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Rede

Jan Schalauske - Öffentliche Investitionsmittel zementieren die Privatisierung: UKGM gehört zurück in die öffentliche Hand - Teil 2

In seiner 95. Plenarsitzung am 03. Februar 2022 debattierte der Hessische Landtag zum Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM). Dazu die zweite Rede unseres Vorsitzenden und Marburger Abgeordneten Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die grüne Wissenschaftsministerin Dorn sagt, die Festschreibung der Vereinbarung von 2017 sei ein großer Erfolg von GRÜNEN und CDU gewesen. Ich will es anders sehen und frage mich: Was hätten denn GRÜNE und CDU gemacht, wenn es in den letzten Jahren nicht den Druck aus der Zivilgesellschaft gegeben hätte? Was wäre passiert, wenn die Belegschaft, der Betriebsrat, die Gewerkschaften, das Aktionsbündnis „Gemeinsam für unser Klinikum“ und andere nicht fortwährend auf die Missstände hingewiesen hätten? Dass Sie überhaupt gehandelt haben, ist im Wesentlichen auch dem Engagement der Zivilgesellschaft zu verdanken.

(Beifall DIE LINKE)

Das Engagement ist nicht ohne Wirkung geblieben – zum Glück.

Das Zweite. Sie sprechen bei Ihrem Deal davon, dass ein guter Rahmen gesetzt wurde. Das Problem ist nur, dass Sie mit diesem Rahmen auch die Privatisierung zementieren. Ich sage es noch einmal: Sie geben über zehn Jahre mehr als 450 Millionen €, erhalten aber nicht 1 % mehr Anteile, nehmen nicht 1 % mehr öffentlichen Einfluss. Bei diesem guten Rahmen stimmt doch irgendetwas nicht.

Jetzt haben Sie darauf abgestellt, Sie hätten die Change-ofControl-Klausel wieder hineinverhandelt. Ich will daran erinnern: Was ist denn gerade erst passiert? Sie sagen, damit sei das Krankenhaus nicht mehr Spielball der Finanzmärkte. Es ist nicht einmal eineinhalb Jahre her, da ist es Spielball der Finanzmärkte geworden. Es ist verkauft und von einem anderen großen Klinikkonzern übernommen worden. Damals haben Sie nicht interveniert. Sie haben nicht versucht, diese Übernahme zu verhindern. Ich habe aus den Debatten der letzten Zeit nicht den Eindruck gewonnen, dass Sie, wenn es in den nächsten Jahren zu einem weiteren Verkauf käme, was ich nicht glaube, dann den politischen Willen hätten, das Klinikum zurückzukaufen. Seien Sie doch ehrlich und geben das wenigstens zu.

(Beifall DIE LINKE)

Dann haben Sie davon gesprochen, DIE LINKE würde die Enteignung fordern. Wir könnten jetzt – das ist ja öfter so im Landtag – ein juristisches Proseminar über Art. 14 und 15 Grundgesetz zum Thema „Was ist der Unterschied zwischen Enteignung und Vergesellschaftung?“ halten. Aber geschenkt.

Viel offener fand ich eine andere Aussage von Ihnen, Frau Wissenschaftsministerin Dorn. Sie haben allein die Forderung nach einer Rückführung, nach einer Vergesellschaftung auf der Basis von Grundgesetz und Hessischer Verfassung als eine Kriegserklärung an den größten deutschen Krankenhauskonzern bezeichnet. Wer eine grundgesetzlich mögliche Maßnahme als Kriegserklärung bezeichnet, der scheint kein Interesse daran zu haben, über eine solche Maßnahme wirklich einmal nachzudenken und sie zu betreiben. Wir meinen, das ist keine Kriegserklärung, sondern das ist ein Friedensangebot für die Beschäftigten, für die Patienten und für Forschung und Lehre in Mittelhessen. Außerdem ist es auf der Grundlage des Grundgesetzes. Nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis.

Abschließend: Den Dank an die SPD für die Aktuelle Stunde, der hier von den GRÜNEN geäußert wurde, teile ich. Vielen Dank, dass wir darüber diskutieren konnten. Ich finde es allerdings bemerkenswert, dass die GRÜNEN dieses Thema nicht selbst auf die Tagesordnung in dieser Plenarwoche gesetzt haben. So begeistert können Sie dann doch nicht von Ihrer Vereinbarung gewesen sein, wenn Sie sich das nicht getraut haben. Ich verstehe, warum.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)