Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Christiane Böhm - ÖGD-Gesetz ist ein Sparstrumpf der Landesregierung!

Christiane BöhmGesundheit

In seiner 92. Plenarsitzung am 14. Dezember 2021 debattierte der Hessische Landtag zum Hessischen Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst. Dazu die Rede unserer gesundheitspolitischen Sprecherin Christiane Böhm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Sie können sich bei der LINKEN bedanken, dass wir Ihnen die Möglichkeit gegeben haben, dass Sie sich wenigstens in der dritten Lesung noch einmal mit dem Gesetzentwurf beschäftigen können. In der zweiten Lesung war allen anderen Fraktionen die Regierungserklärung so wichtig, dass ihnen das Gesetz, das den öffentlichen Gesundheitsdienst für die nächsten drei Jahre regeln soll, völlig schnuppe war. Mit unserem Änderungsantrag haben Sie die Möglichkeit, diesen öffentlichen Gesundheitsdienst in der dritten Lesung noch einmal zu beklatschen. – Nur, davon haben die nichts.

Sie behaupten doch tatsächlich im Gesetzesvorblatt, dass durch das Gesetz keine zusätzlichen Kosten entstehen. Aber Sie wissen schon, dass aktuell die Haushaltsverabschiedungen in den Kreisen und Städten stattfinden, die ihre Planungen für die Gesundheitsämter beinhalten. Wenn, wie Herr Krahn vom Landesverband der Ärzte des ÖGD sagt, „jedes Jahr … zwei, drei neue Aufgaben“ dazukommen, wie soll das denn kostenneutral gemacht werden? Ich habe einmal in unseren Haushaltsplan geschaut. Der Kreis Groß-Gerau zahlt aus den kommunalen Mitteln, also den Mitteln der Kommunen, mehr als 80 % der Aufwendungen für das Gesundheitsamt. Dazu kommen jetzt noch der Kinder- und Jugendschutz und die Entwicklung der Krisenhilfen. Aus welcher Schatulle sollen denn die Kommunen das bezahlen? Sie können doch nicht ständig Gesetze beschließen, mit denen Sie die Kommunen verpflichten, und nicht für die Finanzierung sorgen.

(Beifall DIE LINKE)

Da ist der Pakt für den ÖGD, den der Bund schnürt, auch nicht ausreichend. Erstens machen Sie im Gegensatz zu Thüringen keine Aussage dazu, was nach dem Auslaufen 2026 passiert. Zweitens – Kollege Pürsün ist schon darauf eingegangen – haben Sie mit den unsinnigen digitalen Systemen wie SORMAS und Luca-App viel Geld rausgeschmissen. Drittens reicht es nicht, wenn aus dem ÖGDPakt ein paar wenige Stellen finanziert werden. Das reicht insbesondere deshalb nicht, weil es nicht möglich ist, zu den aktuellen tariflichen Konditionen ärztliches Personal zu bekommen.

Wenn die Kommunen allerdings keine ausreichenden finanziellen Mittel haben, werden sie einer Tarifforderung bezüglich einer Erhöhung für den ärztlichen Dienst nicht zustimmen können – und das nur einmal zum Thema Tarifhoheit. Wenn sie das Geld nicht bekommen – das sind eben Kommunen, mit denen wir es zu tun haben; das sind keine Wirtschaftsunternehmen, die irgendwelche Rendite erwirtschaften –, dann haben sie nicht die Möglichkeit, die Kolleginnen und Kollegen besser zu bezahlen.

(Beifall DIE LINKE)

Bei der Anhörung ist von den Kommunalen Spitzenverbänden wie von den Ärztinnen und Ärzten deutlich gesagt worden, dass es ein Landesgesundheitsamt geben muss. Diese zentrale Stelle wäre gerade zu Corona-Zeiten dringend erforderlich. Wenn Sie durchschnittlich abends um 22 Uhr mit einer Verordnung um die Ecke kommen, die am nächsten Tag ab 8 Uhr schon gelten soll, dann muss sich jedes Gesundheitsamt einzeln einlesen und die Auslegung debattieren. Da wäre es sinnvoll und notwendig, Hilfe und Zuarbeit von einer fachkundigen Stelle zu bekommen und nicht nur eine Teilzeitärztin im Regierungspräsidium Darmstadt für ganz Hessen zu haben. Diese Zentrale sollte die Koordination übernehmen, das Fachwissen für die hoch spezialisierten Fragen für die kommunalen Gesundheitsämter bereitstellen und dafür sorgen, dass die vielen Baustellen abgeräumt werden.

Eine dieser vielen Baustellen ist die Misere mit der Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse im Gesundheitswesen. Wir hätten viel mehr Arbeitskräfte in dem Bereich, die voll eingesetzt werden könnten, wenn die Anerkennung in einem akzeptablen Zeitraum erfolgen würde. Selbst der Minister hat zugegeben, dass das nicht gut läuft. Es wird Zeit, dass er sich auch darum kümmert, dass es besser läuft.

(Beifall DIE LINKE)

Unser Antrag hätte den öffentlichen Gesundheitsdienst um einiges gestärkt. Das will Schwarz-Grün aber nicht. Wir haben eigentlich nicht die drei Jahre, um das Gesetz wieder neu zu beraten. Sie können gern unseren Antrag auf eine Anhörung zum Thema recyceln; wir haben nichts dagegen. Anscheinend gibt es eine ganze Menge Beratungsbedarf. Konsequent, wie wir sind, bringen wir den zusätzlichen Bedarf natürlich in die Haushaltsberatungen ein. – Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)