Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Kommunalfinanzen

Willi van Ooyen
Willi van OoyenKommunales

Meine Damen und Herren, Herr Präsident!

In der vergangen Woche gab der Hessische Finanzminister eine Pressekonferenz mit zwei Bürgermeistern. Der eine, Herr Burghardt (CDU) aus Rüsselsheim und seinem SPD Kollegen, Herrn Krätschmer, aus der Gemeinde Glauburg.
Gemeinsam mit ihnen wollte der Hessische Finanzminister dann ein strahlendes Bild von den Kommunen zeichnen, die unter den sogenannten Schutzschirm gegangen sind, oder besser darunter getrieben worden sind.
Denn anders kann man es kaum bezeichnen, wenn das Land Hessen seinen Kommunen erst 344 Millionen Euro, willkürlich und verfassungswidrig, aus dem Kommunalen Finanzausgleich streicht und anschließend einen Entschuldungsfonds zur Verfügung stellt, der nur einen Bruchteil dieser Mittel wieder zu einigen - besonders hoch verschuldeten - Kommunen zurückführt.
Die Finanznot die in Hessen einen Schutzschirm überhaupt erst nötig gemacht haben, haben die CDU geführten Landesregierungen zu verantworten. Sie waren es, die den Kommunen zwar immer mehr Aufgaben zugewiesen haben, aber nie dafür gesorgt haben, dass die notwendigen Aufgaben von den Kommunen überhaupt erfüllt werden können.
Und wenn wir uns das Resultat ansehen, dann ist es geradezu grotesk, welche positive Bilanz Herr Dr. Schäfer zum gegenwärtigen Stand der Haushaltskonsolidierung zieht.

Denn es mag ja stimmen, dass von den 100 Schutzschirmkommunen voraussichtlich nur 15 die Kürzungsziele für das Jahr 2014 nicht erreichen werden, aber was das konkret für die Menschen in allen 100 Schutzschirmkommunen heißt, darüber verliert der Hessische Finanzminister kein Wort.
Sie versuchen die Verantwortung für die Schuldenbremse auf die Kommunalpolitiker abzuwälzen. Und so sagen sie dann auch nichts zu den konkreten Auswirkungen; etwa wenn in Rüsselsheim die Grundsteuer glatt verdoppelt wird.
Das überlassen sie, Herr Dr. Schäfer, dann lieber ihrem Parteifreund, der vor Ort den Kopf dafür hinhalten darf, dass über Grundsteuer, Gebühren und Eintrittsgelder tiefer in die Taschen von Rentnern, Geringverdienern und Arbeitslosen gegriffen wird.
Und so wurden sie dann auch ziemlich still, als es um die konkreten Maßnahmen vor Ort ging. In ihrem gekonnt lakonischen Ton haben Sie Zahlen abgespult. Herr Dr. Schäfer, dieses Metier beherrschen sie. Wenn es aber konkret wird die schlechten Nachrichten, die sie selbst verursacht haben, den Menschen vor Ort zu erklären, da kneifen sie lieber.
Aber auch auf dem Feld der nüchternen Zahlen sind sie doch bemerkenswert ruhig, wenn sie ihnen nicht passen.

Auch heute werden sie uns sicher kein Wort dazu erläutern, wie ihre Erfolgsmeldungen zum sogenannten Schutzschirm mit dem zusammenpassen, was die nicht gerade als linksextremistischer Verband bekannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young ermittelt hat.

