Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Haushalt 2017

Willi van Ooyen
Willi van Ooyen

Rede von Willi van Ooyen am 14. Dezember 2016 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Der Haushaltsentwurf, den die Regierungsfraktionen heute beschließen wollen, nutzt trotz vergleichsweise hoher Steuereinnahmen nicht die Möglichkeiten, die notwendigen Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Nach wie vor ist das Sparen das oberste Ziel und die schwarze Null geradezu ein Fetisch dem die Haushaltspolitiker von CDU, SPD, Grünen und FDP nachrennen.

Dabei wäre es so langsam an der Zeit anzuerkennen, dass es alles andere als Nachhaltig ist, wenn man über Jahre und Jahrzehnte die Investitionen zurückfährt und dabei zusieht wie die Infrastruktur langsam aber sicher verschleißt.

Und es ist auch alles andere als gerecht gegenüber jungen Menschen, wenn man ihnen zwar weniger Schulden hinterlässt, ihnen aber dafür das Recht auf eine gute, gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule vorenthält.

Genau in diesen Fragen versagt die schwarz-grüne Landesregierung bei diesem Haushalt erneut. Wir haben deshalb eine ganze Reihe von Änderungsanträgen gestellt, um deutlich zu machen, dass eine andere Politik möglich ist. Wenn man nur will. Aber von einem Politikwechsel wie die Grünen ihn vor der Wahl versprochen haben, ist längst keine Rede mehr.

So haben die Grünen in ihrem Wahlprogramm vor der Landtagswahl geschrieben:
„Mit einer Vermögensabgabe für Millionäre wollen wir die Schulden aus der Finanzkrise abbauen und mit der Besteuerung großer Erbschaften mehr Investitionen in Bildung ermöglichen.“

Tatsächlich gibt es dazu von dieser Landesregierung überhaupt keine Initiative, noch nicht einmal führt diese Koalition eine Debatte darüber, wie sie ihrer Einnahmeverantwortung dadurch gerecht werden kann, dass sie große Vermögen stärker dazu heranzieht die Aufgaben des Gemeinwesens zu finanzieren.

Und, weil Herr Kaufmann in seiner ruhigen und besonnenen Art gleich wieder einmal darauf hinweisen wird, dass unser Antrag, die Vermögensteuer zu erheben, ja für die Einnahmen des Landes im Jahr 2017 nichts mehr nützt, weil man dafür natürlich einen gewissen Vorlauf braucht, möchten wir Sie, sehr geehrter Herr Kaufmann darauf hinweisen, sie hätten ja ein gewisses Recht, immer wieder dies zu wiederholen.

Aber diesen Vorschlag machen wir seit 2008 in diesem Hause. Und Sie haben mit ihrer Landesregierung politisch zu verantworten, dass diese Einnahmen aus der Vermögensteuer nicht im Haushalt 2017 zur Verfügung stehen. Und zwar nicht weil es nicht geht, sondern weil Sie dies nicht wollen.

Was möglich ist – etwa bei der Kinderbetreuung – haben wir mit unseren Anträgen deutlich gemacht. Es ist möglich, den Kommunen bei der Gestaltung einer qualitativ hochwertigen, beitragsfreien und bedarfsgerechten Kinderbetreuung zu unterstützen.
Wir sind der Meinung, dass das Land in einem wesentlich höheren Maße die Kosten der Kinderbetreuung übernehmen muss. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf, wie die Pauschalen ab 1.7.17 erhöht und die Kindertagesstätten beitragsfrei gestellt werden sollen, haben wir ebenfalls vorgelegt.

Ich mache mir aber keine Illusionen – das will die schwarz-grüne Landesregierung gar nicht. Die Grünen haben das sogar sehr deutlich schon in ihrem Wahlprogramm formuliert. Dort kann man lesen:
„Erst wollen wir eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen schaffen und die Qualität verbessern, erst danach kann für uns das Thema Beitragsfreiheit auf der Tagesordnung stehen.“

Nun ist das Problem aber nicht nur, dass die Landesregierung nichts unternimmt, um ausreichend qualitativ hochwertigen Betreuungsplätzen zu schaffen, sondern die Kommunen einfach auf den Kosten sitzen lässt – und am Ende gibt es weder das eine noch das andere in Hessen. Es gibt mit schwarz-grün weder ausreichend Betreuungsplätze noch die beitragsfreie Kita.

Denn die Kommunen sind in Hessen weiter völlig mit den Aufgaben überfordert, vor denen sie stehen. Gerade bei den Investitionen gibt es einen unabsehbaren Aufholbedarf, denn strukturell haben die Hessischen Kommunen ihre Investitionen in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer weiter reduziert.

