Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Hermann Schaus zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes

Dritte Lesung Gesetzentwurf Landesregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes

Hermann Schaus

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sind im Gegensatz zu den Regierungsfraktionen – und leider auch der SPD – zu einem anderen Ergebnis gekommen, was den Gesetzentwurf angeht, über den jetzt in dritter Lesung abzustimmen ist. Nachdem sehr kurzfristig, nämlich am Tag der Beratung, im Sozialpolitischen Ausschuss seitens der Koalitionsfraktionen eine überraschende Änderung am Gesetzentwurf vorgeschlagen wurde, haben wir einen eigenen Änderungsantrag eingebracht, der drei Punkte enthält.

Der erste Punkt fordert die Rücknahme der Änderung, die seitens der Koalitionsfraktionen vorgeschlagen wurde, weil damit eine Relativierung vorgenommen werden sollte, die letztendlich nicht zu Rechtsklarheit und nicht zu Rechtssicherheit führt.

Mit der Einfügung des Wortes „insbesondere“ in § 6 Abs. 1 des Gesetzentwurfs und den sich daraus ergebenden weiteren Änderungen wurden die Aufzählungen, die dort stehen, zu reinen Regelbeispielen herabgestuft. Es können also in Zukunft auch andere Beispiele dafür genannt werden, weshalb zusätzlich eine prägende Wirkung für die Genehmigung von Sonntagsöffnungen möglich ist. Das, was ich hier vorgetragen habe, steht übrigens schon in der Begründung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen. Das kann man auch nachlesen.

Das ist gewollt. Es soll, so die Begründung, die Handhabung des Rechtsrahmens verlässlicher machen, es soll für die Genehmigungsbehörden – in dem Fall für die Kommunen – praktikabler werden, es soll eine Erleichterung bei der Begründungspflicht sein, und es soll mehr Klarheit und Planungssicherheit geben.

Das alles wird nach unserer Erfahrung so nicht eintreten. Die Genehmigungen werden in der Tat erleichtert, aber es wird voraussehbar zu einer weiteren Klageflut kommen, die man eigentlich vermeiden wollte. Das ist bedauerlich; denn der Gesetzentwurf, den die Landesregierung vorgelegt hatte, orientierte sich klar an der Rechtsprechung und war entsprechend ausformuliert. Er wäre eine gute Grundlage gewesen, um die Verwaltungsgerichte in Zukunft zu entlasten. Das soll nicht sein. Sie haben dem Druck der Kommunen und der Arbeitgeberverbände nachgegeben. Das müssen Sie letztendlich verantworten.

(Beifall DIE LINKE)

Zweiter Punkt. Für uns LINKE war Folgendes wichtig: Wenn man nach Jahren wieder über ein Ladenöffnungsgesetz berät, sollte man auch über die Öffnungszeiten nachdenken. Wir haben in Hessen bekanntermaßen die längsten Öffnungszeiten, die man sich vorstellen kann.

(Zurufe CDU: Richtig so! Das ist doch toll!)

Die Läden sind montags bis samstags von 0 bis 24 Uhr geöffnet. An diesen sechs Tagen dürfen alle Geschäfte, die das wollen, 24 Stunden lang öffnen. Das führt zu einem Durcheinander und zu mehr Wildwuchs – wie auch immer. Wir erleben es, dass die einen schon geschlossen und die anderen noch geöffnet haben. Daran haben sich in der Zwischenzeit viele gewöhnt.

Aber ein Blick in andere Bundesländer, z. B. nach Bayern, zeigt, dass eine klare Regelung der Öffnungszeiten auch im Interesse der Beschäftigten ist. Immerhin sind in Hessen 240.000 Menschen im Einzelhandel beschäftigt. 80 % sind Frauen; davon sind viele alleinerziehend. Die müssen, wenn ein Geschäft um 7 Uhr geöffnet werden soll, schon um 5 oder 6 Uhr aufstehen. Wenn sie alleinerziehend sind, sind sie nicht in der Lage, ihre Kinder auf die Schule oder den Kindergarten vorzubereiten oder sie sogar dorthin zu bringen. Das Gleiche gilt für abends, wenn die Läden noch um 22 oder 23 Uhr
geöffnet sind.

Wir sind der Meinung, dass wir wieder bestimmte Ladenöffnungszeiten einführen sollten. Die gab es auch in Hessen über viele Jahrzehnte. Diese Öffnungszeiten sollten den gewerkschaftlichen Forderungen entsprechen: montags bis freitags von 7 bis 20 Uhr, samstags von 7 bis 16 Uhr. Das würde dem Schutzbedürfnis der Beschäftigten im Einzelhandel zuträglich sein.

(Beifall DIE LINKE)

Dritter und letzter Punkt. Im Ladenöffnungsgesetz von Thüringen gibt es schon seit vielen Jahren als Schutzregelung ein Verbot der Beschäftigung an zwei Samstagen im Monat. Da die Tarifbindung immer mehr abnimmt, ist es nach unserem Verständnis die Aufgabe des Gesetzgebers, eine solche Regelung – die übrigens vom Bundesverfassungsgericht als rechtskonform angesehen wird – auch in das Hessische Ladenöffnungsgesetz aufzunehmen.

Auch diesem Vorschlag ist die Mehrheit leider nicht gefolgt. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen. Über den Gesetzentwurf der FDP brauchen wir gar nicht zu reden; den lehnen wir schon dreimal ab. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)