Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Bezahlbares Wohnen für alle statt Immobilien für wenige

Jan SchalauskeWohnen

In seiner 107. Plenarsitzung am 2. Juni 2022 diskutierte der Hessische Landtag zur Förderung der Wohneigentumsquoten. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und wohnungspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es mag Sie durchaus verwundern, wenn ich sage: Die Freien Demokraten haben recht.

(Beifall Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Der Erwerb von Wohneigentum ist für die übergroße Mehrheit der Hessinnen und Hessen in der Tat nicht zu leisten. Es wird Sie allerdings nicht verwundern, dass unsere Zustimmung und unsere Gemeinsamkeiten bereits bei diesem Punkt enden.

(Beifall Saadet Sönmez (DIE LINKE) – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!)

Denn warum ist das überhaupt so? Darüber ist wenig gesprochen worden. Doch nicht allein wegen steigender Baukosten und auch nicht allein wegen veränderter Zinskonditionen, sondern es hat auch etwas damit zu tun, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten Niedriglöhne, Langzeitarbeitslosigkeit und Befristungen das Leben vieler Menschen unsicherer und unplanbarer gemacht haben. Aufgrund dieser Politik können sich immer weniger Menschen ihren Traum von einem Eigenheim oder von Eigentum erfüllen.

Sie haben auch nicht im Blick, dass für viele Menschen dieser Traum ohnehin nie real war – aufgrund von geringem Einkommen, von Jobcenter und dem täglichen Kampf um ein würdevolles Leben. All diese Menschen haben Sie nicht im Blick. Diese Probleme muss man aber in den Blick nehmen, und da hilft es auch nicht, über die eine oder andere Verbesserung der Förderkonditionen der WIBank zu diskutieren, sondern da geht es um die Frage: Wie kann man soziale Sicherheit und ein gutes Einkommen für die Mehrheit der Menschen in diesem Land organisieren?

(Beifall DIE LINKE – Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten): Komplett am Thema vorbei!)

Ein großer Preistreiber beim Kauf von Immobilien sind die Grundstücke. Warum können sich eigentlich viele Menschen keine Grundstücke leisten? Weil Grund und Boden in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer weiter privatisiert worden und zu einem Spekulationsobjekt geworden sind, weil Grund und Boden nicht vermehrt werden können. Durch die Privatisierung von Grund und Boden wurden der Bodenspekulation Tür und Tor geöffnet. Es sollte einer Partei, die sonst immer vorgibt, für Leistung zu sein, Sorge bereiten, wenn mit leistungslosen Gewinnen durch Bodenspekulation sehr wenige Menschen sehr reich werden und damit auch die von Ihnen angestrebten Ziele konterkariert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Zu Ihrem Antrag und in der Aktuellen Stunde haben Sie gar nicht angesprochen, dass mehr als die Hälfte aller Hessinnen und Hessen Anspruch auf eine geförderte Sozialwohnung haben; denn die Umverteilung von unten nach oben hat dazu geführt, dass immer mehr Menschen immer weniger zum Leben haben. Auch darüber müssen wir reden.

Die Politik kam vor einigen Jahren auf die Idee, dass die öffentliche Hand nicht mehr für die Wohnungsversorgung zuständig sein solle; das könnten allein Private übernehmen. Diese falsche Politik fällt uns jetzt auf die Füße; denn die Versorgung mit Wohnraum ist viel zu wichtig, als dass man sie allein dem Markt überlassen darf.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen: Wenn man über die Probleme bei der Wohnungsversorgung in Hessen sprechen will, müssen wir über das Problem der mangelnden Versorgung mit bezahlbaren Mietwohnungen sprechen. Wir als LINKE haben immer wieder den konkreten Vorschlag gemacht: Bei der Sozialwohnungsgesetzgebung, die novelliert werden soll, brauchen wir eine neue Säule von öffentlichen Fördermitteln,

(Zuruf Volker Richter (AfD))

die vor allem öffentlichen und genossenschaftlichen Trägern zugutekommen – auch mit ausreichenden Zuschüssen, um klimagerecht und barrierefrei bauen zu können. Auch lange Sozialbindungen müssen gewährleistet sein; denn wir brauchen das Prinzip: „Einmal sozial gebaut, muss auch dauerhaft sozial gebunden sein“, damit es nicht am Ende zu profitablen Mitnahmeeffekten führt.

(Beifall DIE LINKE)

Wir leben in einer Zeit, in der die Preise für Lebensmittel und für Energie explodieren. Menschen in Hessen fragen sich, wie sie Miete, Strom und Brot auf Dauer bezahlen sollen. Da spricht die FDP über eine kleinere Verbesserung bei den Kreditkonditionen. Da kann man in Anlehnung an Marie-Antoinette sagen – das empfehlen Sie den Leuten –: Wenn Sie keine bezahlbare Wohnung finden, dann bauen Sie doch einfach ein Haus. – Das ist leider für viele Menschen absurd und realitätsfern, zeigt aber noch einmal, auf welcher Seite die FDP an der Stelle steht, nämlich auf der Seite derjenigen, die sich das leisten können, und nicht auf der Seite der vielen, die dringend auf bezahlbare und soziale Mietwohnungen angewiesen sind.

(Beifall DIE LINKE)

Da will ich zum Ende meiner Rede eine Zahl aus den letzten Tagen in Erinnerung rufen. In Darmstadt sind die Mieten alleine in den letzten vier Jahren um 17 % gestiegen, während die Löhne im gleichen Zeitraum nur um 5 % gestiegen sind. Steigende Mieten fressen den Leuten die Lebensgrundlagen auf. Wenn wir von einem Volk von Eigentümern reden, dann schauen Sie sich die Eigentümerstrukturen auf den Wohnungsmärkten an. Vonovia hat da zuletzt ein gutes Beispiel gegeben. Für Hunderttausende Wohnungen sollen die Mieten in dieser schwierigen Zeit steigen. Das nützt vor allem der Rendite der Aktionäre. Das ist eine Politik, die Sie am Ende forcieren. Die lehnen wir als LINKE ab. Mehr bezahlbares Wohnen braucht dauerhaft gebundene soziale, bezahlbare Wohnungen.

(Beifall DIE LINKE)