Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

KFA: Wir fordern eine andere Politik.

Willi van Ooyen
Willi van OoyenKommunalesHaushalt und Finanzen

Meine Damen und Herren! Herr Präsident!

Die Hoffnung, dass das Alsfeld-Urteil die Landesregierung zwingen würde, den Kommunen eine auskömmliche Finanzierung zu sichern, wurde von der schwarz-grünen Landesregierung „brutalstmöglich“ zu Nichte gemacht.

Vielmehr geschieht jetzt genau das, wovor wir immer gewarnt haben: Die Landesregierung versucht die Schuldenbremse auf Kosten der Kommunen zu erreichen. Sie kürzt den Kommunalen Finanzausgleich und zwingt die Kommunen zu einem rücksichtslosen Streichkonzert bei Sozialem, Bildung und öffentlichen Dienstleistungen.

Was SPD und Grüne bei der Verankerung der sogenannten Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung noch als Erfolg gefeiert haben, erweist sich nunmehr endgültig als Verfassungsprosa. Es nützt nichts, dass der Artikel 137 jetzt zweimal in der Hessischen Verfassung steht.

Denn es ist völlig klar, dass die Hessische Verfassung der Landesregierung genügend Freiraum gibt, um die Hessischen Kommunen weiterhin schlecht auszustatten. Ich verstehe die Kommunen, wenn sie erneut den Klageweg beschreiten wollen. Ich habe da die Befürchtung, dass der Hessische Staatsgerichtshof kaum geneigt sein wird, dafür zu sorgen, die Finanzausstattung der Kommunen deutlich zu verbessern.

Darum kann es hier in der Debatte aber auch gar nicht gehen. Letztlich ist die Erklärung des Hessischen Finanzministers, dass der Vorschlag für die Neuregelung des KFA sich strikt an den Vorgaben des Staatsgerichtshofes orientieren würde, noch nicht einmal eine Mindestanforderung.

Es müßte eine schlichte Selbstverständlichkeit sein, dass eine Regierung nicht andauernd verfassungswidrige Gesetzentwürfe vorlegt. Zumindest gilt das in den meisten anderen Bundesländern. n Hessen gelten da ja schon länger andere Maßstäbe, gerade was den KFA angeht.

Worum es doch bei der Neuregelung des KFA gehen muss, kann doch nicht allein das Einhalten der Verfassung sein. Wir als Linke wissen, der Feind steht im eigenen Land. In diesem Fall ist es die Landesregierung hier in Wiesbaden. Es geht uns darum, wie die Hessischen Kommunen in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen können. Es geht darum wie wir Kommunale Selbstverwaltung ausgestalten wollen. Dafür müssen wir und die Kommunen auch öffentlich demonstrieren.

Die Hessische Landesregierung hat aber mit ihrem Vorschlag für die Neuregelung des KFA, der jetzt vorliegt, ganz deutlich gemacht, dass es ihr lediglich darum geht, wie man die Grenzen des „verfassungsgemäß“ ausreizen kann. Herr Dr. Schäfer – es ist das eine, wenn sie immer wieder betonen, dass ihre KFA Reform im Rahmen der Verfassung zulässig sei. Es ist aber ihre bewusste politische Entscheidung, dass die Kommunen auch in Zukunft keinen Cent mehr bekommen werden und dafür sind sie und ihre Landesregierung verantwortlich!

Ebenso ist der sogenannte „Herbsterlass“ des Hessischen Innenministers Teil der politischen Entscheidung der Landesregierung die Kommunen und ihre Selbstverwaltung auf ein absolutes Mindestmaß weiter zu schrumpfen. Es ist schon geradezu abenteuerlich, wenn im Handstreich per Erlass festgelegt wird, dass der Haushaltsausgleich von vielen Kommunen, Jahre früher erreicht werden muss, als bisher vereinbart. So konnten die hessischen Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirm-Diktat stehen, noch bis vor wenigen Tagen davon ausgehen, dass sie bis 2020 Zeit haben, um ihre Haushalte auszugleichen.

