sogenannten bürgerlichen Parteien – hört, hört – abgeschafft, gegen die Stimmen der sogenannten linken Parteien, der SPD und der GRÜNEN, die bei uns als Lösung die wiederkehrenden Beiträge beantragt hatten.

In diesem Sinne lassen Sie uns den hessischen Sonderweg endlich beenden. Lassen Sie uns gemeinsam die Straßenbeiträge abschaffen. Es ist allerhöchste Zeit. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)