Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Dieser Pakt für den Nachmittag ist eine Mogelpackung!

Barbara Cárdenas
Barbara Cárdenas

- es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident,
meine Damen und Herren!

Diese Woche durften wir erleben, dass begangene Fehler von der Landesregierung durchaus auch zurück genommen werden. Die Rückabwicklung des Landesschulamtes ist da ein hervorragendes Beispiel.Und, meine Damen und Herren, Sie sollten diesem Beispiel auch in diesem Falle folgen: Der Pakt für den Nachmittag ist weder eine, wie Sie es in ihrem Antrag nennen, „Optimierung der Bildungschancen“ noch ein „vorbildliches Instrument zur Verwirklichung eines Ganztagsangebots für alle hessischen Grundschulkinder“.

Dieser Pakt für den Nachmittag ist in erster Linie eines: Nämlich eine Mogelpackung!

Eine Mogelpackung, die von dem dringend notwendigen Ausbau von echten Ganztagsschulen nach dem Profil 3 ablenken soll. Selbst die Bertelsmannstiftung, die uns wahrlich nicht in vielen Punkten nahe steht, fordert nicht erst seit diesem Jahr ein für jedes Kind ein Recht auf einen Ganztagsschulplatz. Und Ganztagsschule meint genau das: Ein SCHULISCHES Angebot über den Tag hinweg. Nicht Unterricht, meine Damen und Herren, sondern Schule. Schule in enger Kooperation mit Vereinen und sozialen Einrichtungen. Der große Unterschied zu Ihrem Pakt für den Nachmittag ist hier, dass alle Kinder gemeinsam diesen „Schulalltag“ erleben, dass er pädagogisch konzipiert ist UND natürlich gebührenfrei für die Eltern. Sie jedoch wollen die Verantwortung für die Betreuung von Grundschulkindern auch nach 11:30 und die Kosten den Kommunen in die Schuhe schieben, die wiederum aufgrund der äußerst knappen Haushaltslagen gar nicht anders können, als die Kosten auf die Eltern abzuwälzen.
Und – um das mal klarzustellen – wenn es sich bei dem Pakt für den Nachmittag tatsächlich um ein Ganztagsangebot handeln würde, wie Sie es behaupten, meine Damen und Herren von CDU und Bündnis 90 die Grünen – das wiederum würde nämlich dann bedeuten, dass Hessen mit den Elterngebühren somit ein Schulgeld einführen würde.

Ich wollte dies nur am Rande mal eben erwähnen. Das jedenfalls machen wir nicht mit. Vielmehr fordern wir mehr Lehrerinnen und Lehrer für einen echten und inklusiven Ganztagsschulausbau inklusive Schulmittagessen. Wir fordern, dass die Ressourcen, die das Land noch nicht beziffern kann oder will, aus den Modellprojekten hinausgezogen und sofort in den Ganztagsschulausbau gesteckt werden. Denn die Bereitschaft zur Beteiligung am Pakt am Nachmittag ist äußerst dürftig, wie wir jetzt aus der Modellregion Frankfurt erfahren durften. Dort wollen Schulen sich an so einem unausgereiften und dazu noch überflüssigen Betreuungsmischmasch nicht beteiligen.

Vielmehr wünscht man sich, was Sie in Ihrem Antrag versprechen, nämlich ein wirklich vorbildliches Instrument zur Verwirklichung eines Ganztagsangebots.“ Und dieses vorbildliche Instrument gibt es bereits, wenn auch nur an weniger als 0,5% aller hessischen Grundschulen: Man nennt es Ganztagsschule.

Ich will und werde mich an dieser Stelle auch nicht darüber streiten, in wie weit ein ganztägiges Angebot verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler sein soll oder muss. Uns geht es in erster Linie darum, zunächst einmal so ein Angebot zu schaffen. Und zwar an mehr als man fünf Grundschulen in Hessen. Wir wollen den Ganztagsschulausbau der Grundschulen flächendeckend, meine Damen und Herren. Wir müssen den Eltern genau dieses Angebot machen. Und nicht irgendwie, sondern eingebettet in einem guten und kooperativen Konzept, dass Schule zu einem Ort des Lernens UND des Lebens macht.

Daher: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück, begraben Sie die Pläne zu Ihrem Mogelpakt und stimmen Sie unserem Antrag zu.

Vielen Dank!