Nun hat der Hessische Innenminister durch den „Herbsterlass“ den Kommunen das Jahr 2017 als Ausgleichsjahr oktroyiert. Die kurzfristige Vorverlegung dieser ohnehin schwer erreichbaren Vorgaben treffen die Kommunen hart. Sie wissen nicht, wie in diesen kurzen Zeiträumen dieses Ziel zu schaffen ist.

Letztlich wird es dann aber auch die Kommunalaufsicht sein, die den Kommunalpolitikern klar macht, dass sie lediglich die Statthalter einer kommunalfeindlichen Regierungskoalition hier in der Landeshauptstadt sind. Was bleibt den Bürgermeistern und den politisch Verantwortlichen in den Kommunen Anderes übrig, als die Erhöhung der Hebesätze, Erhöhung  der Grundsteuer, der Friedhofsgebühren, der Kindergartengebühren, der Spielapparate- und Hundesteuer und der Schließung von Bürgerhäusern, Schwimmbädern und Bibliotheken zu beschließen.

Oder Überlegungen die Zweitwohnungssteuer einzuführen und anzuheben, die vor allem Studierende treffen wird. Die Kommunalpolitiker sind die Vollstrecker der bürgerfeindlichen Austeritätspolitik der hessischen Landesregierung. Und dabei beweist sich, dass wer in Hessen Grün gewählt hat nicht den Wechsel gewählt, sondern die Fortsetzung einer Bundesweit beispiellos kommunalfeindlichen Regierungspolitik. Denn es hat sich nichts geändert seit der Wahlniederlage der FDP, die sich heute hier in ihrem Antrag gegen die Erhöhung kommunaler Steuern wendet.

Meine Damen und Herren von der FDP, wenn sie sich einmal die Zahlen angesehen hätten, dann hätten sie verstanden auf wie dünnes Eis sie sich hier begeben. Denn es ist zwar richtig, dass die jetzige Landesregierung die Kommunen zwingt, die Hebesätze in teilweise ungeahnte Höhen zu treiben. Aber das ist doch in Hessen nichts Neues. Schon in den Verträgen zum Schutzschirm wurden zahlreichen Kommunen die Erhöhungen der Grundsteuerhebesätze zum Teil in gigantischen Ausmaßen von Land aufgedrückt.

Für die Regierungszeit von schwarz-gelb weist die Hebesatzstatistik des Statistischen Bundesamtes für das erste Halbjahr 2013 – also genau für die Regierungsmitverantwortung der selbsternannten Steuersenkungspartei FDP – Zahlen aus, die eindeutig belegen, dass, erstens in Hessen ein klarer Trend zu höheren Hebesätzen besteht und  zweitens, die Schutzschirmkommunen davon besonders betroffen waren. So fielen die Steuererhöhungen in den Kommunen, die unter dem Schutzschirm waren, im Durchschnitt etwa doppelt so hoch aus. Wenn die FDP hier heute also erklärt, dass sie gegen diese Erhöhungen der Grundsteuer sind, dann sollten sie auch erklären, warum sie diesen Schutzschirm so mitgetragen haben.

Denn das war der erste Schritt zu mehr Belastungen für die Menschen in den Kommunen die es sich am wenigsten leisten können. Und den Weg den schwarz-gelb hier eingeschlagen hat geht schwarz-grün jetzt weiter. Was die Kommunalpolitik angeht gilt in Hessen: aus gelb wurde grün, ansonsten ändert sich nichts.

Wir fordern hier eine andere Politik. Eine Politik die die Kommunen als Teil demokratischer Selbstverwaltung ernst nimmt. Eine Politik die darauf ausgerichtet ist, dass in den Kommunen das Gemeinwesen organisiert wird und nicht nur entschieden wird, in welcher Reihenfolge gekürzt wird. Dafür brauchen wir dann aber natürlich mehr Geld, denn eine KFA Reform ohne mehr Geld im System wird nicht funktionieren. Dafür braucht es aber den Mut auch auf Bundesebene für Steuererhöhungen auf große Einkommen, Erbschaften und Vermögen einzutreten.

Ohne mehr Geld in den öffentlichen Kassen wird es weder einen gerechten KFA noch ein gerechtes Hessen geben. Besonders durch die Besteuerung von 19.000 Multimillionären wollen wir das Leben von 80 Millionen Menschen verbessern. Auch und gerade in den Kommunen.