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Rede

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz zum Haushalt 2020 im Bereich Landwirtschaft

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz
Heidemarie Scheuch-PaschkewitzHaushalt und FinanzenLandwirtschaft und Tierschutz

In seiner 31. Plenarsitzung am 29. Januar 2020 diskutierte der Hessische Landtag ausführlich den Landeshaushalt für das Jahr 2020. Hier die Rede unserer landwirtschaftspolitischen Sprecherin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz für den Teilbereich der Landwirtschaft

 

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Ein Kennzeichen oder Merkmal der Umweltpolitik der schwarz-grünen Landesregierung ist die Umwidmung von gesetzlich festgelegten Aufgaben in freiwillige Mitmachprojekte: „100 Kommunen für den Klimaschutz“, „Blühstreifen“ oder das Mitmachprojekt „Unser Wald“ zur Rettung desselbigen und, nicht zu vergessen, die Neuauflage des Klassikers „100 Wilde Bäche“. Es ist schön, wenn das Umweltministerium die Menschen und die Kommunen für die anstehenden Aufgaben mitnehmen und begeistern will. Bis heute betreiben aber hessische Behörden die Umsetzung des europäischen Umweltrechts so, als seien dies freiwillige Aufgaben, für die man Kommunen z. B. über Preisausschreiben zur Teilnahme werben könne.

Gleich einer Lottofee wählte die hessische Umweltministerin aus 290 Bewerbungen 100 aus und freute sich, verkünden zu können, welche Bäche renaturiert werden. Resultat ist aber, dass nach 19 Jahren Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie nur knapp 15 % der hessischen Gewässer einen guten oder sehr guten ökologischen Zustand besitzen. 2015 hätte das aber für alle hessischen Gewässer zutreffen sollen. Das ist eine mehr als bescheidene Bilanz.

Es ist die Aufgabe der hessischen Umweltministerin, die finanziellen Mittel für die Verbesserung des ökologischen Zustands für alle Gewässer in Hessen zur Verfügung zu stellen. Diesen guten ökologischen Zustand zu erhalten und wiederherzustellen hat durch den Klimawandel, das Artensterben sowie den Flächenverbrauch allerhöchste Priorität.

(Unruhe)

Nicht zuletzt zur Sicherung unserer Trinkwasserversorgung sind wir auf die ökologische Leistung der Gewässer angewiesen. Das Programm „100 Wilde Bäche“ ist Ausdruck des Scheiterns der hessischen Umweltministerin und ein Armutszeugnis für den hessischen Gewässerschutz. Gewässerschutz ist kein Mitmachangebot. Müssen denn wie bei der Luftreinhaltung erst Gerichte dafür sorgen, dass es in Hessen einen angemessenen Gewässerschutz gibt?

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme nun zum Bodenschutz. Die Koalition hat sich diesem im besonderen Maße verpflichtet. Dieser Anspruch findet sich aber weder in der Praxis noch im Haushalt der Landesregierung wieder. Das hessische Nachhaltigkeitsziel, bis 2020 nicht mehr als 2,5 ha pro Tag zu versiegeln, wurde erstens verfehlt und ist zweitens nicht nachhaltig. Statt gute Ackerböden zu schützen, verkauft die Hessische Landesregierung diese Flächen über ihre Landgesellschaft für Gewerbegebiete und Logistikzentren wie z. B. in NeuEichenberg.

In Zeiten von Artensterben und drohendem Wassernotstand können wir uns das nicht mehr leisten. Gute Ackerböden in Hessen müssen besser geschützt werden. Im Zeitraum von 1992 bis 2015 sind die Landwirtschaftsflächen in Hessen um 40.700 ha geschrumpft. Für die Fußballfans unter uns: Das ist eine Fläche von 90.000 Fußballfeldern.

Weder der Ökoaktionsplan noch die Ökomodellregionen der Landesregierung haben in den letzten Jahren auch nur einen einzigen Hektar Ackerboden vor Versiegelung geschützt. In einem ersten Schritt muss die Hessische Landgesellschaft aufhören, gute Ackerböden aus Landesbesitz für Gewerbeflächen und Logistikzentren zu verkaufen. Darüber hinaus wollen wir der HLG Geld zur Verfügung stellen, um von der Versiegelung bedrohte Äcker zu kaufen. Das ist nachhaltig investiertes Geld. Zur Sicherung unserer Ernährungsgrundlage gehört guter Boden in öffentlichen Besitz und nicht in die Hände von Spekulanten und Logistikern.

(Beifall DIE LINKE)