Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz zum Grünen Band

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 124. Plenarsitzung am 24. Januar diskutierte der Hessische Landtag über das Naturmonument "Grünes Band Hessen". Dazu die Rede unserer naturschutzpolitischen Sprecherin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Wir als LINKE freuen uns immer, wenn neue Flächen als Naturschutzflächen ausgewiesen werden, ein Nationalpark erweitert wird oder andere Unterstützungen von Umweltprojekten erfolgen. Doch leider reicht das nicht aus, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Denn sosehr wir uns auch über die kleinen Erfolge für Umwelt und Klima freuen, so schlecht steht es insgesamt um den Naturschutz in Hessen.

An dieser Stelle möchte ich unsere Große Anfrage zur Bilanz der Biodiversitätsstrategie in Hessen erwähnen. Sie offenbarte den mangelhaften Erhaltungszustand vieler Naturschutzflächen.

Lassen Sie uns einen Blick auf den Naturschutz werfen. Der Artenschwund auf Hessens Wiesen, Feldern und Äckern ist nicht zu bremsen – schon gar nicht mit dieser schwarz-grünen Landesregierung. Insektensterben, Vogelsterben, Fischsterben – der Erhaltungszustand fast aller Naturschutzflächen in Hessen hat sich dramatisch verschlechtert. Durch den Klimawandel kommen ganze Lebensraumtypen abhanden. Feuchtgebiete und Flüsse wie die Nidda fallen teilweise im Sommer trocken. Hessen verfehlt ausgerechnet unter einer grünen Umweltministerin alle selbst gesetzten Ziele im Arten- und Biotopschutz.

Allerdings wissen wir um die historisch wichtige Bedeutung des sogenannten Grünen Bandes innerhalb des europäischen Biotopverbundes und unterstützen das ausdrücklich. Aber wenn wir in allen anderen Bereichen einfach weitermachen wie gewohnt, ist die Unterschutzstellung von Flächen, um die „Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts“ zu sichern, wie es im Gesetz heißt, abwegig.

Seit vielen Jahren diskutieren wir diese überlebenswichtigen Themen auch hier im Hessischen Landtag. Aber welche Fortschritte wurden bei der Umsetzung gemacht? Was ist aus der angekündigten Pestizidstrategie geworden? Was ist aus dem Ziel geworden, die Versiegelung von Äckern, Grünflächen und Wäldern auf 2,5 ha pro Tag zu reduzieren? Welcher Fortschritt ist bei der energetischen Gebäudesanierung oder beim Gewässerschutz zu verzeichnen? Denn noch immer ist die Werra der salzigste Fluss in Deutschland.

(Beifall DIE LINKE)

Mit keinem Naturschutzprojekt der Welt lassen sich die negativen Folgen von Intensivlandwirtschaft, Flächenversiegelung, CO2-Freisetzung, Ressourcenverbrauch und Flussversalzung ausgleichen. Ohne einen sozial-ökologischen Umbau all dieser Bereiche bleiben Naturschutzprojekte wie das Grüne Band lediglich Symbolpolitik.

(Beifall DIE LINKE)

So wundert es auch nicht, dass die im Grünen Band versammelten Flächen nicht wirklich dem Natur-, Umweltund Ressourcenschutz dienen. In allen Schutzzonen außer in Schutzzone I dürfen auf den Ackerflächen und in den Wäldern Düngemittel, Pflanzen- und Holzschutzmittel jeglicher Art verwendet werden; das ist kaum zu glauben. Pflanzenschutzmittel aus der Intensivlandwirtschaft haben auf Naturschutzflächen nichts verloren.

(Beifall DIE LINKE)

In Sachsen-Anhalt feiern es die GRÜNEN als Erfolg, dass im Grünen Band keine Pestizide eingesetzt werden dürfen. In Hessen und Thüringen schafft es diese wichtige Forderung nicht einmal ins Gesetz. Das ist ein trauriges Armutszeugnis für den Klima- und Umweltschutz in Hessen, der mehr schwarz als grün ist.

Die Anhörung zum Grünen Band hat außerdem gezeigt, dass große Informations- und Kommunikationsdefizite vorliegen; denn die betroffene Bevölkerung wurde im Vorfeld nicht einbezogen. Außerdem wurde die fehlende Transparenz von sehr vielen Gliederungen und Akteuren bei der Anhörung bemängelt. Handwerkliche Fehler wurden also gemacht, die durchaus hätten vermieden werden können, um diesen wichtigen Baustein zur Implementierung des Grünen Bandes – auch in den westlichen Bundesländern – auf breitere Schultern zu stellen. So wird nun ohne Not die Durchsetzung gegen viele Betroffene durchgeführt.

Es wird Zeit, dass die Landesregierung den Schutz unserer Lebensgrundlagen endlich an die erste Stelle setzt, und dafür braucht es mehr als das Grüne Band. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)