Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske – Aktuelle Stunde zur Demokratie: Extreme Rechte darf nicht die Agenda bestimmen

Jan SchalauskeAntifaschismusInnenpolitikRegierung und Hessischer Landtag

In seiner 144. Plenarsitzung am 21. September 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Aktuellen Stunde: „Am 8. Oktober in Hessen wählen gehen, demokratisch wählen – keine Macht den Feinden der Demokratie.“ Dazu die Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wer den Feinden der Demokratie keine Macht geben will, wie es im Titel der Aktuellen Stunde heißt, der muss sich der Stimmungsmache und der Hetze von rechts innerhalb und außerhalb des Parlaments immer entschieden entgegenstellen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der muss die Aktivitäten der Initiativen, Verbände, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien unterstützen, die es in diesen Tagen in Gelnhausen, in Oberursel, in Fulda oder auch in Rabenau mit kreativem und buntem Protest gibt. Der muss diesen Protest der Menschen unterstützen, die sich der menschenfeindlichen Hetze entgegenstellen. Es muss breiten, bunten und lautstarken Protest aus der Zivilgesellschaft heraus geben.

Breite gesellschaftliche Bündnisse sind die richtige Antwort auf die Stimmungsmache der Rechten. Deshalb gilt unser Dank all jenen zivilgesellschaftlichen Kräften, die in Hessen in diesen Tagen auf der Straße sind und sich an den Protesten für Demokratie und für die Menschenrechte beteiligen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Es gilt aber auch: Wer den Feinden der Demokratie keine Macht geben will, der darf mit dieser rechten Truppe niemals zusammenarbeiten. Das darf auf keiner Ebene geschehen. Es darf keine Verharmlosung und keine Gewöhnung geben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die Abstimmung im Parlament Thüringens hat gezeigt, dass die Brandmauer der CDU nicht nur bröckelt. Sie ist längst gefallen.

Das ist nicht die erste Zusammenarbeit. Ich erinnere an das Verbot geschlechtergerechter Sprache in öffentlichen Schriftstücken oder an die Wahl des FDP-Manns Kemmerich. Die Brandmauer der CDU ist ein leeres Versprechen und ein gefährlicher Beitrag zur Normalisierung der extremen Rechten.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für uns gilt: Es darf keine Verharmlosung einer Partei geben, die für alle sozialen Probleme die Geflüchteten verantwortlich macht. Wir haben das auch in dieser Plenarwoche wieder erlebt. Ob es um Wohnen, die Bildung, den Niedriglohn oder die Armut geht, die Mitglieder dieser Partei machen die Geflüchteten und die Zuwanderung für alle sozialen Probleme verantwortlich.

Sie fordern dann noch eine Politik, die alle diese sozialen Probleme verschärfen würde. Denn Sie bekämpfen den sozialen Wohnungsbau. Sie sind für niedrigere Steuern für Reiche und eine Senkung des Spitzensteuersatzes.

(Robert Lambrou (AfD): Das stimmt nicht!)

Das Programm der AfD würde vielen ihrer Wählerinnen und Wähler große soziale Probleme bereiten. Auch das ist ein Grund, warum wir uns dieser antisozialen Politik immer wieder entgegenstellen.

(Beifall DIE LINKE, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich vergesse nicht, dass ich in diesen fünf Jahren oft erleben musste, dass die Mitglieder dieser Fraktion im Hessischen Landtag über Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder aber auch ihrer sexuellen Orientierung verächtlich gesprochen haben.

(Robert Lambrou (AfD): So ein Quatsch!)

Das werden wir nicht vergessen. Dem werden wir uns immer wieder entgegenstellen.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das sind die Mitglieder einer Partei, die in Chemnitz den Schulterschluss mit Nazis in Stiefeln gesucht haben, die Gewerkschafter bedroht haben und für die in diesem Landtag ein Mann sitzt, der sich als stolzer Anhänger der Identitären Bewegung bezeichnen lässt.

(Robert Lambrou (AfD): Jetzt reicht es!)

Es handelt sich um eine Partei, die gegen Minderheiten hetzt und die damit den Boden für Hass und Gewalt bereitet. Es ist kein Zufall, dass der Mörder von Dr. Lübcke im Wahlkampf Plakate für diese rechte Truppe geprägt hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Diese Formation ist nicht nur der parlamentarische Arm der extremen Rechten, sondern sie ist auch der parlamentarische Arm des rechten Terrorismus. Bei dieser Aussage bleiben wir.

Wer den Feinden der Demokratie keine Macht geben will, der darf nicht zulassen, dass die politische Rechte die Agenda in diesem Land bestimmt und dass sie den gesellschaftlichen Diskurs immer weiter nach rechts verschiebt. Man gräbt der Rechten nicht das Wasser ab, indem man ihre Parolen übernimmt.

Wer die Feinde der Demokratie bekämpfen will, der darf doch nicht entgegen allen Fakten von einer Einwanderung in die sozialen Sicherheitssysteme schwadronieren oder hinsichtlich einer Abschiebeoffensive fabulieren. Wer die Feinde der Demokratie bekämpfen will, darf das Grundrecht auf Asyl nicht aushöhlen. Er darf weder Lager an den Außengrenzen der Europäischen Union schaffen, noch darf er die Liste der sicheren Herkunftsstaaten ausweiten. Vielmehr muss er die Menschenrechte verteidigen und sagen: Für Humanität und Menschlichkeit darf es keine Obergrenze geben.

(Beifall DIE LINKE)

Wer die Feinde der Demokratie bekämpfen will, der darf nicht bei der Beratung der Geflüchteteninitiativen kürzen. Vielmehr muss er der Flüchtlingshilfe und den sozialen Initiativen, die sich für gleiche Rechte für alle Menschen einsetzen, den Rücken stärken.

Vor allem gilt: Wer die Feinde der Demokratie bekämpfen will, der muss soziale Sicherheit schaffen. Niemand soll mehr Angst haben müssen, weil er von seinem Lohn nicht leben kann, weil die Rente nicht reicht oder weil er bei Krankheit oder bei anderen Schwierigkeiten nicht abgesichert ist.

In unserer reichen Gesellschaft könnte jeder in Würde leben. Deswegen gehört der Kampf für die Menschenrechte und die soziale Sicherheit zusammen, und zwar am 8. Oktober 2023, aber auch an jedem anderen Tag.

(Beifall DIE LINKE)