Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Aufnahme syrischer Flüchtlinge und Familiennachzug

Barbara Cárdenas
Barbara CárdenasMigration und Integration

Syrische Flüchtlinge 20.11.13

- unkorrigiertes Manuskript, es gilt das gesprochene Wort -

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie wissen: Im September brachten wir einen differenzierten Antrag zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge ein, die anderen 4 Fraktionen konnten sich aber nur auf darauf einigen, unseren Punkt 4, nämlich  eine eigene Aufnahmeanordnung für Familienangehörige von hier lebenden Syrerinnen und Syrern zu erlassen, in einem eigenen Antrag zur Abstimmung zu stellen.

Es war damals bereits klar (die Diakonie hatte uns darauf ja deutlich darauf hingewiesen), dass eine Aufnahmeanordnung, die das Problem der Krankenversicherung nicht löst, nur in wenigen Fällen wirksam werden kann. Insofern ist der uns jetzt vorliegende Antrag eine überfällige und notwendige Korrektur –Dank hierfür an die SPD - und wir tun gut daran, als ganzes Haus diesem Antrag zuzustimmen.
Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, noch einmal  das Feld etwas weiter aufzumachen.

Alle wissen, dass es nicht reicht, Aufnahmeanordnungen für Angehörige zu erlassen, - dass es auch nicht reicht, 5000 syrische Flüchtlinge in ganz Deutschland aufzunehmen, Kollege Roth nannte die erschreckenden Zahlen derer, die auf der Flucht sind.  Über 80.000 Menschen kamen bisher in dem Konflikt ums Leben, so der UNHCR. Was wir brauchen, ist eine großzügig ausgestattete Aufnahmeanordnung, die den Flüchtlingen einen gesicherten Aufenthalt ermöglicht. So wie z.B. in Schweden, das als erstes europäisches Land beschlossen hat, allen syrischen Flüchtlingen eine sog. „permanente Aufenthaltserlaubnis“  anzubieten, die ihnen einen unbegrenzten Aufenthalt und auch einen unbegrenzten Familiennachzug ermöglicht.

Ich möchte aber noch etwas anderes betonen: Was wir brauchen, ist endlich eine vorausschauende Flüchtlings- und Migrationspolitik.  Vorausschauend, weil absehbar ist, dass die Zuwanderung aus ost- und südeuropäischen Ländern weiter zunehmen wird und die Flüchtlingszahlen weiter steigen werden.
Flüchtlings- UND Migrationspolitik, weil immer weniger nachvollziehbar ist, dass die beiden Themen immer noch von unterschiedlichen Ministerien verantwortet werden, dass die vom Integrationsminister propagierte „Willkommenskultur für hierher eingewanderte Menschen“ nicht gelten soll oder darf für hierher geflüchtete Menschen. Wir wollen gleiche Rechte für Flüchtlinge  und das heißt, und da zitiere ich u.a. aus den Forderungen der Diakonie und auch der GEW Hessen, eine verbesserte Unterbringung von Flüchtlingen, einen am Kindeswohl orientierten Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, eine Vermeidung von Abschiebehaft, einen gleichrangigen Zugang zu Beschäftigung sowie eine stärkere Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung.

Stattdessen werden die Flüchtenden aus Syrien oder anderswo  Dublin2 unterworfen. Damit können sie ihr Ziel nicht mehr selbst wählen, durch innereuropäische Abschiebungen werden sie zum Spielball und irren oft jahrelang in Europa umher. Ich bin sehr froh, dass die Kirchengemeinde im Frankfurter Westend mit Pfarrerin Frau Fröhlich, einige von diesen jahrelang umherirrenden Flüchtlingen, die zuletzt seit Wochen unter Frankfurter Brücken campierten, aufgenommen haben und versuchen, ihnen eine Zukunft zu geben. Dafür haben sie unseren Dank und unsere Anerkennung –m und ich nehme an,  auch die des ganzen Hauses.
Wir wissen, In Griechenland wie in Italien sind die Flüchtlinge mit Obdachlosigkeit  und extremer Armut konfrontiert, in Griechenland ist es seit Jahren kaum mehr möglich, überhaupt Asyl zu beantragen. Das haben wir vor 3 Jahren auf unserer PTA-Reise nach Griechenland und die Türkei selbst erfahren, wo wir inständig um eine veränderte Flüchtlingspolitik gebeten wurden. Geschätzte 25.000 Menschen sind in den letzten 20 Jahren im Mittelmeer ertrunken. Wie können wir zulassen, dass Fischer, die einem untergehenden Boot zu Hilfe eilen wollen, sich der Beihilfe  zur illegalen Einwanderung schuldig machen?!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns alles tun, was in unserer Macht steht.
Lassen Sie uns hier und möglichst heute, die Zeit drängt, diesem Antrag zustimmen, danach aber unsere Kraft für die Erarbeitung einer humanitären und vorausschauenden Flüchtlings- und Migrationspolitik, soweit sie von Hessen aus beeinflußbar ist, einsetzen.
Ich danke Ihnen!