Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Mitgliedschaft in der TdL bleibt das Ziel dieses Parlaments"

Hermann Schaus

Rede in der Debatte über die Rückkehr des Landes Hessen in die TdL und die Arbeitszeitregelungen für Beamtinnen und Beamte

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Innenminister hat versucht, sich als Retter und Wohltäter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sowie der Beamtinnen und Beamten des Landes Hessens zu profilieren. Es handelt sich aber um den gleichen Innenminister, der im Jahre 2004 – gemeinsam mit dieser Landesregierung – aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten ist; und er hat diesen Zustand, über den wir schon seit Monaten diskutieren, erst verursacht. Daran hat sich nur wenig geändert.

Wenn Herr Greilich sagt, der tariflose Zustand sei beendet, dann kann ich Ihnen nur zurufen: Sie haben keine Ahnung vom Tarifrecht! – Wir befinden uns erst am Anfang des "tariflosen Zustands". Ein Tarifvertrag besteht nicht nur aus Lohn- und Gehaltstarifregelungen, sondern die wesentlichen Regelungen sind materielle Regelungen in Manteltarifverträgen; eine wesentliche Regelung ist insbesondere das Überleitungsrecht. Herr Minister Bouffier hat gerade angekündigt, dass man gerade hierüber noch verhandle.

Aufgrund meiner Kenntnis der Sachlage bin ich fest davon überzeugt, dass eine Übergangsregelung, die in einer Arbeitsgruppe gefunden wird, nichts Anderes formuliert, als das, was – sei es im Detail oder in Form eines Verweises – im Manteltarifvertrag steht: Es gilt der Tarifvertrag der Länder. Etwas Anderes würden die Gewerkschaften in Hessen materiell auch nicht vereinbaren. Dass es überhaupt möglich geworden ist, dass sich die Hessische Landesregierung bewegt – das wissen nicht nur wir, sondern auch Sie von der FDP und der CDU –, ist dem Wahlergebnis zu verdanken, sowie dem großen und breiten Protest, der seit dem Jahre 2004 stattgefunden hat; und es ist insbesondere der Kritik zu verdanken, die aus dem öffentlichen Dienst selbst gekommen ist.

Die Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder bleibt nach wie vor das Ziel dieses Parlaments – auch unserer Fraktion. Daran gibt es überhaupt nichts zu rütteln, und da befinden wir uns sehr wohl im Einklang mit den Gewerkschaften, die mit Ihnen heute diese Vereinbarung geschlossen haben.

Diese Situation ist aus unserer Sicht erst dann beendet, wenn die 5.000 Stellen, die durch die "Operation unsichere Zukunft" in den vergangenen Jahren gestrichen wurden, wieder geschaffen worden sind und wenn die 42-Stunden-Woche, die es in Hessen gibt – damit ist Hessen im öffentlichen Dienst der Spitzenreiter –, gefallen ist.

Herr Minister, dazu haben Sie bisher überhaupt nichts gesagt, aber das war klar. Wir haben daher zwar "den Spatz noch in der Hand", aber "die Taube auf dem Dach" fliegt noch munter herum. Wir erwarten, dass nach den Krokodilstränen, die Sie hier im Hinblick auf unsere Forderungen und im Hinblick darauf, was diese kosten, vergossen haben – in diesem Zusammenhang schließe ich mich Herrn Kollegen Al-Wazir an –, dass in absehbarer Zeit ein Nachtragshaushalt vorgelegt wird.

Meine Fraktion wird selbstverständlich sowohl die Frage der Arbeitszeit im Beamtenrecht als auch die Frage der zusätzlich zu schaffenden Stellen im Zusammenhang mit dem zu verhandelnden Haushalt für das Jahr 2009 intensiv diskutieren und dies ins Parlament einbringen.

 


Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Mir liegt die Presseerklärung von Herrn Wagner und Herrn Beuth vor. Sie sind ja wirklich flott, das muss ich sagen. Das war ein abgestimmtes Verhalten, man könnte auch sagen: eine abgestimmte Inszenierung. Ich freue mich in der Tat für die Beschäftigten, denen so viele Jahre etwas vorenthalten wurde, Herr Minister.
Ich will aber auch darauf hinweisen, dass, wenn Sie, Herr Wagner und Herr Beuth, in Ihrer Presseerklärung davon sprechen, dass jetzt ein hessenspezifischer Abschluss erreicht wurde, Sie gerade das Gegenteil von dem behaupten, was Herr Minister Bouffier eben gesagt hat. Er hat nämlich gesagt, diese 3 % sind nichts anderes als das, was in den anderen 14 Bundesländern vereinbart wurde, nicht mehr und nicht weniger.
Vereinbart wurde – darauf haben wir schon hingewiesen – natürlich auch ein Manteltarifvertrag und die Eingruppierungsregelung, aber das ist das größere Feld, das jetzt noch bestellt werden muss.

Herr Minister, dass die Gewerkschaften – und das wissen Sie ganz genau – nach der Entstehungsgeschichte der Meistbegünstigungsklausel nicht mehr bereit sind, nach der Formel, die in der TdL geregelt wurde, eine Arbeitszeit zu akzeptieren, die weit über 40 Stunden liegt, wie Sie sie in Ihrem Hause errechnet haben, das ist doch selbstverständlich. Das habe ich Ihnen in der Innenausschusssitzung auch schon gesagt und darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich darum geht, eine Arbeitszeitangleichung im gesamten öffentlichen Dienst hinzubekommen. Das war auch Bestandteil unseres Antrags, nämlich die Gleichstellung mit dem kommunalen Bereich vorzunehmen. Dann sind wir bei 39 bzw. teilweise bei 38,5 und nicht bei 40 Stunden und zehn Minuten.

Die Gewerkschaften wären auch sehr schlecht beraten, wenn sie die Hessische Landesregierung mit einem Tarifabschluss dann auch noch dafür belohnen würden, dass sie als Erste und am massivsten die Arbeitszeiten erhöht hat. Diese Meistbegünstigungsklausel gibt es im Tarifvertrag nicht mehr, und insofern kann sie auch in Hessen, auf welche auch immer geartete Weise, nicht angewandt werden. Sie wissen das, aber Sie stellen das hier so dar, als ob das eventuell auch kommen würde.
Aber wir haben noch keine Arbeitszeitverkürzung. Ich will noch einmal betonen: Die 42-Stunden-Woche gibt es nach wie vor im Landesdienst. Insofern, denke ich, ist klar: Wir bedauern, dass es nicht gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag mit uns hier einzubringen. Wir unterstützen aber den Antrag von SPD und GRÜNEN, weil er inhaltlich der sachgerechte Antrag in dieser Situation ist. Ich darf Ihnen nochmals versichern: Wir bleiben am Ball, auch wenn Sie die Tarifverhandlungen jetzt weiter fortführen.