Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zum Bericht des Landesschuldenausschuss

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 113. Plenarsitzung am 21. September nahm der Hessische Landtag den Bericht des Landesschuldenausschusses entgegen. Dazu die Antwort unseres Fraktionsvorsitzenden Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie auch in den letzten Jahren hat die Fraktion DIE LINKE beantragt, dass wir die Kenntnisnahme des Landesschuldenberichts im Plenum debattieren. Ich glaube, das hat einen guten Grund. Uns geht es im Allgemeinen natürlich um den Umgang mit den Landesschulden. Im Konkreten geht es uns um die Derivategeschäfte. Da muss man erst einmal dem Landesrechnungshof vielen Dank für den vorliegenden Landesschuldenbericht sagen.

Ich will noch einmal klar sagen: Ich teile nicht jede Einschätzung des Berichts. Insbesondere die Darstellung, die, so kann man sagen, auf Anregung des Finanzministeriums in den Bericht aufgenommen wurde, halte ich nun wirklich nicht für vollständig zutreffend. Trotzdem bietet der Bericht eine Grundlage, um über das Schuldenmanagement des Landes zu diskutieren. Dafür danke ich dem Rechnungshof.

Für uns ist, wie in den letzten Jahren auch, vor allem die Diskussion über die vom Land eingegangenen Derivategeschäfte zentral. Seit Jahren kritisieren wir den Einsatz der sogenannten Forward Payer Swaps. Mit diesen Geschäften wollte sich das Land bekanntlich über Jahrzehnte einen historisch niedrigen Zinssatz sichern. Das Problem dabei war nur, dass der vereinbarte Zinssatz regelmäßig sehr viel höher als die reale Zinsentwicklung war. Die Geschäfte liefen über zehn Jahre an. Sie haben insgesamt eine Laufzeit über 50 Jahre.

Der Rechnungshof hat die Kritik an diesen Geschäften mit seinem Bericht erneut untermauert. Man muss sich das einmal vorstellen: Allein im Jahr 2020 sind zehn dieser Geschäfte angelaufen. Sie verursachen nominale Mehrkosten in Höhe von etwa 1,3 Milliarden €. Nach vorsichtigen 9082 Hessischer Landtag · 20. Wahlperiode · 113. Sitzung · 21. September 2022 Schätzungen, die wir vorgenommen haben, hat diese sogenannte Zinssicherungsstrategie des Landes einen Gesamtschaden von über 4,5 Milliarden € verursacht. Das Land zahlt dadurch viel zu hohe Zinsen über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren.

Wenn jetzt noch einer erzählen will, die Mitglieder der CDU könnten gut mit Geld umgehen, dann soll er sich das Schuldenmanagement des Landes Hessen anschauen. Das kostet den Steuerzahler unglaublich viel Geld.

(Beifall DIE LINKE)

Dann sagen Sie, die Landesregierung, alles an diesen Geschäften habe seine Ordnung gehabt. Sie haben immerhin keine weiteren Derivategeschäfte abgeschlossen. Sie beharren darauf, dass Sie mit den Zinsgeschäften recht gehabt haben. Angesichts der Zahlen verblüfft uns das sehr. Es habe angeblich keine Fehler gegeben. Die Ergebnisse werden häufig schöngerechnet. Es gibt absurde Berechnungen, mit denen versucht wird, darzustellen, dass der festgeschriebene Zinssatz für das Land gar nicht so
schlecht sei. Ich will es noch einmal sagen: Dabei machen gerade die Derivategeschäfte für das Jahr 2020 deutlich, was hier passiert ist.

Im Finanzministerium wurden vor über zehn Jahren zwischen März und Mai 2011 zehn Derivategeschäfte abgeschlossen, mit denen der Zinssatz für das Jahr 2020 festgelegt wurde. Es geht um den Zinssatz neun Jahre später. Sie haben sich neun Jahre im Voraus einen Zinssatz von 3,6 % gesichert. Bravo, 3,6 %. Im Jahr 2020 hätte der Zinssatz, den das Land hätte bekommen können, bei 0,35 % gelegen. Sie haben also einen zehnfach zu hohen Zinssatz festgeschrieben. Die Einsicht, dass das ein gravierender Fehler ist, vermisse ich insbesondere bei den Mitgliedern der hessischen CDU bis heute.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt auch noch eine Kuriosität bei der Derivateleidenschaft der hessischen Konservativen. Das sind die sogenannten Swap Options. Bei diesen Derivategeschäften wird kein richtiger Kredit abgeschlossen. Vielmehr wird das Recht an eine Bank verkauft, mit dem Land zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Derivatevertrag abzuschließen. Es wird also auf bestimmte Zinssätze in der Zukunft spekuliert. Dafür bekommt das Land dann eine Prämie. Dabei kommt das Geschäft aber nur zustande, wenn die Bank, mit der man den Vertrag abgeschlossen hat, am Markt keinen besseren Zinssatz vereinbaren kann als mit dem Land. Sprich, wenn das Land verliert, zieht die Bank natürlich die Option.

Bis heute kann niemand schlüssig erklären, was diese Geschäfte von einer Zinswette unterscheidet. Das ist ein Begriff, den Sie hier immer zurückweisen. Erläutern Sie einmal, worin der Unterschied zu einer Zinswette besteht. Sie freuen sich darüber, dass es eine Bank im Jahr 2020 verpasst hat, die gewonnene Zinswette zu ihren Gunsten einzulösen. Dem Land blieb der Schaden dieser Geschäfte erspart. Ich bin froh, dass vom Finanzministerium signalisiert wurde, dass dieser Fehler der Bank dem Land einen Schaden erspart hat. Dennoch bleiben am Ende durch diese Swap-Options-Geschäfte nominale Mehrkosten von fast einer halben Milliarde Euro.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. Es bleibt wichtig, dass die Problematik der Derivategeschäfte im Hessischen Landtag immer wieder aufgerufen wird. Mit diesen Geschäften wurden über 4,5 Milliarden € über einen Zeitraum von 40 Jahren von der CDU-geführten Landesregierung in den Wind geschossen. Was hätte man damit alles bezahlen können. Wer glaubt, die Konservativen könnten mit Geld umgehen, braucht nur nach Hessen zu schauen. Daran werden wir immer erinnern.

(Beifall DIE LINKE)