Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Hessen braucht eine gut ausgestattete Finanzverwaltung

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 101. Plenarsitzung am 31. März 2022 diskutierte der Hessische Landtag über die Reform der hessischen Finanzverwaltung. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprechers, Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute in dieser Aktuellen Stunde über die Situation, über Reformen in der hessischen Finanzverwaltung. Ich möchte meine Rede tatsächlich mit guter Laune und einer ein bisschen anderen Perspektive als die Vorredner beginnen. Ich möchte nämlich damit beginnen, mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der hessischen Finanzbehörden für ihre wichtige Arbeit für unser Gemeinwesen ganz ausdrücklich zu bedanken;

(Beifall DIE LINKE, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn, ich glaube, ich trete niemandem zu nahe, wenn ich sage, dass bei den beliebtesten Berufsgruppen der Job des Finanzbeamten nicht immer gleich ganz oben in den Top 10 zu finden ist.

(Zuruf: Was?)

Gleichzeitig sind die Finanzbehörden aber ein ganz wichtiger Grundstein für ein funktionierendes Gemeinwesen und ein funktionierendes Gemeinwohl. Die Bereitstellung von Schulen, Hochschulen, Bibliotheken, Schwimmbädern, überhaupt die öffentliche Infrastruktur und soziale Sicherheit ebenso wie soziale Unterstützungsmaßnahmen sind allesamt Grundlagen unseres Gemeinwesens. Die werden aus Steuern bezahlt. Um diese einzuziehen, braucht es eine gut ausgestattete Finanzverwaltung. In diesem Sinne also herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der hessischen Finanzverwaltung.

Dafür brauchen sie aber eben auch genügend Personal. Sie brauchen auch attraktive Arbeitsbedingungen. Da sind wir der festen Meinung: Hier hapert es bei der schwarz-grünen Landesregierung noch gewaltig, hier ist noch sehr viel Luft nach oben.

Mit der Strukturreform, die wir heute diskutieren, hat Schwarz-Grün einige Hundert Arbeitsplätze in den ländlichen Raum verlegt. Es wurden Standorte erhalten. Es ist grundsätzlich auch zu begrüßen, die Arbeit wieder näher an die Menschen zu bringen, Pendelei zu reduzieren, Lebensqualität zu stärken und auch den ländlichen Raum, den Ballungsraum zu entlasten. All das findet unsere Zustimmung.

Am Ende ist die Frage aber auch: Haben Sie diese Strukturreform eigentlich systematisch mit den Kolleginnen und Kollegen ausgewertet? Welche positiven Effekte konnten Sie erzielen? Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen? Welche Schlüsse ziehen Sie daraus eigentlich für andere Bereiche der Landesverwaltung? Auf all diese Fragen haben Sie heute in der Debatte keine Antwort gegeben, meine Damen und Herren.

(Unruhe SPD – Silvia Brünnel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie die Seitengespräche bitte einstellen!)

Während Schwarz-Grün, die Landesregierung die Arbeitsplätze in den ländlichen Raum verlegt, fusionieren Sie andererseits die großen Ämter – allen voran Frankfurt am Main, das ist auch angesprochen worden.

Auch da bleibt offen, welche positiven Effekte es am Ende haben soll, wenn alle Betriebsprüfungen zentralisiert werden. Wie ist das eigentlich mit der räumlichen Ausstattung? Wie ist das mit den Arbeitsabläufen und auch mit den Arbeitsstrukturen? Solange das nicht angemessen rückgekoppelt wird, ist noch eine gewisse Skepsis angesagt.

(Beifall DIE LINKE)

Eine wichtige Grundlage für eine gut ausgestattete Steuerverwaltung sind ausreichend Personal, attraktive Arbeitsbedingungen usw. Schauen wir uns einmal die Personalausstattung an. Frau Schardt-Sauer, liebe Marion, liebe FDP, es ist eben nicht so, dass ein gewaltiger Personalaufbau in den hessischen Finanzbehörden stattgefunden hat. In der Zeit von 2010 bis 2020 sind die Zahl der Stellen und die Zahl der Vollzeitäquivalente nahezu gleich geblieben. Sicher, Arbeitsabläufe haben sich verändert. Die Digitalisierung hat manches erleichtert. Gleichzeitig wurde aber auch von immer komplexeren Anforderungen gesprochen. Da muss man doch einmal die Frage stellen: Reicht es eigentlich, mit dem Personalbestand von 2010 die Aufgaben der Zukunft für die Finanzbehörden zu bewältigen? Dazu habe ich von Schwarz-Grün in dieser Debatte nichts gehört.

Die Corona-Pandemie hat die Finanzbehörden zweifelsohne vor große Herausforderungen gestellt. Die Kolleginnen und Kollegen haben mit der ganzen Mehrarbeit ungeheuer viel geleistet. Auf Anfrage unserer Fraktion kam heraus, dass die Prüfquote über alle Betriebsgrößen hinweg während der Corona-Pandemie gesunken ist. Auch diese Zahl muss man doch zur Kenntnis nehmen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Jetzt kommt auch noch die Grundsteuerreform. Hier musste Hessen einen von uns scharf kritisierten Sonderweg gehen, der wenig mit Steuergerechtigkeit zu tun hat. Auch dafür braucht es mehr Personal. Auch hier müssen Sie am Ende die Frage beantworten, wie viele Kolleginnen und Kollegen Sie mehr einstellen wollen.

In den vergangenen Jahren haben Sie sich immer dafür gelobt, 800 Planstellen für die Ausbildung in die Haushaltspläne eingestellt zu haben. Haben Sie aber auch einmal geschaut, wie viele am Ende davon übrig bleiben? Wie viele Kolleginnen und Kollegen finden dann den Weg in die Finanzbehörden? Es scheint doch so zu sein, dass ein Drittel eines Ausbildungsjahrgangs gar nicht den Dienst in den Finanzämtern antritt. Meine Damen und Herren, das ist doch kein Grund zum Feiern, sondern das ist ein Problem – ein Problem des hessischen Finanzministers.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vizepräsidentin Karin Müller:

Herr Abg. Schalauske, ich warte auf Ihren letzten Satz.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Der letzte Satz. Dann kann ich Ihnen nicht mehr viel zu den Arbeitsbedingungen sagen, bei denen es auch noch viel Luft nach oben gibt. Ich komme zum Ende.

Wir brauchen einen handlungsfähigeren Staat. Wir brauchen ein gerechtes Steuersystem. Dafür braucht es eine gut ausgestattete Finanzverwaltung. Da ist bei Schwarz-Grün in Hessen aber noch sehr viel Luft nach oben, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)