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Rede

Jan Schalauske - Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung!

Jan SchalauskeFriedenInternationales

In seiner 98. Plenarsitzung diskutierte der Hessische Landtag zum militärischen Angriff Russlands auf die Ukraine. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und friedenspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Nachrichten erschüttern, und sie machen fassungslos. Ich bin bestürzt, und ich verurteile den russischen Angriff auf die Ukraine. Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung, für Krieg kann es keine Rechtfertigung geben.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Der Krieg ist eine Katastrophe für die Menschen in der Ukraine und für den Frieden in ganz Europa. Unsere Gedanken sind bei den Menschen: bei der Zivilbevölkerung, bei denen, die das Leid erfahren. Deshalb sage ich für DIE LINKE heute hier ganz klar und unmissverständlich: Heute kann es nur die Losung „Die Waffen nieder!“ geben.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Dieser Angriff ist keinesfalls eine Friedensmission. Er ist völkerrechtswidrig; er verletzt die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine. Es besteht die große Gefahr, dass sich der Krieg zu einem noch größeren Krieg in Europa ausweiten wird. Deshalb müssen die Bombardierungen und der Einmarsch mit Panzern und Soldaten – der militärische Angriff – sofort gestoppt werden.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Notwendig sind ein umfassender Waffenstillstand, der Rückzug aller Truppen und eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Dennoch – trotz dieser klaren Feststellung – kann es für den Westen keine Alternative zu einer besonnenen Reaktion geben. Gegen diesen Krieg helfen keine Waffenlieferungen und keine wirtschaftlichen Sanktionen, die häufig vor allem die Bevölkerung treffen, sondern dagegen hilft nur die Wiederaufnahme von Gesprächen.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit wem denn? – Weitere Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Unruhe – Glockenzeichen)

Es gibt keine militärische Lösung, sondern es muss eine politische Lösung auf der Basis der gemeinsamen Sicherheit geben. Deshalb will ich auch sagen: Die nachvollziehbaren Sorgen, die es in Russland im Hinblick auf ein Vorrücken der NATO und eine Stationierung von US-Truppen an seinen Grenzen gab, sowie die Enttäuschung darüber, dass durch die NATO-Osterweiterung das Sicherheitsversprechen gegenüber Russland gebrochen worden ist, rechtfertigen niemals einen Krieg.

(Beifall DIE LINKE)

Wer den Völkerrechtsbruch Russlands verurteilt, muss aber auch sehen, dass in Russland das Vorgehen der NATO im Kosovo als eine Blaupause angeführt wird, um das eigene unakzeptable Verhalten zu begründen.

(Zurufe CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Unruhe – Glockenzeichen)

Vizepräsident Frank Lortz:

Einen Moment bitte, Kollege Schalauske. – Meine Damen und Herren, ich bitte Sie gerade in dieser Debatte um etwas Aufmerksamkeit und Zurückhaltung. – Bitte sehr.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Der russische Angriff auf die Ukraine hat eine Vorgeschichte. Diese muss man beachten, auch wenn sie niemals den russischen Angriff rechtfertigt. Nationalismus und Großmachtstreben müssen immer zurückgewiesen werden, egal von wem sie ausgehen. Wir brauchen eine Abkehr von Hegemonialansprüchen und von Großmächten; wir brauchen die Anerkennung einer multipolaren Weltordnung mit gleichberechtigten Partnern, und das gilt in diesen Stunden vor allem natürlich auch für Russland.

Es gibt keine Alternativen zu den Prinzipien des Völkerrechts und zu einem friedlichen Interessenausgleich, um Frieden zu wahren und um Frieden wiederherzustellen. Auch wenn es aktuell unendlich weit entfernt scheint, es bleibt die alte Erkenntnis: Dauerhafte Sicherheit in Europa, in einem gemeinsamen europäischen Haus, ist ohne Einschluss Russlands nicht vorstellbar. Das ist auch eine Lehre aus der deutschen Geschichte.

Der Krieg, der jetzt von Russland ausgeht, ist eine humanitäre Katastrophe. Deswegen brauchen wir Maßnahmen für humanitäre Hilfe und sichere Fluchtwege. Es muss ein Signal gesendet werden, dass diejenigen Schutz und Aufnahme finden, die vor dem Krieg fliehen oder sich dem Krieg als Soldaten verweigern.

Die Friedensbewegung hat angekündigt, gegen den Krieg und für eine Politik der gemeinsamen Sicherheit auf die Straße zu gehen. DIE LINKE wird dabei an ihrer Seite sein, und sie wird an die alte Erkenntnis von Bertolt Brecht erinnern:

Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.

Aus unserer Überzeugung gibt es keine Alternative zu Dialog und Kooperation. Gerade jetzt: Die Waffen nieder!

(Beifall DIE LINKE)