Die Folge ist, dass nicht nur für die aktuellen Herausforderungen das Geld fehlt,
sondern die öffentliche Infrastruktur in vielen Bereichen so weit abgeschrieben ist, dass es jetzt an die Zeit für eine schnelle Unterstützung der Kommunen bei den Investitionen immer offensichtlicher drängt.

Gerade für Investitionen brauchen die Kommunen deutlich mehr Geld vom Land, es reicht eben nicht, nur von der Hand in den Mund zu leben. Vielmehr müssen die Kommunen endlich wieder in die Lage versetzt werden ihre Infrastruktur auf einen ordentlichen Stand zu bringen, etwa wenn es darum geht Schulgebäude oder Schwimmbäder zu sanieren.

Ähnlich sieht es auch bei Investitionen in den öffentlichen Wohnungsbau aus. Der ist über Jahrzehnte sträflich vernachlässigt worden. Die Folge ist, dass sich viele Menschen selbst mit mittleren Einkommen in den Ballungsräumen keine angemessenen Wohnungen mehr leisten können. Deshalb fordern wir, dass das Land endlich deutlich mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und für Wohnungen für Studierende zur Verfügung stellt.

Auch hier sind von der Landesregierung keine Impulse zu sehen, die eine Trendwende am Wohnungsmarkt einleiten würden.

Genauso wenig tut das Land Hessen bei den Krankenhausinvestitionen. Gerade im klinischen Segment der Gesundheitsversorgung gibt es einen ruinösen Wettbewerb, der nur für die großen Gesundheitskonzerne Vorteile bringt.

Alle anderen, wie Patient_innen, Mitarbeiter_innen, die kommunalen und kleineren Häuser und weitere Beteiligte, leiden darunter. In hessischen Krankenhäusern gibt es einen erheblichen Investitionsstau. Fehlende Investitionszuschüsse seitens des Landes sind ein wesentlicher Grund für die hohen Defizite bei etwa 40 Prozent der hessischen Krankenhäuser, die zu einem großen Teil aus den kommunalen Haushalten getragen werden müssen.

Dies geschieht, obwohl die Kreise und kreisfreien Städte eine Krankenhausumlage an das Land leisten, es sich somit zu einem großen Teil um kommunale Mittel handelt. Die Hessische Krankenhausgesellschaft hat den zusätzlichen jährlichen Bedarf für die hessischen Kliniken mit 150 Millionen Euro beziffert. Genau diese Mittel fordern wir in diesem Landeshaushalt – aber auch da bewegt sich schwarz-grün keinen Millimeter und ignoriert die Interessen der Betroffenen.

In einem Bereich hat sich in diesem Haushalt etwas bewegt, nämlich bei der Reduzierung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten. Hier gesteht die Landesregierung zu, dass die Arbeitszeit ab dem ersten August auf 41 Stunden reduziert werden soll.

Angesicht der Sonderopfer die die Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren erbringen mussten stellt sich aber schon die Frage warum sie überhaupt noch länger arbeiten sollen.

Denn Fakt ist, dass die Beamtinnen und Beamten diese Arbeitszeitverkürzung durch die Abkopplung von der allgemeinen Lohnentwicklung selbst bezahlt haben und das Land sich weiter auf ihre Kosten den Haushalt saniert.

Wir fordern, dass beides ein Ende hat – wir wollen die Arbeitszeitnormalisierung für die Beamtinnen und Beamten und die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses.

Die Beschäftigten des Landes dürfen neben den Investitionen eben nicht weiter vor allem der Posten sein, bei dem das Land den Haushalt saniert. Denn auch wenn die Landesregierung behauptet sie würde zusätzliche Stellen schaffen, dann ist das nur die halbe Wahrheit.

Tatsächlich werden auch in diesem Jahr über 500 Stellen im Landeshaushalt gestrichen. Genau diese Personalpolitik lehnen wir ab. Vielmehr muss das Personal endlich ordentlich vergütet werden und gerade im Bildungsbereich brauchen wir auch endlich eine echte Ausweitung der Stellen, damit jungen Menschen eine gute Bildung zu Teil wird.

In diesem Landeshaushalt findet sich all dies nicht, stattdessen wird weiter ein perspektivloser Regionalflughafen mit Millionen gefördert und ein Nulpenverein bekommt zusätzliche Stellen für Zitronenfalter.

Meine Damen und Herren, so sieht vielleicht schwarz-grüne Haushaltspolitik aus – wie ein Politikwechsel aussieht, können sie unseren Anträgen entnehmen. Wenn sie für einen Politikwechsel wären, würden sie sie annehmen.