Die haben festgestellt, dass nur im Saarland der Schuldenanstieg bei den Kommunen höher ist als in Hessen. Herr Dr. Schäfer, dass fällt unmittelbar in ihre Verantwortung und in die des Innenministers. Sie beide sind dafür verantwortlich, dass die Hessischen Kommunen ihre Aufgaben nicht erfüllen können und gleichzeitig auch noch zusätzliche Schulden aufnehmen müssen.
Da hilft auch der Verweis auf die anstehende Reform des Kommunalen Finanzausgleichs nicht weiter. Denn auch bei den Erwartungen, wie sich die Schulden der Kommunen in den nächsten drei Jahren entwickeln werden, stellen Ernst & Young fest, dass die hessischen Kommunen nach denen in Schleswig-Holstein am pessimistischsten in die Zukunft blicken.
Anders ausgedrückt: die Kommunalpolitiker in Hessen haben sich schon jetzt darauf eingestellt, dass sie auch im Laufe dieser Legislaturperiode nicht damit rechnen können, dass ihre Finanzlage sich nachhaltig bessert.
Auch in den Kommunen hat man verstanden, dass der Rosenmontagserlass die klare Ansage der schwarz-grünen Landesregierung ist, dass der kommunalfeindliche Kurs von schwarz-grün weiter geht. Der Austausch des orientierungslosen Koalitionspartners ändert daran nichts.
Deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD der uns hier vorliegt. Auch wenn ich doch im Details auf ein paar Dinge aufmerksam machen muss.

So schreiben sie im Punkt 4:
„Der Landtag stellt fest, dass der von der Landesregierung hochgelobte ‚Kommunale Schutzschirm' nahezu völlig ungeeignet ist, die finanzielle Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern."
Nun, der Schutzschirm ist natürlich nicht nur nahezu ungeeignet, er ist vollständig ungeeignet. Und selbst die Sozialdemokraten, die sich in den Kommunen notgedrungen auf den Schutzschirm eingelassen haben, werden mittlerweile verstanden haben, dass dieser Schutzschirm nicht der Knirps ist, unter dem man zwar immer noch nass wird, wenn man versucht sich mit 99 anderen im Regen darunter zu stellen.
Sondern, dass dieser Schutzschirm ein Schlagstock ist, mit dem die Landesregierung auf die Kommunale Selbstverwaltung einschlägt. Und glauben sie mir – ich kenne den Unterschied zwischen Schirmen und Schlagstöcken!
Unterstreichen möchte ich aber den Punkt der SPD Fraktion zur Flüchtlingsunterbringung. Hier hatten wir im Nachtragshaushalt eine Debatte in der sich, bei allen sonst bestehenden Differenzen, alle drei Oppositionsfraktionen der Forderung der Kommunen angeschlossen haben.

Meine Damen und Herren, die Kommunen haben, LINKE, SPD und FDP mit ihrer Forderung nach mehr Mittel sogar in der Höhe überzeugt. Und sie schaffen es nicht sich mit den Kommunen zu einigen oder gar Argumente vorzubringen, warum die Forderung der Kommunen nicht gerechtfertigt ist.
Das meine Damen und Herren von CDU und auch Grünen, die ja jetzt ganz neue Wege in der Flüchtlingspolitik gehen, ist ein Skandal. Da nützt es auch nichts, wenn sie jetzt ankündigen, dass die Pauschalen für die Flüchtlingsunterbringung im nächsten Jahr steigen sollen.
Die Menschen kommen jetzt zu uns, weil die Kriege jetzt statt finden. Die Kommunen bemühen sich jetzt darum, sie hier menschenwürdig unterzubringen. Da hilft es eben nicht weiter, wenn man ihnen nächstes Jahr mehr Geld verspricht – schon gar nicht, wenn man weiß, dass die Kostenpauschalen seit Jahren nicht angepasst wurden und das was jetzt den Kommunen angeboten wird nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Und auch beim Staatsziel Sport wird man sich auf Seiten der Landesregierung noch bewegen müssen. Denn ich kann mir nur schwer vorstellen wie man das Verfassungsziel, den Sport zu fördern, mit Leben füllen will, wenn dafür schlicht das Geld fehlt.
Sehen sie doch mal in die Gemeinde Calden – dort weiß man nicht mehr, wie man in Zukunft die Bedingungen für die Sportvereine aufrecht erhalten will. Man denkt dort sogar schon darüber nach die Anteile am Flughafen Kassel-Calden zu reduzieren.
Und ich halte das nur für konsequent, denn anders als der Sport sind in Hessen Flughäfen kein Verfassungsziel – auch wenn man bei dieser Landesregierung immer wieder mal einen anderen Eindruck haben kann.