Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zur Grunderwerbssteuer

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 110. Plenarsitzung am 13. Juli 2022 diskutierte der Hessische Landtag zur Grunderwerbssteuer. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist völlig richtig: Bereits in der letzten Plenarsitzung hat die AfD einen Antrag eingebracht, die Grunderwerbsteuer zu senken. Während Herr Vohl heute ein bisschen harmlos und pseudofachlich versucht hat, von den eigentlichen Zielen der AfD abzulenken, hat Herr Schulz in der letzten Plenarwoche ziemlich deutlich gemacht, worum es Ihnen eigentlich geht.

(Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

Er irrlichterte damals – das können Sie alles im Protokoll nachlesen – mit ziemlich wirren Thesen, dass die Senkung der Grunderwerbsteuer eine Maßnahme zur Steigerung der Geburtenrate sei.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Sicher!)

Die Senkung der Grunderwerbsteuer wurde damals von der AfD als ein Mittel dargestellt, um den angeblichen Einfluss von irgendwelchen feministischen Sekten zu bekämpfen. – Sie schaffen es sogar beim Thema Grunderwerbsteuer, Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus zu platzieren.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Das können Sie doch am besten!)

Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Da zeigen Sie Ihren wahren Charakter.

(Beifall DIE LINKE, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Frank Grobe (AfD): Sexskandal in Ihrer Fraktion!)

Jetzt kommen wir zu dem Thema, welche Einnahmen und welche fachlichen Vorstellungen Sie haben. Sie sagen, Ihre Grunderwerbsteuersenkungsmaßnahme sei gegenzufinanzieren mit Blick auf die Haushaltslage, die eine Steuersenkung möglich mache. Mit Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage und auf die Diskussionen, die wir hier führen, ist das zumindest eine mutige Prognose. Dann bleiben Sie auch nicht dabei stehen, sondern Sie haben in der letzten Debatte gesagt, dass Sie eine höhere Grunderwerbsteuer für Ausländer fordern. Das heißt, selbst bei diesem trockenen Thema Grunderwerbsteuer schaffen Sie es, einen Schuss Fremdenfeindlichkeit in die Debatte zu bringen.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zum Abschluss kommt auch noch eine Portion Klassenhass auf Menschen mit geringem Einkommen hinzu; denn Herr Schulz wollte die Mittel beim sozialen Wohnungsbau gleich völlig streichen.

(Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

Ich fasse die Position der AfD sehr kurz zusammen: Frauenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Klassenhass und Klassenkampf von oben. Das ist das Programm der AfD, mit dem Sie selbst beim Thema Grunderwerbsteuer kommen. Ihre billige Polemik, die Sie auch nicht unter so bräsigen Reden, wie Sie sie heute hier gehalten haben, verstecken können, kommt aber weg von den wirklichen Problemen bei der Grunderwerbsteuer.

(Zuruf AfD: Verdrehung von Tatsachen!)

Bei der Grunderwerbsteuer haben wir eine massive soziale Schieflage. Unternehmen können sich mithilfe von Share Deals von der Grunderwerbsteuer befreien, während Menschen, die sich vielleicht gerade so den Traum vom eigenen Haus erfüllen wollen, durchaus spürbar getroffen werden können. Aber mit einer einfachen Steuersenkung ist es hier nicht getan.

Die Grunderwerbsteuer müsste, wenn wir darüber reden, umfassend reformiert werden. Wir setzen uns zumindest dafür ein, dass Konzerne sich nicht weiter mit legalen Tricks drum herummogeln können. Wir wollen auch, dass die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer sinnvoller genutzt werden, um bezahlbare Wohnungen auch im Ballungsraum zu schaffen – anders als die AfD. Wir wissen, in Ihren Reihen sitzen auch Immobilienhändler mit akademischem Hintergrund, die letztlich von der Wohnungsknappheit und von hohen Preisen profitieren. Da wundert es mich nicht, dass Sie hier solche Anträge stellen.

Die Menschen, die die Möglichkeit haben, sich ein eigenes Haus zu bauen, haben im Moment ganz andere Probleme und brauchen nicht die Anträge von der AfD. Wir reden über steigende Preise, über Baustoffmangel, fehlende Fachkräfte. All das macht das Bauen im Moment wirklich teuer. Da steht die Grunderwerbsteuer nicht an erster Stelle, zumindest auch dann nicht, wenn Sie eine Senkung von 6 % auf 4 %, wie die AfD sie haben will, vorschlagen. Das löst diese Probleme überhaupt nicht.

(Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

Wenn wir schon über Geld reden – das machen Sie sonst auch so gerne –, dann lassen Sie uns doch einmal anschauen, was passieren würde, wenn das umgesetzt würde, was die AfD seit Jahren fordert. Über Jahre hat die AfD von der EZB gefordert, dass endlich Zinserhöhungen kommen. Jetzt werden sie in kleinen Schritten angekündigt, und in wenigen Wochen haben sich die Finanzierungsbedingungen für Immobilien schon verschlechtert und machen den Hausbau damit für viele Familien unerschwinglich. Da sehen Sie die Wirkung Ihrer Forderungen.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

– Sie können so viel dazwischenbabbeln, wie Sie wollen. – Das heißt, Sie von der AfD betreiben ein doppeltes Spiel. Auf der einen Seite behaupten Sie, es gehe Ihnen um Entlastungen. Tatsächlich fordern Sie aber Steuersenkungen, von denen vor allem Reiche profitieren. Denn wer heute eine Villa kauft, profitiert von Ihrem Gesetzentwurf viel mehr als diejenigen, die jetzt keinen Kredit mehr für ihr Einfamilienhaus bekommen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf überhaupt kein Beitrag, die Wohnungskrise in Hessen zu bekämpfen. Er ist ein Anschlag auf den sozialen Wohnungsbau. Er ist handwerklich schlecht gemacht. Sie wollen, dass Ihr Gesetz schon zum 1. September in Kraft tritt. Da haben wir hier noch nicht einmal die zweite Lesung durchgeführt. Damit würden Sie für bürokratisches Chaos sorgen. Außerdem nehmen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht einmal so ernst, dass Sie darüber nachdenken, welches Datum für das Inkrafttreten sinnvoll ist.

Ich glaube deshalb, wir sollten uns nicht mehr allzu viel mit diesem Thema befassen, weil Sie letztlich in der letzten Plenarsitzung deutlich gemacht haben, worum es Ihnen eigentlich geht. Ihnen geht es gar nicht um die Grunderwerbsteuer, sondern Ihnen geht es um Frauenfeindlichkeit,

(Dr. Frank Grobe (AfD): Da sind Sie das beste Beispiel!)

Fremdenfeindlichkeit und das Treten von oben nach unten. Hier werden Sie weiterhin mit unserem Widerspruch leben müssen, auch wenn Sie ihn nicht ertragen können. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)