Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Schwarzgrüner Sonderweg macht Grundsteuer nicht gerechter

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 111. Plenarsitzung am 14. Juli 2022 diskutierte der Hessische Landtag zur Grundsteuer. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden heute über die Grundsteuerreform, in deren Zuge Millionen Grundstückseigentümer in Deutschland und in Hessen eine neue Erklärung abgeben müssen, nachdem es gesetzlich neu geregelt werden musste.

Da fragt man sich: Wer konnte eigentlich ahnen, dass drei Monate vor Fristende, aber kurz, nachdem die Abgabemöglichkeit entstanden ist, an einem trüben Sonntagabend eine relevante Zahl von Grundstückseigentümern gleichzeitig Formulare herunterladen, die sie für ihre neue Grundsteuererklärung brauchen, vielleicht auch noch an einem Wochenende, an dem die Umsatzsteuervoranmeldung über das gleiche Portal für viele Menschen fällig ist? Wer das anscheinend nicht gewusst hat, war das Bayerische Landesamt für Steuern; denn das betreibt das digitale Steuerportal ELSTER, und dieses brach am Wochenende tatsächlich zusammen und war am Montag noch nicht wieder erreichbar, weil 100.000 gleichzeitige Zugriffe auf das ELSTER-Portal zu vermelden waren durch Menschen, die versuchten, sich für die Abgabe der Feststellungserklärung für die geregelte Grundsteuer einzuloggen.

Da ist es kaum nachvollziehbar, dass offenbar lediglich 100.000 gleichzeitige Zugriffe das Portal in die Knie zwingen, wenn es dann noch für Millionen von betroffenen Grundstücken zuständig ist. Ich glaube, da muss man im CSU-regierten Bayern ein bisschen nachbessern. So geht es jedenfalls nicht.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt SPD und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Besonders ärgerlich ist – hier kommen wir zurück nach Hessen –, dass die Daten, die Grundstückseigentümer an ihre Finanzämter melden müssen, häufig dem Staat bekannt sind und teils sogar durch öffentliche Stellen festgelegt werden: Flurstücksnummern, Grundstücksgrößen, Bodenrichtwerte, Nutzungsarten und Ähnliches. Es gibt Länder, die sogar Onlineportale geschaltet haben, auf denen die Daten nachgefragt werden können, die dann allerdings später von den Leuten manuell in ELSTER eingetragen werden müssen. Aber in Hessen gibt es noch nicht einmal ein solches Datenportal. Der Antrag der Regierungsfraktionen zeigt noch einmal, dass nicht einmal alle Daten digital vorliegen. Meine Damen und Herren, das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall DIE LINKE)

Aber – da unterscheiden wir uns von der FDP-Fraktion – es geht bei der ganzen Debatte aus unserer Sicht nicht allein um eine unzureichende Skalierung des ELSTER-Portals. Es geht auch nicht um die elektronische Aufbereitung der Daten. Uns ging und geht es dabei um die Frage, wie die Grundsteuer insgesamt ausgestaltet ist. Dazu hatten wir im Hessischen Landtag die Debatte. Die FDP hat immer ein ganz einfaches Flächenmodell gefordert, bei dem die Größe einer Immobilie entscheidend ist und ansonsten gar nichts. Das hat für die Anhänger der FDP natürlich den Vorteil, dass die teuren Wohnungen in bester Lage genauso besteuert werden wie Sozialwohnungen gleicher Größe. Das ist das Motto der FDP: egal ob Hütte oder Palast, Haus ist Haus.

Es wird Sie nicht überraschen, dass wir weder die FDPVorschläge noch den schwarz-grünen hessischen Sonderweg für besonders hilfreich halten. Wir haben uns in der Grundsteuerdiskussion immer dafür eingesetzt, dass die Reform auch widerspiegelt, welche Werte die entsprechende Immobilie hat, dass berücksichtigt wird, ob es sich um Hütten oder Paläste handelt. Wir sehen nach wie vor, dass die Grundsteuerreform diesem Anspruch nicht gerecht wird.

CDU, GRÜNE und FDP verfolgten das Ziel: so wenig Bürokratie wie möglich. Wir hatten immer das Ziel: so viel Steuergerechtigkeit wie nötig.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, leider ist Schwarz-Grün dort einen anderen Weg gegangen. Jetzt müssen wir schauen, wie es mit der Reform weitergeht. Wenn man schon sagt, dass selbst die einfachen IT-Probleme schon zu Pannen führen, dann ist das kein gutes Omen für die weitere Umsetzung der Reform.

Natürlich wäre es besser gewesen, im Rahmen des gesetzlich Möglichen die Abgabe in Papierform noch weiter auszuweiten. Es ist gut und richtig, dass Hessen in der Erklärung darauf hinweist. Aber man hätte die Leute noch mehr ermuntern können, dass eine Abgabe in Papierform möglich ist; denn nicht jede und jeder hat die Möglichkeit, digital entsprechend tätig zu werden. Es ist auch Aufgabe der öffentlichen Hand, darauf zu achten, wie ich finde.

Wir haben jetzt die Situation, dass die Reform umgesetzt wird. Es wird vor Ort zu Konflikten kommen. Da werden wir als LINKE natürlich darauf achten, wie die Umsetzung der Grundsteuerreform weitergeht. Wir werden einen Blick darauf haben, wie sich die Ungerechtigkeiten, die im schwarz-grünen hessischen Modell vorgesehen sind – nicht ganz so ungerecht, wie es die FDP gerne hätte, aber immer noch viel zu ungerecht –, konkret auswirken. Da zeigt der Auftakt zur Grundsteuerreform schon, dass wir auf große Probleme stoßen werden.

(Beifall DIE LINKE)