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Rede

Jan Schalauske: Für die vollständige Übernahme der Mietspiegel-Kosten - Hessen muss sich für Durchschnittsmiete und Mietendeckel einsetzen

Jan SchalauskeWohnen

In seiner 96. Plenarsitzung am 22. Februar 2022 debattierte der Hessische Landtag zur Einführung von Mietspiegeln in hessischen Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohner:innen. Dazu die zweite Rede unseres Vorsitzenden und wohnungspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem der Kollege Naas nun die Debatte genutzt hat, um einige Grundsätze der FDP-Wohnungspolitik zum Besten zu geben,

(Demonstrativer Beifall Freie Demokraten)

will ich noch einmal zum eigentlichen Gesetzentwurf zurückkommen.

Worüber reden wir? Wir reden über die Zuständigkeit und Anerkennung von Mietspiegeln. Die Verantwortung soll bei Kommunen von 50.000 bis 100.000 Einwohnern an die Kommunen gehen. Das ist sicherlich sinnvoll in einem Flächenland wie Hessen, und notwendig geworden ist das Ganze durch eine geänderte gesetzliche Regelung im Bund.

Jetzt komme ich konkreter zum Gesetzentwurf. Was uns nicht so sinnvoll erscheint, ist zum einen die mangelhafte Finanzierung der Mietspiegel und zum anderen die konzeptlose Umsetzung. Der Landesverband des Deutschen Mieterbundes hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen und gesagt: Wenn das Land Hessen den Kommunen die Verantwortung auferlegt – das kann durchaus sinnvoll sein –, dann sollte es auch für die Finanzierung und die Umsetzung Sorge tragen.

Bei der Finanzierung sind Sie am Ende nicht ganz so engagiert, wie man es sein könnte. Deswegen plädieren wir für eine volle Kostenübernahme für qualifizierte Mietspiegel, statt nur anteilige Fördertöpfe vorzusehen oder gar das Sponsoring durch Banken und Versicherungen zu empfehlen. – Das wäre das eine.

(Beifall DIE LINKE)

Für das Land ist das finanzierbar. Da geht es um wirklich überschaubare Summen. Für die Kommunen können es im Einzelnen immer Mittel sein, die dann für andere Aufgaben frei werden, unter anderem um Maßnahmen gegen steigende Strom- und Heizkosten zu ergreifen oder um die Förderung von warmmietenneutraler energetischer Sanierung zu finanzieren.

Was Sie allerdings nicht zu Ende gedacht haben, ist, dass die Umsetzung von einfachen wie von qualifizierten Mietspiegeln für die Mietervereine, die dort einbezogen werden, jenseits der Großstädte, mit einem enormen Aufwand verbunden ist. Da wird viel ehrenamtlich gearbeitet. Die Kolleginnen und Kollegen haben viel mit Beratungstätigkeit zu tun, auch aufgrund der horrenden Probleme am hessischen Wohnungsmarkt. Sie sind mit Rechtsberatung und anderem beschäftigt. Deswegen glaube ich, die Mietervereine könnten eine finanzielle Förderung brauchen, um bei der Erstellung von Mietspiegeln entsprechend mitwirken zu können.

Ich mache es jetzt wie der Kollege Naas und auch die Kollegin Barth von der SPD: Wir wollen hier noch ein paar grundsätzliche Probleme benennen; denn der Mietspiegel in seiner jetzigen Form – das habe ich beim letzten Mal schon gesagt – läuft Gefahr, ein Mieterhöhungsspiegel zu sein.

Es gibt Gründe, warum die sieben hessischen Kommunen zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern bisher keinen solchen Mietspiegel erstellt haben. Kurzfristig kann es dazu führen, insbesondere bei Wohnungsmärkten in Universitätsstädten, dass viele bisher noch eher bezahlbare Bestandsmieten steigen, weil Vermieterinnen und Vermieter ganz einfach sehen: Da ist für mich noch Luft nach oben, da kann ich die Mieten erhöhen.

Mittelfristig – das ist sicher richtig – wird es sich auf einem Korridor einpendeln, was vielleicht besonders preistreibende Vermieter und Hoffnungen auf hohe Mieten bremsen könnte. Aber gerade jetzt könnten durch einen Mietspiegel kurzfristige Mieterhöhungen drohen, und das finden wir problematisch.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen sollte man ein bisschen vorsichtig sein mit einer kritiklosen Haltung zu dem Instrument der Mietspiegel. Dennoch kann eine transparente Darstellung der Mieten durchaus sinnvoll sein, nicht nur, weil sie Rechtssicherheit schafft. Deswegen ist auch nachvollziehbar, warum man sich für solche Instrumente einsetzt.

Das eigentliche Problem der steigenden und dramatisch steigenden Mieten löst das Instrument aber nicht. Warum? Weil in die Berechnung des Mietspiegels nur die Angebotsmieten der letzten Jahre einfließen. Wir brauchen eine echte Durchschnittsmiete. Das habe ich beim letzten Mal ausgeführt. Es sollten auch Bestandsmieten einfließen.

(Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

– Zum Thema Einheit und Enteignung, lieber Kollege Naas, sage ich nachher noch etwas, damit du auch etwas aus der Debatte heute mitnehmen kannst. – Die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels – –

Vizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn:

Aber denken Sie bitte daran, dass Sie nur noch eine halbe Minute Redezeit haben.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Ja, genau. – Eigentlich brauchen wir keinen Mietspiegel, sondern einen Mietendeckel, der dazu beiträgt, die Miethöhe zu begrenzen.

Wenn der Kollege Naas gerne noch zum Thema Enteignung sprechen will, dann würde ich zum Abschluss die Frage stellen: Was ist die wahre Enteignung, die wir in den letzten Jahren gesehen haben? Das ist die der Mieterinnen und Mieter durch die immer weiter steigenden Mieten. Die Profite für die einen sind die Probleme für die anderen. Gegen diese Enteignung könnte man etwas unternehmen. Da hilft allerdings leider kein Mietspiegel. – Das war jetzt der letzte Absatz.

(Beifall DIE LINKE)