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Rede

Jan Schalauske - Es braucht endlich mehr bezahlbaren Wohnraum!

Jan SchalauskeWohnen

In seiner 128. Plenarsitzung am 15. Februar 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Wohnungspolitik. Dazu die zweite Rede unseres Vorsitzenden und wohnungspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich glaube, es ist wichtig, sich mit ein paar Zahlen, die Wohnungsbauminister Al-Wazir hier genannt hat, noch einmal detailliert zu befassen. Er hat sich lang und breit mit Zahlen gebrüstet, aber der Eindruck bleibt, es ist besser, dass wir uns diese noch einmal etwas genauer anschauen.

Zum einen haben Sie darauf verwiesen, dass Sie die Bedarfsprognosen beim Wohnungsbau aus dem IWU-Gutachten übererfüllt haben. Ich stelle fest, die schwarz-grüne Landesregierung freut sich über Planübererfüllung. Das sei einmal dahingestellt, aber schauen wir uns die Zahlen noch einmal an. In den Jahren von 2018 bis 2021 sind 77.000 Wohnungen geschaffen worden. So weit, so gut. Das ist mehr, als prognostiziert wurde. Aber worüber Sie in Ihrer Rede sehr wenig gesprochen haben, ist, dass von diesen 77.000 Wohnungen nur 4.627 Wohnungen sozial gefördert sein können. Das sind sage und schreibe nur 6 % der Wohnungen. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass 72.373 Wohnungen, also 94 %, für Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen weitgehend unbezahlbar sind. Das ist doch die Wahrheit, und das ist kein Grund zur Freude, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Dann haben wir über die Zahlen beim sozialen Wohnungsbau gesprochen. Wir müssen auch das noch einmal zurechtrücken: Unter Schwarz-Grün hat die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen vor zwei Jahren mit knapp 80.000 einen historischen Tiefstand erreicht. In neun Jahren Schwarz-Grün hat sich die Zahl der Sozialwohnungen von 109.000 auf 82.000 reduziert. Das ist ein ganzes Viertel weniger. Da ist doch der Zuwachs von 1.600 Wohnungen in einem Jahr mehr als bescheiden. Dieser Zuwachs reicht eben nicht aus, und er ist auch weit entfernt von dem von Ihnen anvisierten Ziel.

Sie haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass Sie in der Legislaturperiode den Bau weiterer 22.000 Sozialwohnungen anstoßen wollen. Das wären über 4.000 Wohnungen pro Jahr. Von diesem Ziel sind Sie meilenweit entfernt, und das, obwohl es 42.700 sozialwohnungssuchende Haushalte in Hessen gibt und die Wohnungswirtschaft einfordert, dass wir in Hessen 7.000 Wohnungen pro Jahr bauen. Das sagen nicht die LINKEN, sondern das ist die Forderung der Wohnungswirtschaft.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir uns die Rede des Wohnungsministers heute anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es in Hessen an einem nicht mangelt: Es mangelt nicht an einem wirklich überbordenden Selbstbewusstsein des Wohnungsministers, der die eigene Bilanz gutredet.

(Beifall DIE LINKE)

Woran es aber wirklich mangelt, ist bezahlbarer Wohnraum für Menschen, die dringend eine bezahlbare Wohnung suchen. Weil Sie auf die Förderkonditionen verwiesen haben, will ich noch daran erinnern: Es war die Opposition – die SPD und die LINKEN –, die Sie immer wieder darauf hingewiesen hat, dass man die Förderkonditionen verändern und verbessern muss und dass man auch über Zuschüsse reden muss.

(Elke Barth (SPD): Aber nicht alle drei Jahre!)

Dagegen haben Sie sich lange gewehrt. Jetzt aber, weil sich die Rahmenbedingungen verändert haben, sagen diejenigen, die sozialen Wohnungsbau machen, im Übrigen auch viele Kommunen, öffentliche Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften: Wenn die Konditionen nicht deutlich verbessert und die Zuschüsse deutlich erhöht werden, dann werden wir zukünftig keine Sozialwohnungen mehr errichten können. – Darauf müssen Sie doch eine Antwort finden, Herr Wohnungsminister Al-Wazir. Nein, der Tanker hat sich eben nicht gedreht. Die große Gefahr ist, dass er unter veränderten Bedingungen auf Grund läuft. Das ist ein großes Problem für die Menschen in Hessen.

Was es stattdessen braucht, ist ein Programm für die Schaffung von dauerhaften Sozialwohnungen. Wir fordern den Bau von 10.000 Sozialwohnungen pro Jahr durch die öffentliche Hand. Wir wollen eine dauerhafte Sozialbindung statt sozialer Zwischennutzung, und wir wollen, dass es auch endlich eine konsequente Anwendung der Rechtsvorschriften gibt, die notwendig sind, um gegen Mietenwahnsinn, Verdrängung und spekulativen Leerstand vorzugehen. Auch in diesem Bereich, der das Land Hessen gar nichts kosten würde, bleibt Schwarz-Grün hinter den Möglichkeiten zurück, die der Bundesgesetzgeber bietet. Deswegen ist es keine Erfolgsbilanz, was Schwarz-Grün beim Wohnungsbau vorgelegt hat.

(Beifall DIE LINKE)